Deutsche Jugend des Ostens 7142 Marbach, 23.1.1966
Jungenschaft Baden-Württemberg StuttgarterStr.7

 

 

ARBEITS - STUDIE

über die Einführung
einer Vorstufe zur DJO-Jungenschaft
(Arbeitstitel: Jungschar )

 

 

An alle
Jungenschaftsführer des Landes,
sämtliche Landesjungenschaftsführer der DJO-Jungenschaft
und die Bundesjungenschaftsführung
sowie den Landesvorstand der DJO Baden-Württemberg

 

 

Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:
Die Landesjungenschaftsführung der DJO-Jungenschaft Baden-Württ. (bearbeitet von Heinz Olbrich und Manfred Feder)

 

 

DIE STUDIE IST ALS: MANUSKRIPT LEDIGLICH FÜR DEN GEBRAUCH INNERHALB DER DEUTSCHEN JUGEND DES OSTENS BESTIMMT.

 

 

DIE DJO -- JUNGSCHAR

NOTWENDIGKEIT

Es ist nicht zu leugnen, dass sich die Jungenschaftsarbeit im ganzen Bund seit den letzten Jahren in erstarrten und ausgeleierten Bahnen bewegt.
In Baden-Württemberg haben wir versucht, durch verschiedene Maßnahmen hier etwas frischen Wind hereinzubringen und haben begonnen, neue Wege zu gehen (Wiedereinführung der Horten, Schaffung einer Arbeitsgrundlage für die Scharen -- Landesordnung -- Führerseminar). Parallel hierzu muss aber eine Neukonzeption der gesamten JS-Arbeit laufen, wenn die JS qualitativ und quantitativ gestärkt und auf eine feste und krisensichere Grundlage gestellt werden soll.

Der gangbarste und am meisten Erfolg versprechende Weg scheint uns die Sicherung des Nachwuchses für die JS zu sein.

Nach der DJO-Satzung hat diese Aufgabe die Gliederung der Kindergruppe. Diese Kindergruppe ist leider im Allgemeinen nicht vorhanden, und dort, wo sie vorhanden ist, wird sie ihrer Aufgabe in keiner Weise gerecht. Es ist meistens so, dass an ihrer Spitze eine alte BDV –Tante steht, die vielleicht den besten Willen hat, ansonsten aber für uns uninteressant ist. Die Tätigkeit dieser Kindergruppen erstreckt sich dann im Wesentlichen auf das Absingen von zwei erbaulichen Liedern, dem Aufführen von zwei rührenden Spielchen und dem Verzehr von Streuselkuchen bei Heimatabenden der Landsmannschaft!

Eine Besserung dieses Zustandes ist nur zu erwarten, wenn ein vollkommen neuer Weg eingeschlagen wird und die Kindergruppen intensiv auf die Jungenschaft und die Mädelschar hingeführt werden, d.h. sie direkt der jeweiligen Jungenschaft bzw. Mädelschar unterstellt werden. Die Studie befasst sich im Folgenden mit dem Verhältnis Kindergruppe / Jungenschaft.

In interessanten Gesprächen mit Führern der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (kath.) haben wir festgestellt, dass dort dieser Altersstufe von ca. 7 - 10 Jahren erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet wird. Der quantitativ und auch qualitativ gute Stand dieses Bundes ist nur untergeordnet dem Einfluss der Kirche zuzuschreiben, sondern in erster Linie der konsequenten Betonung der Kinderstufe von 7 - 11/10 Jahren. Diese sog.: Wölflingstufe, ist dort zur Grundlage des gesamten Bundes geworden. Man beachte, dass 75 % aller Führer und 90 % aller höheren Führer durch die Wölflingsstufe gegangen sind.

Die Möglichkeiten, die sich uns durch die Einführung der Jungschar eröffnen, können heute noch gar nicht voll ermessen werden. Dass dies kein leeres Gerede ist, mag die Überlegung erhärten, dass die entscheidenden Prägungen im Jungenleben in der Altersstufe von 8-11 Jahren stattfinden, während wir bisher in der JS noch Jungen charakterlich beeinflussen müssen, die bereits je nach Zufall geprägt waren, als sie zu uns kamen.

Wir haben es nach Einführung der Vorstufe in der Hand durch kindgemäße Erziehung, die aber in den Formen und Inhalten bereits bündisch/jungenschaftlich geprägt ist, den Jungen bereits so nachhaltig zu beeinflussen, dass er beim Übertritt in die Jungenschaft bereits ein vollwertiges Glied in der Gemeinschaft ist.

Wir werden in Zukunft bereits dort mit vollen Segeln weiterarbeiten können, wo wir bisher erst mühselig angefangen haben.

Eine ganz erhebliche Steigerung des Niveaus in jeder Hinsicht wird die Folge sein, was noch dadurch verstärkt wird, dass wir nicht erst dann mit der Werbung beginnen können, wenn der Rahm bereits von den Anderen abgeschöpft ist und wir uns mit dem Rest begnügen müssen, der noch auf seine Freizeitgestalter wartet.


AUSWIRKUNGEN AUF LANGE SICHT:

  1. eine beträchtliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit, Schlagkraft und Qualität der Jungenschaft
  2. eine zahlenmäßige Vermehrung beträchtlichen Umfangs
  3. eine laufende Auffrischung durch bereits vorhandenen Nachwuchs
  4. Eindringen in räumliche Bereiche, die für die DJO bisher nie genutzt, werden konnten, da die Gründung und Führung von Jungscharen einfacher ist als dsgl. bei der Jungenschaft
  5. Die JS wird aus einem bloßen Anhängsel der DJO ein wirklich lebendiges Glied des Bundes, das erhaben über Streitigkeiten wie Altersstufengliederung ja / nein, sich endlich in verstärktem Maße ihrer vornehmsten Aufgabe widmen kann -- eine innere Erneuerung und Auffrischung des Gesamtbundes; damit verbunden eine Erhöhung dessen Aussagekraft und Standfestigkeit für eine Zeit, die entscheidende und lebenswichtige Fragen unseres Volkes zu lösen haben wird!


AUSWIRKUNGEN SOFORTIGER ART:

  1. a) zahlenmäßige Vermehrung
  2. b) Aufstockung der meisten Scharen zu Fähnlein
  3. c) Neue Impulse für die Arbeit in den Scharen und Fähnlein der JS
  4. d) Erfahrungsgemäß stellen sich überall dort wo Pionierarbeit geleistet wird, über kurz oder lang nicht voraussehbare Nebenwirkungen positiver Art ein, die wiederum dem Ganzen zugutekommen.

Man kann hierbei an das Ansprechen neuer Führungskräfte für die DJO und die Jungenschaft denken; dadurch gleichzeitig u.U. Gründung anderer Gliederungen der DJO, Bekanntschaft mit gleichgesinnten einflussreichen Persönlichkeiten etc..


ÜBERNAHME DIESER STUFE IN DIE DJO:

  1. Als offizielle Bezeichnung schlage wir Jungschar vor.
    Nähere Einzelheiten über Formen und Stellung zur JS bitten wir dem Vorschlag zur Ergänzung der LO zu entnehmen, der im Anhang beigefügt ist.
     
    Die Bezeichnung Jungschar ist hier vorläufig als Arbeitstitel verwendet und stellt keine Vorwegnahme von Beschlüssen des Things dar!
     
  2. Das Landesthing muss einen festen und auf breiter Grundlage akzeptablen Rahmen schaffen, der bereits die notwendigen Einzelheiten für einen sofortigen Beginn der Jungschararbeit enthält.
  3. Satzungsgemäße Gesichtspunkte stehen der Aufstellung der Jungschar nicht entgegen, da diese ihrem Wesen nach Kindergruppen bleiben. Als Legitimation genügt bis auf weiteres die Zustimmung des DJO-Landesführers und des Bundesjungenschaftsführers -- beide haben ihr Einverständnis erteilt. Trotzdem sollen die notwendigen Schritte zur Verankerung im Bund unternommen werden, ins besonders hoffen wir, dass die Jungschar auf Bundesebene in die JS eingeführt wird.


PRAKTISCHE EINFÜHRUNG UND ARBEIT IM ERSTEN JAHR:

  1. Die Jungschar wird im gesamten Landesgebiet eingeführt unter der vollen Verantwortung der jeweiligen Jungenschaftsführung. Die von der Landesjungenschaftsführung herausgegebenen Anweisungen, Erläuterungen und Vorschläge sind für sämtliche JS und Jungscharführer verbindlich.
  2. Die oberste Verantwortung für die Einführung der Jungschar trägt die Landesjungenschaftsführung -- in der ersten Phase des Aufbaus sorgt sie deshalb für die Ausbildung des ersten Führerstammes.
  3. Als unmittelbare Maßnahmen sind vorgesehen:
    1. Herausgabe eines theoretischen Führerseminars in etwa 4-5 Folgen, das sämtl. Gebiete der Jungscharführung abhandeln soll
    2. 1 - 2 Wochenendlehrgänge
    3. Bildung eines ständigen Kapitels (Arbeitskreis), das sich laufend mit sämtlichen anhängigen Fragen beschäftigt und vom Landesthing mit ausreichenden Vollmachten ausgestattet wird.
  4. Parallel hierzu beginnen die Scharen und Fähnlein mit dem tatsächl. Aufbau, wobei es am Anfang nicht zu vermeiden sein wird, dass jeder Scharführer neben der JS-Arbeit den Aufbau der Jungschar in die Wege leitet und die Jungschar vorerst selber führt und Erfahrungen sammelt, bis ein eigener Jungscharführer ausgebildet ist.
    Es ist dies zwar eine zusätzliche Belastung, die aber jeder Führer im Interesse des Bundes willig auf sich nehmen sollte.


EINZELHEITEN (Erläuterungen zum Anhang)

  1. KLUFT: Auch der Jungschärler sollte analog zum Wölfling bereits Kluft tragen, die derjenigen der JS entspricht. Ausnahme: blaues Halstuch, um Abstand zur JS herauszustellen.
    Bemerkung: Für Jungen in diesem Alter wirkt Hemd und Halstuch noch viel anspornender als für ältere JSler -- Erziehungsfaktor!
  2. MÄDCHEN als Führerinnen: Trotz verschiedener Bedenken sollte geeigneten Mädchen die Möglichkeit geboten werden, in der Jungschar tätig zu werden. Offene Frage ist die Kluft für diese Mädchen. Wölflingsführerinnen (Akelas) haben eigene Kluft mit Bluse Rock, Gürtel und Halstuch).
    Bemerkung:
    1. Entlastung der JS-Führung
    2. Mädchen können von Natur aus mit Kindern dieses Alters besser umgehen als Jungen
  3. ARBEITSGRUNDLAGE:
    Um unnötiges Experimentieren zu verhindern, wird von uns aus als vorläufige Arbeitsgrundlage folgendes Werk vorgeschlagen:
    DAS WOLFSBUCH von Baden-Powell
    (herausgegeben vom Schweizer Pfadfinderbund Bern Gerechtigkeitsgasse 56)

Wir werden uns bemühen, dieses Buch, das praktische Übungen auf Grund von R. Kiplings Dschungelbücher durchexerziert, zentral zu bestellen und dann an die Scharen weiterzuleiten. Notwendige Ergänzungen für unsere Bedürfnisse wird das Land herausgeben!


ARBEITSFORMEN IN DER JUNGSCHAR

In Abkehr bisheriger Gepflogenheit in dieser Altersgruppe müssen einige feste Formen Ausdruck der inneren Haltung unserer neuen Jungschar sein, die von vorneherein bündisch - jungenschaftlich geprägt ist.

Zur Diskussion gestellt:

Nach einer Probezeit legt der angehende Jungschärler die JUNGSCHAR-Probe ab und leistet JUNGSCHARVERSPRECHEN. Dabei wird ihm das blaue Halstuch samt Knoten und Rangschnur überreicht (umgelegt). Probenheft??

Als Anschauung führen wir anschließend ein paar Beispiele aus der WÖLFLINGSORDNUNG der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg an, die zeigen sollen, dass die äußere Form wie wir sie verstehen innerhalb dieser Altersgruppe keineswegs abwegig sondern im Gegenteil hier besonders notwendig ist (Prägung für die JS).

DAS WÖLFLINGGESETZ

DER WÖLFLING HÖHRT AUF DEN ALTEN WOLF.
DER WÖLFLING IST MUTIG UND AUSDAUERND

DAS WÖLFLINGSVERSPRECHEN

ICH VERSPRECHE, MEIN BESTES ZU TUN, AUF GOTT ZU HÖREN, DEM WÖLFLINGSGESETZ ZU FOLGEN UND TÄGLICH ANDEREN EINE FREUDE ZU MACHEN

Bemerkung:

Große Aussagekraft in kindlich verständlicher Weise. Das Versprechen wird im Beisein der Meute und der Stammesführung auf das Stammesbanner geleistet, während die angetretene Meute mit dem Pfadfindergruß grüßt!

Innerhalb der Wölflingsstufe gibt es drei Unterstufen (Ränge), die aufeinander aufgebaut sind. Jeder Rang wird durch das Bestehen der entsprechenden Probe erreicht und durch Anbringen eines Sternes auf dem Wölflingsabzeichen an der Kluft kenntlich gemacht. Der Junge ist stolz hierauf!
Sie heißen: JUNGWOLF – WÖLFLING - WOLF

AUSZÜGE AUS DEN DREI PROBENBEDINGEUNGEN

Jungwolfprobe: Der Jungwolf entdeckt seine Umwelt
er sammelt oder malt Bilder der wichtigsten Gebäude seines Wohnorts oder seiner Heimat
erzählt und ordnet die versch. Geschäfte seines Wohnviertels
er merkt sich, was einige wichtige Lebensmittel kosten
er schreibt eine Karte und einen Brief mit Umschlag, macht sie frei und wirft sie in den Postkasten
er sammelt Bilder vom Pabst und vom Bischof, vom Bundespräsidenten und Bundeskanzler und kennt ihre Namen.

Wölflingsprobe: Der Wölfling entdeckt seine Umwelt
er zeichnet den Weg zu einem wichtigen Gebäude seines Heimatortes auf
er stellt fest, wie viele und welche Handwerksbetriebe in der näheren Umgebung arbeiten.
er schreibt auf, welche Lebensmittel sein Rudel für einen Tag braucht (weiß das jeder Wächter der JS ?!)
er packt ein Geschenkpäckchen, verschnürt es und bringt es zur Post
er kann die wichtigsten Flüsse, Berge, Ort oder Gedenkstätten seiner Heimat nennen und beschreiben
er weiß, welche Tageszeitungen in seiner Heimat erscheinen und kennt die Rundfunkanstalten seines Heimatlandes (gemeint ist das Bundesland, indem er aufwächst)

Wolfsprobe: Der Wolf lernt seine Umwelt kennen
er kann die Heimat seiner Eltern und Großeltern auf einer Karte zeigen
er erzählt eine Sage oder Geschichte aus seiner Heimat
er erkundigt sich, was die Industrie der Umgebung herstellt und wozu man es braucht
er versucht zu berechnen, was die Verpflegung seines Rudels für einen Tag kostet.
er lernt ein Telefongespräch annehmen und führen
er kann den Sitz des Papstes und des Bischofs, der Bundesregierung und der Landesregierung auf einer Karte zeigen
er berichtet ein Ereignis aus Kirche oder Welt und hat dazu einen Zeitungsbericht ausgesucht.

Neben dieser Umweltsprobe (entspricht etwa der Dietprobe) besteht jede Probe aus weiteren 5 Teilproben bezogen auf Glauben, Gruppe, Natur, Erste Hilfe und praktische Fertigkeit.
Die Wolfprobe kommt bereits in die Nähe der Späherprobe und würde einen nahtlosen Übergang zur JS schaffen.

Da vom Eintritt des Jungschärlers in die DJO bis zum Überwechseln in die JS 3 - 4 Jahre vergehen(!) ist es zweckmäßig analog zu den Wölflingen ebenfalls drei Proben einzuführen, womit ein im ganzen Land einheitliches Hinarbeiten auf die Jungenschaft gewährleistet ist. (Bem. Die JS hat für die Zeitspanne von 8 Jahren 7 Stufen; für die Zeitspanne von 3-4 Jahren in der Jungschar sind deshalb 3 Proben nicht zu viel!)

Vorschläge zur Probenbezeichnung, zur Rangkennzeichnung und für den Übertritt in die JS bitten wir dem Anhang zu entnehmen!

Weitergehende Regelungen sollten vorerst unterbleiben bis die ersten Erfahrungsberichte vorliegen!

die Landesjungenschaftsführung ist sich darüber im Klaren, dass hier für die deutsche Jugend des Ostens vollkommenes Neuland betreten wird und mancherlei Überraschungen auftauchen werden.

a b e r . . .

die Jungenschaftsführer des Landes rufen wir auf zu prüfen, zu wägen und zu entscheiden.

die Jungenschaften des übrigen Bundes bitten wir um wohlwollende Unterstützung und um Prüfung der Möglichkeit, diese Jungscharstufe im gesamten Bund einzuführen.


die Landesjungenschaftsführung der DJO - Jungenschaft Baden - Württemberg

 


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