Die Küche im Zeltlager Gaisthal war anerkannt gut. Die Köchinen galten als erfahren und weitgehend unerschütterlich.
Aber auch hier kam es hin und wieder zu kleineren Zwischenfällen, die jedoch nicht unbedingt "an die große Glocke gehängt" wurden.


Es geht um die Wurst

Wenn in einem Zeltlager plötzlich und unerwartet 2 SdJ-Gruppen, also ca. 10 – 15 Leute, ankommen und bleiben wollen, dann bringt das auch eine akribische Logistik und Vorratshaltung der Küche durcheinander.
So geschah es auch in der letzten Juliwoche 1955 in Gaisthal. Es fehlten nun für das Abendessen zwei Würste, eine Leberstreichwurst und eine Mettwurst, und zwar große Würste mit 75 cm Länge und 1000 g Gewicht.
Zwei Freiwillige der SdJ Schwarzenfeld, Hermann K. und Peter S., haben sich als Fahrradkuriere zur Verfügung gestellt. Erstens machte Radfahren Spaß und zweitens gab es beim Metzger immer für die Boten ein Paar Wienerwürstchen extra.
Nach 30 – 40 Minuten war in Schönsee der Metzger erreicht, es gab die Wiener und die Streichwürste und alles wurde in einem Einkaufsnetz verstaut und am Lenker des Fahrrads befestigt.

Nach Gaisthal zurück geht es immer bergab, das Radeln wurde immer schöner und die Geschwindigkeit immer größer. So kam das, was kommen musste.

Beim Durchqueren eines Schlagloches sprangen beide Würste ganz von alleine aus dem Netz und landeten vor dem Rad auf der unbefestigten Kiesstraße.

Pragmatisch gingen die SdJ-ler an die Lösung des Problems.
Der eine hob vorsichtig mit der einen Hand den noch unverletzten Teil der Wurst und mit der anderen Hand den rausgedrückten Wurstinhalt von der Straße auf. Der andere benutzte sein Fahrtenmesser wie ein Skalpell und selektierte und separierte die sichtbaren und fühlbaren Splittkörner behutsam aus der Wurstmasse, wobei akribisch darauf geachtet wurde, so wenig wie möglich Wurstmenge zu verlieren. Nun wurde der rausgepresste Wurstinhalt wieder in die zum Glück unversehrte Haut zurückgedrückt und schließlich die ganze Wurst in Form gebracht.

Mit 10 bis 15 Minuten Verspätung endete die Fahrt im Lager in Gaisthal.

An diesem Abend aßen zwei Jungen der SdJ-Gruppe Schwarzenfeld nur Käsebrot.


Peter Schowanek

 



    Home