Silhouette der Burg Hohenberg bei der Übernahme durch das Sudetendeutsche Sozialwerk im Jahr 1955. Der Glockenspruch von Herbert Wessely lautet: "Zu Werk und Feier seid bereit, der Herzen Trägheit überwindet! Wahrt Recht und Freiheit, dann verkündet auch meine Stimme Frieden über die Zeit!" |
Am Rande des östlichen Fichtelgebirges, unmittelbar im Dreiländereck Sachsen-Böhmen-Bayern, liegt die
kleine Stadt Hohenberg an der Eger. Die Stadt wurde auf einem Granithöhenrücken gebaut, der steil gegen
Norden und Osten zum Grenzfluss Eger hin abfällt.
Die Burg, die am höchsten Punkt des Berges nach allen Seiten weithin sichtbar ist, bestimmt
wesentlich das Stadtbild. Sie liegt fast 125 Meter über der Eger. Das äußerliche Bild der Burg hat sich
über Jahrhunderte hinweg fast nicht verändert. Sie gilt als die besterhaltene Wehranlage im
Fichtelgebirge.
Die Burg und der Ort Hohenberg stammen aus frühester Zeit, in der Siedler aus dem bayerischen Nordgau
und der heutigen Oberpfalz kamen und den Urwald rodeten. Das genaue Gründungsjahr von Burg Hohenberg ist
archivarisch nicht festzustellen. Vermutlich ist in dem Egerer Dienstmann Berchtoldus de Honberg (es ist
auch die Schreibweise Pertholdus de Egere zu finden) der Gründer der Burg zu sehen. Kaiser Heinrich IV.
schenkte ihm oder einem seiner unmittelbaren Vorfahren ein Waldgebiet am Südhang des Fichtelgebirges an
der alten Völkerstraße zum Zweck der Rodung. Berchtoldus de Honberg wird erstmals 1170 urkundlich erwähnt.
Die Burg Hohenberg dürfte im Zeitraum zwischen 1170 und 1222 in der Regierungszeit Friedrich
Barbarossas oder seines Sohnes Heinrich IV. als Außenposten zur Egerer Burg erbaut worden sein.
Die Burg fiel 1810 an das Königreich Bayern und ist auch noch heute im Besitz des Freistaats Bayern.
Das Hauptgebäude, das auch Fürstenhaus genannt wird, diente bayerischen Forstbediensteten als
Dienstwohnung. Während des Zweiten Weltkriegs nutzte man die Burg als Landschulheim. Es wurden erste
Baumaßnahmen durchgeführt, um eine Unterbringung von Kindern zu ermöglichen.
Im April 1945 stand die Burg Hohenberg unter dem Beschuss amerikanischer Truppen, wobei die
Burganlage schwer beschädigt wurde. Zur Instandsetzung und zum Wiederaufbau fehlten jedoch die Geldmittel
und das Baumaterial. Man war nicht in der Lage, die Burg gegen Witterungseinflüsse zu schützen.
1946 mieteten die Rummelsburger Anstalten die Burg, die sie bis 1952 als Heim für Waisen
und schwer erziehbare Kinder nutzten. Die Burg stand dann bis 1955 leer.
Die gesamte Inneneinrichtung war nicht mehr vorhanden.
Die große Nachfrage am Heiligenhof führte dazu, dass das Sudetendeutsche Sozialwerk begann, sich nach
einem weiteren Haus umzuschauen. Dank der als ideal empfundenen Lage an der bayerisch-böhmischen Grenze
mit einem unmittelbaren Blick zur Heimat entschied man sich für die Burg Hohenberg.
Am 1. Juli 1955 unterzeichnete Ingenieur Herbert Schmidt für das Sudetendeutsche Sozialwerk den
Mietvertrag mit dem Freistaat Bayern.
Schmidt gab der Burg die Bezeichnung Burg Hohenberg -- Landeswarte der Sudetendeutschen.
Hier konnten nicht nur Kinder und Jugendliche ihre Ferien verbringen sowie Seminare und andere
Maßnahmen durchgeführt werden, sondern vor allem die sudetendeutschen Landsleute in ihre alte Heimat
blicken.
Vom Turm der Burg aus sieht man Franzensbad, Eger und den Kaiserwald.
Alles, was auf dieser Brücke zum Osten später unternommen wurde, sollte immer im
Bewusstsein der verlorenen Heimat durchgeführt werden. Die Möglichkeit, von der Burg über die Grenze weit
nach Böhmen hinein sehen zu können, sollte dieses Bewusstsein stärken.
Um die Arbeit aufnehmen zu können, mussten jedoch einige bauliche Veränderungen vorgenommen werden.
Nach Instandsetzung der Wehrmauern und notwendigen Dachreparaturen durch das Landbauamt Hof wurden
das Fürstenhaus als eigentliche Tagungsstätte, der Torturm als Heimleiterwohnung und der Gefängnisturm als
spätere Jugendherberge wiederaufgebaut bzw. nutzbar gemacht.
Dazu waren auch Eigenleistungen des Sudetendeutschen Sozialwerks notwendig.
Der Storchenturm, der bis auf wenige Ausnahmen alljährlich von einem Storchenpärchen bewohnt wird,
dient als Gerätelager, der Stuckturm -- auch Felsenturm genannt -- als Aussichtspunkt zum Egerland und der
zweite Stuckturm als Zugang zum Burggraben.
Der im Burggraben vorhandene Pavillon sollte ebenfalls wiederaufgebaut werden. Durch den Brand eines
benachbarten Hauses wurden das neue Dach des Storchenturmes wieder vernichtet und die Finanzmittel nun
nicht für den Pavillon, sondern für das neue Dach verwendet.
Der Rest der Vorburg, der durch den Burggraben von der Hauptburg getrennt ist, wurde vom zuständigen
Landbauamt wegen Einsturzgefahr abgetragen. Herbert Schmidt hatte aber bereits Pläne zur Wiedererrichtung
und Nutzung vorgelegt. Auch in der Folgezeit blieb dieser Gedanke des Wiederaufbaues erhalten.
Herbert Schmidt organisierte aus Berliner Beständen des Reichsarbeitsdienstes die ersten
Einrichtungsgegenstände. Diese trafen allerdings so spät in Hohenberg ein, dass die Kinder der ersten
Freizeit schon im Burghof standen, als die Betten gerade in die Schlafräume getragen wurden.
Für die plötzlich ausgefallene Leiterin übernahm Frau Gertrud Heller aus Hannover diese Aufgabe, bis
die Kindergärtnerin und SdJ-Mädchenführerin Ingrid Hadina, die spätere Frau von Herbert Schmidt, ihre
Tätigkeit beim Sozialwerk aufnahm.
Sie widmete sich vor allem den Vertriebenen, die sich im Grenzland angesiedelt hatten.
Das Sudetendeutsche Sozialwerk wollte zu Beginn der 5Oer Jahre, entgegen dem allgemeinen Sog der binnendeutschen großstädtischen Industriezentren, die Menschen im Grenzland halten. Damals sagte der Vorstand: "Wie können wir Vertriebenen einen Anspruch stellen, nach Böhmen zurückzukehren, wenn wir jetzt aus dem Grenzland weggehen? Wenn wir weggehen, dann fehlen diejenigen, die, wenn es einmal möglich ist, die Partner der Tschechen sein können." In diesen Zeiten sprach man auch von der Rückkehr.
Ingrid Hadina gründete insgesamt 18 Arbeitsgrenzkreise für das Sudetendeutsche Sozialwerk und
registrierte die Lage der dort lebenden Vertriebenen. Sie half Notstände zu beseitigen oder sie so weit
wie möglich zu mildern.
Von Hohenberg aus reichte ihr Wirkungsfeld von Hof bis Passau. Das ist umso beachtlicher, wenn man
weiß, dass Ingrid Hadina die Bezirke zuerst mit dem Zug, dann mit dem Moped und schließlich mit dem
Goggomobil aufgesucht hat.
Auf der Burg wurde ein Paketdienst eingerichtet. Von überall her schickten Landsleute gut erhaltene
und neue Kleidung und andere nützliche Dinge nach Hohenberg. Allein durch die Weihnachtshilfe 1957 wurden
744 Jugendliche und 343 Erwachsene betreut.
Unter dem Motto Lebendiges Grenzland wurden in den bayerisch-böhmischen Grenzkreisen
Veranstaltungen der Grenzland-Betreuungshilfe zusammen mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft
durchgeführt.
Bedürftige Jugendliche, aber auch Erwachsene, lud man zu Erholungsmaßnahmen auf die Burg ein.
Viele Initiativen und Impulse zur Unterstützung der Landsleute gingen von Hohenberg aus. Die
vielfältigen Ziele verursachten jedoch auch einen erheblichen Finanzbedarf.
Von Anfang an fehlten notwendige Mittel, und so lautete das Motto Hilfe zur Selbsthilfe. Mit
diesem Aufruf wurden die Landsleute gebeten zu spenden und aktiv mitzuarbeiten. Um dem Sozialwerk
zusätzliche Einnahmen zu ermöglichen, startete man in Hohenberg eine Briefmarkenaktion.
Unter anderem wurden Spendenmarken angeboten, die dem Sozialwerk direkt zugute kamen. Sie zeigten ein
Bild des Sankt Georg von Prag mit der Aufschrift Hilfe zur Selbsthilfe. Sudetendeutsches
Sozialwerk e.V. .
1955 zogen erstmals pflegebedürftige Kinder aus dem Grenzland auf Burg Hohenberg ein.
Sie fanden dort nicht nur Erholung, sondern begegneten auch der Sudetendeutschen Jugend Oberfrankens,
die im Burggraben ihr erstes Zeltlager abhielt. Vielen ähnlichen Erlebnissen sind die Gründungen mancher
Gruppen der Sudetendeutschen Jugend zu verdanken.
Vor allem im Sommer war das Haus voll belegt.
Die Ferienaufenthalte dauerten vier Wochen und wurden ärztlich betreut. Das gesundheitliche Wohl
stand an erster Stelle, und man war bemüht, etwaige Ernährungsmängel auszugleichen. Es gab am Tag fünf
Mahlzeiten.
In einem Zeitungsbericht der Oberpfälzer Nachrichten vom 25. August 1956. wurde stolz
festgestellt, dass die Kinder während ihres Aufenthaltes durchschnittlich zwei bis sechs Kilogramm
zugenommen hatten.
Neben Teilnehmern aus Deutschland kamen auch Teilnehmer aus Österreich, Holland, Schottland und Irland
zu Kinder- und Jugendmaßnahmen, ebenso wie das Deutsch-Französische Jugendwerk.
Burg Hohenberg war auch ein Vertragsheim des Berliner Kinderhilfswerkes.
Um einen Aufenthalt für diese Kinder zu ermöglichen, spendeten die Städte Selb und Marktredwitz sowie
die früheren Landkreise Wunsiedel und Rehau.
1956 wurde in der dritten Etage des Fürstenhauses ein Behelfswohnheim für weibliche Flüchtlinge und
Spätaussiedler im Alter von 16 bis 24 Jahren eingerichtet.
Es wurden fünf Zimmer mit Mobiliar ausgestattet, um maximal 34 Jugendliche unterzubringen.
Es sollten nicht nur Unterkunft und Verpflegung gestellt, sondern auch der Eingliederungsprozess
durch das Sozialwerk aktiv gefördert werden. Ferner wollte man Lehr- und Arbeitsstellen in der Porzellan-
und Textilindustrie vermitteln.
Das Angebot wurde jedoch nicht ausreichend angenommen, worüber insbesondere Herbert Schmidt sehr
enttäuscht war.
Ebenfalls scheiterte die Idee der Einrichtung von schulischen Förderlehrgängen für spätausgesiedelte
Kinder.
Die Schulabteilung der Regierung von Oberfranken war bereit, die nichtstaatliche Unterrichtsanstalt
Burg Hohenberg anzuerkennen und das Gehalt für eine hauptamtliche Lehrkraft voll zu übernehmen.
Sie forderte jedoch eine Mindestzahl von 20 Schülern, aber leider gelang es dem Sozialwerk nicht,
diese Zahl zu erreichen.
Im Schuljahr 1961/1962 plante man, ein Schülerwohnheim einzurichten.
Trotz einer intensiven Vorbereitung, einer eigens dafür angestellten Kindergärtnerin und Werbung
konnten lediglich zwei Schüler für das Projekt gewonnen werden.
Nachdem der Versuch eines Schülerwohnheimes gescheitert war, wurde Burg Hohenberg zu einem
Schullandheim.
Die staatliche Mittelschule Herzogenaurach führte im Mai 1963 den ersten Schullandheimaufenthalt auf
der Burg durch. Schulklassen kamen aus der näheren Umgebung und zahlreich aus Berlin, da der Grenzübergang
Hof nur 50 Kilometer von der Burg entfernt war.
Schulklassen bildeten einen Großteil der Belegung.
Erstmals 1961 wurden Erwachsene zu einer Erholungsfreizeit auf Burg Hohenberg eingeladen. Bis dahin
erstreckte sich die Arbeit auf Burg Hohenberg vor allem auf die Kinder- und Jugendarbeit.
Ehepaare und alleinstehende Frauen und Männer wurden eingeladen, um bei guter heimischer Küche
und heimatnaher Atmosphäre mit Landsleuten Gemeinschaft zu erleben, zu musizieren,
Wanderungen durchzuführen, Vorträge anzuhören und gemeinsame Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen.
Wichtig waren dabei die Besuche an der Grenze, wobei viele Gäste wieder ein Stück Heimat sahen.
Ebenso gab es eine Weihnachtsfreizeit für alleinstehende Sudetendeutsche.
Einmal im Jahr wurden für zwei bzw. drei Wochen die Stockbetten im Fürstenhaus in normale Betten
umgebaut. Es fand dann eine sogenannte Altenfreizeit statt. Sämtliche Kosten für Übernachtung,
Verpflegung und Ausflüge wurden von der Burg Hohenberg übernommen.
Möglich machten das Stiftungen von wohlhabenden sudetendeutschen Landsleuten, die in ihrem Testament
ihr Vermögen der Erholung von Landsleuten aus ihrem Heimatbezirk zur Verfügung stellten.
Ausgeschrieben wurden solche Freizeiten z.B. für Landsleute aus Asch, Graslitz und Gablonz.
Alle Maßnahmen hatten eine gemeinschaftsbildende Wirkung zum Ziel.
Die Burg sollte zu einer Begegnungsstätte gesamtdeutschen Charakters im Sinne einer
volkspolitischen Akademie ausgebaut werden. Die geographische Lage schien dem Sozialwerk ideal als
Standort für Tagungen, in denen es um Ost-West-Probleme ging.
Verbänden und Organisationen, die sich lebendigen deutschen und europäischen Fragen öffnen
wollen, wurde die Burg als Tagungsstätte empfohlen.
Fast alle Veranstaltungen von Herbert Schmidt konnten unmittelbar mit der Grenze zum Osten in
Verbindung gebracht werden. Das Bewusstsein der Grenze zum Osten wurde nicht verdrängt oder vergessen,
sondern stand im Mittelpunkt der Geschehnisse.
Schmidt, selbst schwer kriegsgeschädigt, sah es als seine Aufgabe an, die Burg nicht nur im
historischen Sinn wieder aufzubauen, sondern sie zur Landeswarte der Sudetendeutschen werden zu
lassen. So führte Herbert Schmidt 1957 Grenzland-Tagungen durch.
Der Schwerpunkt dieser Tagungen lag darin, gesamtdeutsche Probleme aufzudecken, zu analysieren und zu
diskutieren. Die junge Demokratie sollte gefestigt werden, und anti-demokratische Einflüsse waren
abzuwehren.
Aus den Unterlagen ist nicht zu entnehmen, inwieweit diese Tagungen ein Erfolg waren.
Menschen, die nicht vertrieben wurden, fehlt der Erfahrungs- und Erlebnishintergrund, der hinter
diesen speziellen Themen steckt. Trotzdem waren die Grenzlandtagungen ein erster Versuch, Landsleute und
interessierte Einheimische auf der Burg zu versammeln und sich mit -- damals so genannten --
volkspolitischen Themen auseinanderzusetzen.
Im Mai 1959 wurde die Grenzlandakademie ins Leben gerufen.
Dazu wurde eigens ein Verein unter dem Namen Grenzlandakademie Burg Hohenberg e.V. gegründet.
Ihr Vorsitzender wurde Ing. Herbert Schmidt.
Die Grenzlandakademie war die Fortführung der Hohenberger Volkshochschulwochen. Diese wurden mit 80
Teilnehmern über 10 Tage durchgeführt und waren ein großer Erfolg. Die Grenzlandakademie veranstaltete
erfolgreich sechs Maßnahmen zur volks- und staatspolitischen Bildung.
Die Themen der Veranstaltungen könnte man zusammenfassend in geschichtsbetrachtende, volkskulturelle
und politische einteilen.
Nach dem Weggang von Herbert Schmidt im Jahre 1963 fanden diese Maßnahmen nicht mehr statt.
Die Grenzlandakademie veranstaltete im August 1961 erstmals Grenzlandspiele, die eine
kulturelle Ergänzung zum Programm darstellen sollten.
Die Regie der Spiele übernahm Dr. Reinhold Netolitzky, der mit der Bühne Der Morgenstern in
Hohenberg gastierte.
Das Programm der Spiele umfasste das überlieferte Paradeisspiel von Oberufer sowie
Libussa, ein Spätwerk von Franz Grillpanzer, und Drei Schwänke von Hans Sachs. Der
Bayerische Rundfunk berichtete über die Spiele.
Obwohl schon Überlegungen zur Programmgestaltung für 1962 angestellt wurden, konnte das Projekt auf
Grund fehlender finanzieller Absicherung nicht weitergeführt werden.
Um für Maßnahmen einen repräsentativen Raum zur Verfügung zu stellen, wurde der Grenzlandraum im
Fürstenhaus hergerichtet.
Professor Oskar Kreibich schuf ein buntes Wandbild, das die Vertreibung der Sudetendeutschen
darstellt. Leider wurde das Bild durch die Nachfolger von Schmidt und Hadina übermalt und ist heute nicht
mehr vorhanden.
Erhalten blieb aber die 1961 errichtete Glocke im Torturm, die an jedem 4. März -- dem
sudetendeutschen Tag der Selbstbestimmung -- in Erinnerung an die Ereignisse am 4. März 1919 und zu
verschiedenen Anlässen auch heute noch erklingt.
Für die Deutsche Jugend des Ostens (DJO) war Burg Hohenberg ein sogenanntes Beleghaus.
Es wurden Jugendleiterlehrgänge des Bezirksverbandes Oberfranken, des Landesverbandes Bayern und des
Bundesverbandes der DJO durchgeführt. Die Lehrgänge waren musisch-kultureller Art, sie betrafen die
Jugendpflege und setzten sich mit politischen Themen auseinander.
Daneben fanden regelmäßig Lehrgänge für die Betreuer der Kinderfreizeiten statt.
Am 10. Dezember 1957 pachtete die DJO den Burggraben als Zeltplatz.
Notwendige sanitäre Anlagen und Waschgelegenheiten mussten in einem Holzbau installiert werden.
Jährlich stellte man Großzelte auf, in denen insgesamt 70 bis 80 Jugendliche von Ende Juni bis Mitte
September untergebracht waren. Die Verpflegung wurde durch die Küche der Burg gesichert.
Insbesondere die Sudetendeutsche Jugend (SdJ) und die Egerlandjugend nutzten die Möglichkeit, an der
Grenze zum Egerland ihre Sommerfreizeiten zu verbringen.
Neben landsmannschaftlich organisierten Gruppen nutzten auch Sportgruppen und weitere Jugendgruppen
regelmäßig den Zeltplatz.
Im Jahr 1956 begann man, im Zuge des Wiederaufbaus der zerstörten Wehranlage den Gefängnisturm zu
einer Jugendherberge umzubauen.
In Folge der Kriegseinwirkungen war der gesamte Boden des Turmes eingebrochen. Bei den Arbeiten fand
man ein steinernes Taufbecken, das nach wissenschaftlichen Untersuchungen aus dem 12. oder 13. Jahrhundert
stammt. Es steht noch heute an der Eingangstür des Fürstenhauses.
Dank der Förderung durch den bayerischen Jugendherbergsverband konnte der Turm so ausgebaut werden,
dass dort 20 Gäste Platz fanden.
Am 20. Juni 1957 wurde die Jugendherberge offiziell eröffnet und in das Verzeichnis deutscher
Jugendherbergen im Bundesgebiet aufgenommen.
Die Jugendherberge wurde nach dem in Grulich geborenen Jugendherbergsvater Guido Rotter
benannt. Dieser gründete 1884 in Hohenelbe im Riesengebirge die erste Jugendherberge der Welt, die
allerdings noch den Titel Studentenherberge -- später Studenten- und Schülerherberge --
trug. Guido Rotter baute in ganz Böhmen, Mähren und Schlesien ein modernes Herbergswesen auf und förderte
entscheidend das Jugendwandern.
Leider spricht man heute fälschlich davon, dass Richard Schirrmann 1909 in Altena die erste
Jugendherberge der Welt einrichtete, und vergisst den Pionier des Herbergswesens.
Guido Rotter zu Ehren wurde am 3. September 1960 in einer Feierstunde eine Gedenktafel enthüllt. Die
Tafel befindet sich auch heute noch am Gefängnisturm, und bei jeder Burgführung wird auf die Verdienste
von Guido Rotter hingewiesen.
Siehe Bericht: Die Guido Rotter- Jugendherberge auf Burg Hohenberg
In den Jahren 1966/67 baute der Freistaat Bayern die Jugendherberge im Gefängnisturm weiter aus. Es wurden Waschgelegenheiten und sanitäre Anlagen geschaffen sowie die Kapazität von 20 auf 36 Plätze erweitert.
Die Übernachtungszahlen inkl. Zeltplatz beliefen sich bis 1974 mit erheblichen Schwankungen zwischen 6.500 und 13.500 Übernachtungen pro Jahr (Statistik ohne die ersten Jahre).
Nach fast neunjähriger Tätigkeit auf der Burg Hohenberg gab Ingrid Hadina im Jahr 1964 ihre Stelle
auf.
Ihr folgte am 1. Mai 1964 Edda Eichler, die seit September 1963 am Heiligenhof tätig war. Zusammen
mit ihrem Mann Lothar Gorßler leiteten beide die Burg bis 1974.
In ihre Zeit fielen der Umbau des Fürstenhauses im Jahr 1966/1967 und der bereits erwähnte Ausbau des
Gefängnisturmes. Aus Feuerschutzgründen musste die Holztreppe im Fürstenhaus einer Steintreppe weichen.
Der Übernachtungsbetrieb kam während der Umbauphase fast zum Erliegen.
In diese Zeit fielen die dramatischen Ereignisse des 21. August 1968. Russische Truppen sperrten die
tschechoslowakische Grenze ab.
Wie der damalige Geschäftsführer des SSBW Dieter Max häufig erzählte, bot die Burg in diesen Tagen
eine erste Anlaufstelle für tschechische und slowakische Flüchtlinge, die sich mit den Teilnehmern der
jährlichen Kinderfreizeit und der Zeltplatzbelegung die Burg teilten.
Der Grenzlandraum und die Jugendherberge wurden als Massenquartiere genutzt. Als Zeichen der
Solidarität mit dem tschechoslowakischen Volk wehte an diesen Tagen deren Nationalfahne im Burghof.
Unvergesslich die Worte eines geflohenen Offiziers, als er beim Abschied von der Burg sagte, dass er
es sich nie hätte träumen lassen, die erste Nacht in Freiheit in einer Revanchistenburg zu
verbringen.
Am 1. Juli 1974 übernahmen Hans Jürgen Rettinger und seine Frau Angelika die Leitung der Burg, wobei
er bis zum 31. März 1989 und sie bis zum 30. Juni 1989 blieben.
Burg Hohenberg war in den zurückliegenden Jahren immer mehr zu einer reinen Beherbergungsstätte von
Kindern und Jugendlichen geworden. Familie Rettinger versuchte, wieder aufzugreifen, was Herbert Schmidt
angeregt hatte: Information und Diskussion über die deutschen Ostgebiete.
Die Übernachtungszahlen inkl. Zeltplatz stiegen erneut an und erreichten bis zu 17.000
Übernachtungen.
Eine besondere Leistung der Familie Rettinger war die Steigerung der Zeltplatzbelegungen. Sie
stellten dafür ihre eigene Wiese direkt neben der Burg zur Verfügung.
Die Belegung erreichte jedoch nicht das notwendige Soll für einen ausgeglichenen Haushalt.
Ende 1979 lief der Pachtvertrag mit dem Freistaat Bayern aus, was eine langfristige Planung
erschwerte. Es dauerte Jahre, bis ein neuer Pachtvertrag abgeschlossen werden konnte.
Die mustergültige Gestaltung der Innenhofanlagen wurde im Jahr 1977 durch das Landratsamt in
Wunsiedel im Rahmen eines Wettbewerbes durch eine Ehrenurkunde gewürdigt.
1979 sperrten die Behörden aus feuerpolizeilichen Gründen den gesamten 3. Stock des Fürstenhauses.
Erst durch die aufwendige Montage einer Fluchttreppe, die sich an der Außenseite des Fürstenhauses
befindet, durch den Einbau einer Rauchabzugsanlage und die Montage einer Feueralarmanlage durften die
Zimmer wieder genutzt werden.
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