Im Lager Gaisthal, Foto von Sommer 1963
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Bei einem Treffen am 4. und 5. März 1950 in Ingolstadt wurde der Bundesverband (Deutschland West) der SdJ gegründet.
Bei diesem Treffen wurde auch Erich Kukuk zum ersten Bezirksjugendführer der SdJ von Ndb./Opf. ernannt. Gleichzeitig wurde
er beauftragt ein Sommerlager in Grenznähe zu organisieren.
Erich war damals 27 Jahre alt. Ihn hatte es nach der Kriegsgefangenschaft 1948 ins Schönseerland,
im Oberpfälzer Wald verschlagen. Er fand Arbeit bei der amerikanischen Militärverwaltung als Berater
für deutsche Jugendfragen.
Seine guten Ortskenntnisse, aber vor allem sein Job bei den Amerikanern waren äußerst hilfreich. Er wählte eine Wiese in Gaisthal, im Ortsteil Gaisthaler-Hammer als Zeltplatz aus. Diese Wiese wird von zwei Armen des Flüsschens Ascha umflossen und ist somit weitgehend abgegrenzt.
Die Verkehrsanbindung ist gut, eine Staatsstraße ist in der Nähe und Gaisthal hatte damals sogar einen eigenen Bahnanschluss mit Bahnhof.
In unmittelbarer Nähe liegt der Erikaweiher, der zum Schwimmen genutzt werden kann.
Der Frauenstein, die höchste Erhebung in der Nähe ist ein schönes Ziel für kurze Wanderungen.
Aber der ganz besondere Reiz ist die nur 10 km entfernte bayrisch-tschechische Grenze.
Der Bahnhof Gaisthal, Foto von xxx
Die Amerikaner stellten die Zelte zur Verfügung und halfen bei der Verpflegung. Sie transportierten sogar einzelne Gruppen von ihren Heimatorten mit amerikanischen Militärlastautos ins Lager nach Gaisthal.
Alles war bestens vorbereitet und Erich lud zum 1.Gaisthaler Sommerlager der SdJ ein.
Vor dem Elefantenzelt, 1950
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Das Lager begann am 22. Juli und endete am 27. August 1950.
In der 1. Woche kamen die Teilnehmer
fast nur aus Ndb./Opf.. Die weiteren Wochen wurden zusätzlich von Teilnehmern aus den anderen bayerischen
Bezirken und anderen Bundesländern besucht.
An diesen vier Wochen im Sommer 1950 nahmen insgesamt 239 Personen teil, 155 Jungen und 84 Mädchen, im Alter zwischen 10 und 26 Jahren.
Werfen Sie einen Blick auf
die Liste der Lagerteilnehmer.
Vielleicht kennen oder kannten Sie ja einige der aufgelisteten Personen?
Die Liste zeigt auch auf, wie gering der Lagerbeitrag damals war bzw. sein mußte, damit die Flüchtlingskinder
sich so was leisten konnten.
Dieses erste Lager in Gaisthal war ein bedeutender Markstein in der Geschichte der SdJ. Die Zeitschrift der DJO, DER PFEIL, widmet ihm im September 1999 einen lesenswerten Rückblick.
Die letzte Woche dieses Lager-Sommers 1950 (19.-27. August) war ein reines Führungslager. Es waren Jugendliche und junge
Erwachsene im Alter von 15 bis 30 Jahren aus der ganzen Bundesrepublik und Westberlin vertreten, die sich an ihren Wohnorten
und überregional um den Zusammenhalt der sudetendeutschen Jugendlichen bemühten.
Folgende Namen sind in Erinnerung: Herbert Schmidt, Sepp Großschmidt, Jupp Piller, Ossi Böse, Erich Kukuk, Rolf-Peter
Nitsch, Fritz-Peter Habel, Horst Pobel, Sigrid und Wolfgang Egerter und Otto Thuma.
Dr. Lodgman weiht die erste Fahne der SdJ
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Man diskutierte die Jugendarbeit und das Ziel des neuen Verbandes.
Unterstützt wurden sie durch Dr. R. Lodgman von Auen, dem ersten Sprecher der SL, und Dr. Th. Oberländer, dem damaligen
Staatssekretär im bayerischen Flüchtlingsministerium.
Es wurde ein erstes Programm erarbeitet und die Gedanken für eine Satzung niedergelegt.
Am 27. August fuhren alle Teilnehmer zum Birkenkreuz nach Stadlern. Bei einer Feierstunde zu Sonnenaufgang, mit Blick über die tschechische Grenze, hinein in die alte Heimat, wurde von Dr. Lodgman die erste SdJ-Fahne geweiht.
Gaisthal war schnell beliebt; nicht nur die SdJ Ndb./Opf. wartete auf den Sommer, um wieder ins Lager fahren zu dürfen,
auch Jugendliche aus den anderen bayrischen Bezirken und allen Bundesländern kamen sehr gern und oft in den Oberpfälzer Wald.
Eine Wochenbelegung mit 60 bis 70 Jugendlichen war keine Seltenheit.
Jeden Sommer beobachten wir auf dem PLatz einen mindestens vier Wochen andauernden Lagerbetrieb.
Die Gesamtleitung und Gesamtverantwortung für den ganzen Sommerbetrieb hatte anfänglich Erich Kukuk und danach Dieter Max.
Die jeweiligen Lagerleiter und -innen der Gruppierungen waren für Führung, Programm und Ablauf verantwortlich.
Unterstützt wurde der Lagerbetrieb durch freiwillige Lagerhelfer und –innen aus dem Bezirk Ndb.-Opf..
Für das leibliche Wohl während des ganzen Sommers sorgte immer eine SdJ-eigene Köchin; diese wurde in der Regel
durch zwei Mädel und einen Küchenjungen aus der aktuellen Lagerbelegschaft unterstützt.
Einen kleinen Einblick in diesen wichtigen Aspekt des Lagerlebens gibt der Bericht:
Küche, Kochen, Kosten -- die Küche in Gaisthal.
Das Lager Gaisthal nach 1953,
beachte die "Rommelzelte" |
Das Lager Gaisthal, neueres Foto,
mit modernen Gestängezelten |
Das Lager war anfänglich sehr einfach, um nicht zu sagen primitiv.
Gekocht wurde auf offenem Feuer.
Die Morgentoilette fand am klaren Bach statt und
ein sog. Donnerbalken fungierte als Toilette.
Die Zelte waren alte schwarze, amerikanische Militärzelte, riesig und sperrig.
Diese ersten Zelte wurden dann 1953 durch fast neue Rommelzelte des Afrikakorps ersetzt.
Ein besonders großes, schwarzes Zelt wurde unter dem Namen Elefantenzelt weiter verwendet,
was bei Regenwetter allen große Dienste erwies.
Die Finanzen bereiteten den Verantwortlichen oftmals Kopfzerbrechen!
In den ersten Jahren hatte jeder Teilnehmer für eine Woche Aufenthalt mit Verpflegung 10.- DM zu bezahlen.
Dieser geringe Beitrag war für die Eltern wichtig. Er ermöglichte es ihren Kinder, auch in dieser
schlechten Nachkriegszeit, schöne Ferien zu erleben.
Diese Vorgaben zwangen zu extrem scharfer Kalkulation.
Zu den festen Kosten für Pacht, Strom, Wasser, Versicherungen usw. kamen die variablen Kosten für
Verpflegung, Ausflüge oder Schulungs- und Übungsmaterial.
Auch Reparaturen und Handwerkerrechnungen mussten bezahlt werden.
Wie eng gerechnet werden musste, zeigt der Satz, den die Küche pro Person und Tag zur Verfügung hatte -- das waren anfangs gerade mal 75 Pfennige.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich je nach Teilnehmergruppe ein modifiziertes Wochen- bzw. Tagesprogramm, welches sich kaum verändert hat.
Im Sitzring
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Es standen Spiel und Sport, Singen und Basteln, Fahrten– und Lagerarbeit, Wissensvermittlung sowie
Diskussionen und Referate auf dem Plan.
Das Nachtgeländespiel, die Wanderung zum Frauenstein und ein Fußballspiel mit dem 1.FC Gaisthal, waren
wichtige Ereignisse, die bis heute in der Erinnerung geblieben sind.
Einen kleinen Überblick über das, was da so geschah finden Sie in der Anlage: Lagerprogramm und Tagesplan
Der Höhepunkt mancher Lagerwoche war der Grenzmarsch nach Stadlern zum Birkenkreuz, mit dem
anschließenden Weitermarsch zum Schlagbaum an der Grenze in Bayerisch Schwarzach.
Eine ausführliche Beschreibung dieses doch recht sportlichen Unternehmens können Sie in der Anlage:
„Die Grenzwanderung“ -- Höhepunkt einer Lagerwoche
lesen.
Der Grenzgang wird heute noch durchgeführt, sogar auf den gleichen Wegen und Stegen und ist somit, wie vieles andere, zur Tradition geworden.
In den Jahren 1950, 51, 52 war Erich Kukuk der Gesamtverantwortliche für das Lager in Gaisthal, teilweise auch gleichzeitig
Lagerleiter. Er war geprägt durch seine Zeit bei der HJ und bei der Kriegsmarine; entsprechend war sein freundlicher aber bestimmter
Führungsstil.
Der Lagerbetrieb hatte seine Ordnung.
Wir grüßen die Heimat
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Die Führer der 1. Gaisthal-Generation engagierten sich voll für den Verband; sie gingen in ihm auf. Viele machten aus ihrer ehrenamtlichen Aufgabe einen hauptamtlichen Beruf in der SdJ/DJO oder in der SL. Manche übernahmen leitende Aufgaben in den Bildungsstätten und Häusern des Verbandes.
1952 übernahm Erich Kukuk die Landesführung der SdJ / DJO Bayern und wechselte nach München.
Ab 1953 wurde Dieter Max der Nachfolger von Erich Kukuk in Gaisthal. Er war der neue Bezirksführer und damit auch für Gaisthal
verantwortlich.
1957 folgte Dieter Erich nach München. Die Verantwortung für Gaisthal behielt Dieter aber weiter.
Der Führungsstil änderte sich. Dieter war ruhig, verbindlich, freundschaftlich, schlichtete manchmal Streitigkeiten und
agierte immer im Hintergrund. Er gab keine Befehle, obwohl alles so gemacht wurde, wie er es wollte.
Mit Dieter Max folgte 1953 in Gaisthal die 2. Generation von Führern und Lagerhelfern. Die waren zwar noch vor 1945 in der
alten Heimat geboren, aber in der BRD aufgewachsen und hatten eigene Vorstellungen.
Die 1. Generation wurde von der 2. Generation geschätzt und geachtet, selber war man anders, moderner und mehr den neuen
Aufgaben zugewandt.
Hier sind Namen zu nennen wie Roland und Gerhard Jiptner, Hans Rosenkranz, Toni Komenda, Hans Kallinovsky, Horst Tieber,
Peter Schowanek und Reingard Hajek, Christine Ludewig, Helga Plattig, Heidi Wech und Gerlinde Zecha.
Dieter machte aus dieser Mannschaft einen verschworenen Haufen. Alle wurden zu dicken Freunden und Dieter Max war anerkannt
und geschätzt. Er selbst wurde zum Freund, für ein Leben lang.
Diese Führer und Lagerhelfer waren seine Prätorianer und der Bezirk Ndb./Opf. war seine 10. Legion, seine Hausmacht.
Arbeitseinsatz
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Im Jahre 1956 konnte der Sanitärbau mit Waschräumen und Toiletten in Ziegelbauweise errichtet werden.
Ein Jahr später folgte der Bau eines Wirtschaftsgebäudes mit Büro, Küche, Krankenzimmer und Trockenraum, sowie eines
überdachten Essplatzes.
So ist aus einem wilden Zeltplatz ein Staatlich anerkannter Jugenderholungsplatz geworden.
Von Zeit zu Zeit kamen auch bekannte Persönlichkeiten in unser Lager.
Der Chronist erinnert sich an folgende:
(Die Aufstellung ist selbstverständlich nicht vollständig):
Dr. Rudolf Lodgman von Auen | Sprecher der SL | Sommer 1950 |
Prof. Dr. Theodor Oberländer | Bundesvertriebenenminister | Sommer 1950 |
Dr. Rudolf Lodgman von Auen | Sprecher der SL | Sommer 1952 |
Dr. Ing. Hans-Christoph Seebohm | Bundesverkehrsminister und
Sprecher der SL |
Sommer 1958 |
Dr. Walter Becher | Sprecher der SL | Sommer 1970 |
Dr. h.c. Alfons Goppel | Ministerpräsident von Bayern | Sommer 1970 |
Diese Besuche machten Gaisthal noch bekannter und vielleicht wurde dadurch auch mancher Zuschuss leichter bewilligt?
Dr. h.c. Alfons Goppel,
Ministerpräsident von Bayern |
Dr. Rudolf Lodgman von Auen,
Sprecher der SL |
Dr. Ing. Hans-Christoph Seebohm,
Sprecher der SL |
Das Birkenkreuz bei Stadlern,
Ziel der Grenzlandsternfahrten |
Der Lagerplatz Gaisthal mit der nahen Grenze zur alten Heimat wurde schnell so bekannt und beliebt, daß schon 1959 zur ersten
Sternfahrt an diesen Ort eingeladen werden konnte.
Unter Sternfahrt ist ein Wochenend-Treffen (evtl. auch ein verlängertes Wochenende) mit straffem Programm zu verstehen. Die
teilnehmenden Gruppen organisieren ihre An-/Abreise selbst. Sie reisen sternförmig an.
Wir nannten diese Sternfahrt Grenzlandsternfahrt -- wegen der Lage von Gaisthal. Das Programm war ganz danach ausgerichtet diese Grenze zu erleben und zu erfahren.
Die erste Unternehmung dieser Art war ein großer Erfolg und wurde daher in den folgenden Jahren immer wieder durchgeführt.
Lesen Sie eine Beschreibung der Anfänge:
31.07. - 02.08.1959 | Anreise am Freitag oder Samstag
Abreise am Sonntag | |
13. / 14.08.1960 | Samstag und Sonntag | |
12. / 13.08.1961 | Samstag und Sonntag | |
Teilnehmer bis zu 200 Personen aus der ganzen BRD und aus Österreich; Anreise meist mit Bus oder Bahn. | ||
Leitung: | Ossi Böse und Gretl Hajek
Erich Kukuk und Dieter Max Wolfgang Egerter und Rolf Nitsch | |
Gäste: | Sprecher der SL, regionale Leiter der SL, Abgeordnete | |
Programm: | Wanderungen | |
Samstag | 19:00 Uhr Feierstunde in Stadlern,
anschl. Vorträge und Lesungen | |
Sonntag | 04:00 Uhr Feierstunde in Stadlern am Kreuz,
Anfahrt mit Bussen, oder zu Fuß von und nach Gaisthal |
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Solche Sternfahrten wurden auch in den folgenden Jahren in loser Folge wiederholt. Das Programm blieb im Wesentlichen
gleich, bei den Transportmitteln tauchten aber so nach und nach immer mehr eigene PKW auf.
Die Begeisterung blieb die gleiche.
Das Traditionslager Gaisthal hat immer auf die Teilnehmer eingewirkt. In hohem Maße hat es deren Entwicklung, ihre Haltung und
Meinung mit geprägt. Es wurden Kameradschaft und Freundschaft gefördert, die auch weiter bestehen. Sogar einige Ehen stiftete
Gaisthal.
Noch heute treffen sich die alten Freunde aus dieser Zeit gelegentlich zu einem Wochenende in Gaisthal mit Besuch des
Zeltplatzes und des Birkenkreuzes in Stadlern.
Der ursprüngliche Gaisthaler Lagerplatz am Hammer musste im Jahre 1976 nach 25 Jahren aufgegeben werden.
Abschied vom alten Lagerplatz
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Erst oder schon 1978 konnte der Lagerbetrieb auf einem neuen Platz in der Nähe des Gaisthaler Hallenbades wieder fortgeführt werden.
Auch über die Jahrtausendwende 2000 hinaus wurde das Gaisthaler SdJ-Sommerlager hier erfolgreich weitergeführt.
In der letzten Zeit greift die SdJ den Heimatgedanken erneut auf, den sie aber anders, neu interpretiert. Sie sucht Kontakte
zu Jugendgruppen in der Tschechei, in Polen, aber auch in westlichen Staaten; und -- was ganz wichtig ist --sie findet diese auch.
Gemeinsame Sommerlager in Gaisthal sind die logische Folge.
München im Feber 2016
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Die Gaisthallager haben die Teilnehmer geprägt und zu Freunden gemacht. Jeder erinnert sich gerne an die Tage und Wochen in
Gaisthal.
Noch heute treffen sich die alten Kameraden und Freunde von damals an manchen Wochenenden in Gaisthal, am alten Lagerplatz,
und fahren zum Birkenkreuz nach Stadlern.
Aus mancher Freundschaft wurde mehr, und einige Paare schlossen den Bund fürs Leben. So kommt es, daß bei diesen Treffen nach einigen Jahren der Nachwuchs mit dabei war -- wie auf unserem Bild zu sehen ist, das 1967 beim Schlagbaum in Schwarzach aufgenommen wurde.
Die Familien Kommenda, Max, Schowanek und Kautzner;
Foto von 1967 |
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