Die Sudetendeutschen in der 1. CSR

Die sudetendeutsche Volksgruppe im Volkstumskampf

Böhmen und damit die Sudetengebiete waren jahrhunderte lang bis 1918 Teil des Habsburger Vielvölkerstaates Österreich- Ungarn.
Die böhmischen Könige waren die ersten der 7 Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches.

Am 3. November 1918 wird die k. und k. Armee zur Kapitulation gezwungen.

Mit Kriegsende bricht der Vielvölkerstaat, die Österreich-Ungarische Monarchie, zusammen.
Es entstehen die Republiken Deutsch-Österreich, Ungarn, Tschechoslowakei und das Königreich Jugoslawien.

Bereits am 28.10.1918 erfolgt in Washington durch Jan Masaryk die Ausrufung der 1. Tschechoslowakischen Republik (CSR).

Die deutschen Bewohner Böhmens, Mährens und Sudetenschlesiens vertrauten 1918 auf das vom US-amerikanischen Präsidenten Wilson für die Völker der Monarchie versprochene Selbstbestimmungsrecht.
Sie entschieden sich einmütig für die staatliche Zugehörigkeit zu Deutsch-Österreich.

Deutsch-Österreich erklärt sich am 12.11.1918 als Teil Deutschlands. Dies wurde von den Siegermächten verweigert.

Die tschechoslowakische Regierung unter Präsident Masaryk ließ im Dezember 1918 die sudetendeutschen Siedlungsgebiete überfallartig durch tschechisches Militär besetzen.
Frankreich, Großbritannien und Italien erteilen dieser Besetzung nachträglich ihre Genehmigung.

Die USA verweigerten ihre Zustimmung und schickten zum Studium der Bevölkerungsverhältnisse den Diplomaten Coolidge ins Sudetengebiet.

Am 4. März 1919 riefen die Sozialdemokraten gemeinsam mit den übrigen deutschen Parteien zu Demonstrationen für das verweigerte Selbstbestimmungsrecht auf.
In mehreren Orten schoss tschechisches Militär auf die Teilnehmer. 54 Tote und mehr als 100 Verletzte waren zu beklagen.

Coolidge berichtete am 10. März 1919 darüber seinem US-Präsidenten.

10. 09. 1919, Friedensvertrag von St.Germain:
Das Sudetenland wird trotz der sudetendeutschen und österreichischen Proteste Teil der CSR.
Mit 3,3 Millionen bilden die Sudetendeutschen die zweitstärkste Volksgruppe (23%) des neuen Vielvölkerstaates ( Tschechen und Slowaken zusammen 51%). Die zur Minderheit gewordenen Sudetendeutschen vertrauten auf die für sie wesentliche Klausel des Friedensvertrages von St. Germain mit der Tschechoslowakischen Republik:

„Alle tschechoslowakischen Staatsbürger ohne Unterschied der Rasse, der Sprache oder Religion werden vor dem Gesetz gleich sein und dieselben bürgerlichen und politischen Rechte genießen.“

Dies jedoch missachtend, setzte sofort eine Entnationalisierungspolitik der Tschechen gegenüber den Sudetendeutschen und den anderen Minderheiten ein.
Diese vollzog sich auf vier Ebenen:

16. April 1919 Bodenreform:
Nahezu ein Drittel der gesamten Grundfläche des Staatsgebietes wird enteignet.
Im Zeitraum von 1921 bis 1930 gingen 3520 sudetendeutsche landwirtschaftliche Betriebe verloren, die tschechischen und slowakischen Neusiedlern zugeteilt wurden.

Per Gesetz verordnet, durften Staatsaufträge nur an Firmen mit überwiegend tschechischer Belegschaft vergeben werden.
Dies führte zu einer hohen Arbeitslosigkeit der Sudetendeutschen. Die Arbeitslosigkeit bei den Sudetendeutschen erreichte 1933 mit 600.000 einen Höchstwert.
Davon waren 40 % der Erwerbstätigen betroffen. Bei den Tschechen betrug sie in dieser Zeit nur 10 %.

Von 1918 bis 1938 sind mehr als 2000 sudetendeutsche Industriebetriebe und gewerbliche Unternehmen verloren gegangen.

19. 02. 1920 Sprachengesetz:
Tschechisch ist Staatssprache. Alle Staatsbeamten, auch solche in den deutschsprachigen Bezirken, müssen die tschechische Sprache beherrschen.

1925 Gesetz zur „Vereinfachung“ der öffentlichen Verwaltung:

Die deutschen Sozialdemokraten, die Christlich-Sozialen und der Bund der Landwirte versuchten durch loyale Beteiligung ( die Aktivisten ) in Parlament und Regierung, die Verhältnisse zu bessern. Es gelang ihnen nicht, die Tschechen auch nur zu einer kleinen Korrektur gegenüber den Sudetendeutschen zu bewegen.
Andere Parteien nahmen davon Abstand ( Negativisten ), weil die Deutschen an der verfassungsgebenden Versammlung im Prager Parlament nicht beteiligt wurden.

Die ständige Diskriminierung der Deutschen und die Weigerung der tschechoslowakischen Regierung über eine Autonomie zu verhandeln, führte 1933 zur politischen Einigung der Sudetendeutschen, mit Ausnahme der Sozialisten und Kommunisten, in der Sudetendeutschen Heimatfront, der späteren Sudetendeutschen Partei (SdP).

Diese Ereignisse im Jahre 1938 wurden zu einer internationalen Frage und eskalierten zur Sudetenkrise.

War der Krieg noch abzuwenden

Die fortwährende Diskriminierung und Unterdrückung der 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen durch die tschechoslowakische Regierung führte letztlich zur MÜNCHNER ABTRETUNGSERKLÄRUNG auf der Grundlage des vorher zwischen Großbritannien, Frankreich und der CSR geschlossenen Abkommens.

Hitler, Chamberlain, Mussolino und Daladier vereinbaren am 29.September 1938 das MÜNCHNER ABKOMMEN hinsichtlich der Abtretung der sudetendeutschen Gebiete.
Dieses legt nur die Bedingungen und Modalitäten der Abtretung und den Zeitplan für die Besetzung fest.

Die Sudetendeutschen standen am Scheideweg zwischen grenzenloser Begeisterung und düsterer Vorahnung.

Für die Mehrheit war es die Verwirklichung des 1919 verweigerten Selbstbestimmungsrechtes,
für eine Minderheit -- Nazi-Gegner, Sozialdemokraten, Kommunisten, Juden, aber auch vielen Henlein-Anhängern (Spann-Kreis) -- war es das Ende jeder politischen Arbeit.

Der durch das Abkommen eingeleitet Abschnitt der sudetendeutschen Geschichte endete mit Flucht und Vertreibung, Einkerkerung im KZ und dem Marsch in die Todeslager.


Die Heimatschutzvereine

Die zunehmende Schärfe des Volkstumskampfes förderte die Bindung und Zusammenarbeit der Landsleute in den Hilfs- und Kulturvereinen, die im Sudetenland entstanden waren.
Als Beispiele seien genannt:


Die Sudetendeutschen Parteien

Bei der Ausrufung der 1. CSR (Tschechoslowakei) 1919 und danach arbeiteten im Sudetenland mehrere Parteien der Sudetendeutschen:

Am 4. März 1919 traten alle sudetendeutschen Parteien zum ersten Mal gemeinsam auf mit dem Aufruf zu Kundgebungen in Städten im ganzen Sudetenland. Die Deutschen forderten in diesen Kundgebungen vergeblich die freie Ausreise des Landeshauptmanns von Deutsch-Böhmen, Dr. Rudolf Lodgman von Auen und einer Delegation zur Debatte im Österreichischen Reichsrat, um dort den Wunsch der Sudetendeutschen zum Anschluss an den neuen Staat Deutsch-Österreich vorzutragen. Die Kundgebungen wurden vom Tschechischen Militär gewaltsam niedergeschlagen. Am 4. März gedenkt die sudetendeutsche Volksgruppe der 64 Todesopfer unter den deutschen Teilnehmern der Kundgebungen.

Zu den Parlamentswahlen am 19. Mai 1935 unterstützten viele Sudetendeutsche den Wahlkampf der Sudetendeutschen Heimatfront. Diese wurde kurz vor der Wahl verboten, weil von ihr kein Parteiprogramm vorliege, sie folglich keine Partei sei.
Die Sudetendeutsche Heimatfront wurde sechs Wochen vor der Wahl in Sudetendeutsche Partei (SdP) umbenannt und legte ein Parteiprogramm vor. Der bis dahin unbekannte Konrad Henlein, Turnlehrer an der Ascher Turnschule, wurde ihr Vorsitzender. Die Sudetendeutsche Partei erlangte 44 von 66 Mandaten der Sudetendeutschen im Prager Parlament.

Als die Sudetendeutsche Partei, als stimmstärkste Partei der Republik, unter allen Parteien des Landes ermittelt wurde, und dem Staatspräsidenten Masaryk und dem Ministerpräsidenten Malypetr die Mitarbeit an der Regierung anbot, wurden die Deutschen weder zur Regierungsbildung, noch zur Mitregierung aufgefordert.
Mehrere Sudetendeutsche Parteien, Aktivisten genannt (Sozialdemokratie, Christlichsoziale Partei u.a.), beteiligten sich trotzdem an der parlamentarischen Arbeit.
Die Sudetendeutsche Partei blieb fern, strebte aber bis 1938 die Autonomie der deutschsprachigen Gebiete in der 1. CSR an. Die Tschechen waren nach wie vor nicht bereit, die Sudetendeutsche Partei als gleichwertigen Partner anzuerkennen.
Erst im November 1937 änderte Konrad Henlein sein Konzept und forderte den Anschluss der deutschsprachigen Gebiete in der 1. CSR an das Deutsche Reich.


Kameradschaftsbund -- Bereitschaft -- Aufbruch

Im Volkstumskampf hatten sich in der sudetendeutschen Volksgruppe drei Gesinnungsgemeinschaften gebildet, die sich Kameradschaftsbund, Bereitschaft und Aufbruch nannten.


„Heim ins Reich“

Zur Vorbereitung der Umsiedlung deutscher Volksgruppen hatte Hitler im Hitler-Mussolini-Pakt am 22. 05. 1939 um eine Umsiedlung der Südtiroler und am 23. 08. 1939 im Hitler-Stalin-Pakt um die Umsiedlung der deutschen Volksgruppen im Osten geworben.
Den Auslandsdeutschen, deutschen Minderheiten und Volksgruppen wurde zur Wahl gestellt, als so genannte Optanten für ihr Verbleiben in der Heimat und für den fremden Staat (Italien, Baltische Staaten, Russische Sowjetrepublik) zu optieren oder als Deutsche ins Deutsche Reich umzusiedeln.
In der Werbung für diese Umsiedlungsaktionen verwendete man den Ruf Heim ins Reich.

Diesen Ruf übernahmen Sudetendeutsche in der Gruppe Aufbruch ( Heim-ins-Reich-Bewegung ) relativ spät, die NSDAP lautstark schon früher.

Erst im November 1937 änderte Konrad Henlein den Kurs der Sudetendeutsche Partei und forderte nun auch den Anschluss an das Deutsche Reich, hoffte aber auf einen Sonderweg innerhalb des Deutschen Reiches. Diejenigen, die dem Nationalsozialismus und diesen Bestrebungen zuneigten, bekamen das Übergewicht.

Innerhalb des Sudetendeutschen Turnverbandes setzte ein Machtkampf zwischen Kameradschaftsbund und der Gruppe Aufbruch ein. Durch die fortwährende Verweigerung der Autonomie setzte sich die Gruppe Aufbruch mit seiner Heim-ins-Reich-Bewegung durch.




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