Amrum heißt eine der nordfriesischen Inseln, die sich an Westküste der Nordsee entlang zieht.
Sie ist 10 km lang und in der Mitte 3 km breit und hat auf der Karte beinahe die Form eines gekrümmten Fingers.
In früheren Zeiten hat diese Insel wie alle übrigen ringsum zur Festlandküste gehört. Durch langsame
Landsenkungen, gewaltige Sturmfluten, sowie durch pausenlose Zerstörungsakte hat die See schließlich das
gegenwärtige Bild geschaffen.
Vier Ortschaften liegen darauf. Die Bewohner der Insel waren früher sehr berühmt als Seefahrer und Walfänger,
jetzt leben sie vom Fremdenverkehr und betreiben ein bisschen Fischfang. Das aber nur sehr wenig, denn der
Badebetrieb ist großgeschrieben. Das Klima ist sehr mild, trotzdem wächst sehr wenig auf dem sandigen Boden. Dünen,
Strandhafer und Badestrand -- diese Elemente sind vorherrschend.
Wenn man den Dünensaum am Strand entlang geht, sieht man bald in mitten der Dünen einen kleinen roten ???? schimmern, der in der Nacht Licht ausstrahlt. Es ist das Quermarkenfeuer. Kurz davor steht ein kleines niedriges Steinhaus -- badjestig leuchtet eine blaue Schrift auf der Stirnseite.
Gleich hinter dem ersten Dünenkamm stehen weiße große Zelte -- der Schauplatz des diesjährigen
Bundesjungenschaftslagers.
30 Jungen sind diesmal eingetroffen. Zwar sind es weniger als im vorigen Jahr -- aber umso besser und
intensiver können wir arbeiten. So dachten wir erst.
Es wurde ein richtiges Lager bei Wind, Sand und Wasser.
Die ersten Tage brannte die Sonne so vom Himmel, der sonst so stetige Seewind setzte aus, dass jeder
Unternehmungsgeist gelähmt war. Wir konnten nur das Notwendigste verrichten und kugelten sonst wie matte
Fliegen im Sand herum.
Ein Zeltlager, auch so ein Führerlager wie es das Bundesjungenschaftslager sein soll, dient vor allem der
handwerklichen Ausbildung und der körperlichen Ertüchtigung. Weitschweifige Referate und meist ins uferlose
führende Diskussionen haben vor allem in einem Lager bei Wind, Sand und Wasser keinen Platz. Ein Junge, der keine
Freude mehr an einem richtigen Lagerbetrieb findet und keine Lust zu Sport und Spiel aufbringt, sollte sich
pensionieren lassen. In der Jungenschaft hat er nichts zu suchen.
Ein Quadratkilometer Strand gehörte zum Lager.
Wer schon einmal auf Amrum war, weiß, dass der Kniepsand die idealste Kampfbahn für alle Sportarten ist.
Schon in aller Früh liefen wir nach dem Morgenturnen über das Muschelfeld zum Meer und stürzten uns in die
Fluten.
Aber auch harte Raufballkämpfe und die übrigen Sportarten wurden betrieben. Schwimmen wurde natürlich
großgeschrieben.
Obwohl manchem die ersten Tage das Wasser gar nicht schmeckte, kurierten wir bald alle kleinen Wunden und
Krankheiten mit Salzwasser aus.
Und war es nicht das Wasser, das uns fesselte, so war es der lockere Sand der Dünen, der uns immer wieder
die Kämme hinauftrieb und beinahe akrobatische Turnübungen wagen ließ.
In die ersten Tage, wo wir noch mit der Lagerplatzgestaltung beschäftigt waren, fiel auch der große
Sammelwettbewerb.
Alle drei Zeltgemeinschaften trieben sich einen ganzen Nachmittag draußen an der Flutmarke herum. Am Abend
stellten sie dann ihre besten Stücke zur Prämierung auf. Keiner von uns hat je geglaubt, dass es so verschiedene,
farbenprächtige, vielgestaltige Muscheln geben kann.
Aber nicht nur Muscheln, viele anderen Seetiere und Meereskostbarkeiten schleppten sie heran. Der Sammeleifer
eines jeden wurde noch durch den Wettbewerb, in dem die Zeltgemeinschaften unter einander standen verstärkt.
Da schwammen in Gefäßen lebende Meerestiere, hier waren verschiedenen Muscheln aufgelegt und auf der anderen
Seite hatte jedes Zelt seine Raritäten und seltenen Funde ausgebreitet. Da konnte man zusammengewachsene Muscheln
sehen, verschiedengeformte Flaschen, Teile von zerrissenen Fischernetzen, ein Seehundskopf und buntbeschriftete
Kistenbrettchen. Sogar rundgeschliffene Ziegelsteine hatten ??? gefunden.
Vor 20 Jahren ist vor Amrum einmal ein großer englischer Frachter mit einer Ladung Ziegelsteine gesunken.
Heute noch schwemmen die Wellen Jahr für Jahr fast rund gescheuerte Steine ans Land.
Die wenigste Zeit aber verbrachten wir im Lager. Immer gab es etwas zu entdecken auf der Insel.
Einmal war es die Nordspitze der Insel mit ihrem Naturschutzgebiet, ein anderes Mal wieder das freigelegte
Hünengrab im Dünenfeld. Wieder ein anderes Mal marschierten wir zu der alten Friesenkirche in Nebel und dann
wollten wir auch den großen Leuchtturm untersuchen, den sie aber wohlweislich vor uns versperrten.
Eine besondere Einrichtung sind auf den Inseln ringsum die sogenannten Vogelkojen.
Nicht weit vom Lager, dort wo die Dünen langsam in eine heideartige Geest übergehen, lag ein baumumstandener
Süßwasserteich, eine Seltenheit auf der so salzwasserreichen Insel. In früheren Zeiten wurden hier Wildvögel, vor
allem Wildenten in großen Mengen gefangen, wenn sie auf ihren alljährlichen Wanderungen kurze Rast auf dem Teich
machten, um noch einmal Süßwasser zu trinken. Der Teich ist quadratisch angelegt und läuft an den Ecken in
sogenannten Pfeifen (kurzen Stichgraben) aus. Mit zahmen Lockenten und ausgestreutem Futter zog man die wilden
Artgenossen in diese mit Drahtgeflecht abgedeckten Pfeifen, die der Vogelkojenwärter von einem versteckten Platz
aus verschließen konnte.
In günstigen Fangzeiten wurden nicht selten 1000 Enten täglich erlegt. Seit dem letzten Krieg sind die
Entenschwärme weggeblieben und die Vogelkoje wurde weggeweht. Leben kam in sie, als wir bei unserem Geländespiel
um sie herumstrichen.
Und sonst machten wir all das, was zu einem zünftigen Lager gehört. Zwei Dinge sind es wert, noch einmal besonders erwähnt zu werden, die Fahrt zur Hallig Hooge und das große Geländespiel.
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