Wesentlich älter als der Heiligenhof ist der Gedanke, der mit seinem Ankauf verwirklicht wurde. Es kam darauf an, der jungen Generation einen Fleck Erde zu schaffen, der ihr Heimatboden werden sollte. Diese Idee lebte in einigen Landsleuten, denen das Schicksal dieser jungen Generation besonders am Herzen lag. Sie suchten lange -- und fanden schließlich im Heiligenhof das geeignete Objekt.
Der Weg vom Zeitpunkt des Findens bis zur ersten Einkehr sudetendeutscher Jugend im Heiligenhof war
lang und durchaus nicht leicht.
Den Ankauf ermöglichte eine hochherzige Spende der Norwegischen Europahilfe, die uns
Arne Torgersen vermittelte. Diese Mittel waren ursprünglich für die Beraufsausbildungsstätte in
Ingolstadt bestimmt. Arne Torgersen aber hielt sie uns auch noch zur Verfügung, als wir dieses Ziel
nicht zu erreichen vermochten.
Es sei deshalb hier darauf hingewiesen, was das zahlenmäßig kleine norwegische Volk in stiller Hilfsbereitschaft für die Linderung der Not in Westdeutschland getan. Leider ist es noch viel zu wenig bekannt. Odd Nansen, der Sohn des großen Polarforschers Fridtjof Nansen, ist der Leiter der Norwegischen Europahilfe. Arne Torgersen ist sein Sendbote in Deutschland. Er verteilt die Spenden nicht wahllos, sondern er weiß mit großer Menschenkenntnis zur richtigen Zeit an rechter Stelle einzugreifen.
Neben ihm half Staatssekretär Prof. Dr. Dr. Theodor Oberländer.
Und noch ein Freund unserer Arbeit sei genannt. Es ist Johannes Maurer, der aus der katholischen
Jugendbewegung kommt und sich vom ersten Tag, da Vertriebene nach Bayern kamen, hilfsbereit einsetzt.
Er hat auch beim Heiligenhof vermittelnd Pate gestanden. Doch alles Wohlwollen und selbst die große
Spende hätte niemals zu einem Heiligenhof geführt, wenn nicht der zähe Wille und die unbeugsame
Entschlossenheit einiger Landsleute hinter diesem Plan gestanden hätte. Ihre Namen haben keine
Bedeutung und seien deshalb hier auch nicht genannt. Aber wissen sollt ihr, junge Freunde des
Heiligenhofes, und erfahren, welche Schwierigkeiten überwunden werden mussten, welche Widerstände sich
auftürmten, bis es so weit war.
Ehe wir aber weiter berichten, sei allen den Genannten und Ungenannten an dieser Stelle unser
herzlichstes Dankeschön gesagt.
Und so wurde der Heiligenhof.
Aus der landsmannschaftlichen Arbeit heraus wurde das Sudetendeutsche Sozialwerk e. V.
gegründet. Es wurde zum Träger dieser ersten Ausbildungsstätte. Es kostete viel Mühe, die amtlichen
öffentlichen Stellen und die Führung der Landsmannschaft davon zu überzeugen, dass ein solches Werk aus
dem Nichts heraus geschaffen werden könne. Das Vertrauen unseres Freundes Torgersen, der bedingungslos
die Spende für den Ankauf zur Verfügung stellte, brach schließlich den Bann und half, die größten
Schwierigkeiten zu überwinden. Inzwischen hat die Verwaltung gezeigt, dass durch unermüdliche Werbung
Freunde gewonnen und in mühseliger Kleinarbeit die Mittel aus vielen Einzelspenden für den weiteren
Ausbau gesichert werden können.
Natürlich ist heute noch lange nicht alles so, wie es einmal sein soll. Das Wichtigste aber ist
erreicht: Der Heiligenhof arbeitet. Und diese seine Arbeit und ihre bisher gezeitigten Erfolge sind
Kraftquell und Ansporn für alle, die an seinem Werden beteiligt waren, in ihren Bemühungen nicht
nachzulassen.
Der Heiligenhof soll das Tor in ein neues Leben werden.
Dieses Wort wird für manche etwas hochtrabend klingen. Zumindest für die, die noch nicht oben
waren. Wer aber einmal den Frieden dieses Erdenwinkels erlebt hat und im Hause nur Menschen begegnet
ist, der weiß, welcher Wandel sich dort im Innern anbahnt und manchmal auch vollzieht.
Eine Flut von Verleumdungen schlug gegen die Landsmannschaft und die Sudetendeutsche Jugend. Der Heiligenhof ist die Antwort darauf. Und der ist fest gebaut -- an ihm wird diese Flut zerschellen.
Der Glaube an des Werk hat Freunde für die Sache geworben, Geldgeber überzeugt, Landsleute und Öffentlichkeit zur Mitarbeit aufgerufen. Noch ist der Bestand in die Zukunft nicht voll gesichert. Es wird noch vieler Helfer bedürfen, um das Werk zur Vollendung zu führen. Aber alle haben guten Mut und sind fest entschlossen, alles an das restlose Gelingen des Werkes zu setzen.
Vor einem Jahr konnte der Heiligenhof der Jugend übergeben werden. Heute dürfen wir es sagen: Diese Jugend hat im selben Geist und mit derselben Begeisterung weiter geschafft.
Über dem Tor steht ein Schild: Sudetendeutsche Heimstätte der Europäischen Jugend.
-- Diese Widmung ist sehr ernst gemeint. Die Europäische Jugend hat auch schon Einzug gehalten.
Franzosen, Finnen und andere weilten hier als Gäste. Und wenn sich heute in Frankreich Stimmen für das
Sudetendeutschtum regen, dann können sie als Auswirkung dieser Besuche gewertet werden.
In der Deutschen Jugend des Ostens hat sich die landsmannschaftliche Jugend aller
Volksgruppen zusammengefunden und in immer stärkerem Maße wächst auch die Jugend Binnendeutschlands in
diese Gemeinschaft hinein. Die Deutsche Jugend des Ostens ist schon längst am Heiligenhof zu Hause und
betrachtet das Heim als ihren geistigen Mittelpunkt.
Kann über einem solchen Werk ein anderes Wort stehen als Toleranz? Und kann nicht nur so, nämlich
in der Achtung vor dem anderen Menschen und der ehrlichen anderen Überzeugung, der Weg in ein Europa
gefunden werden?
Der Heiligenhof will jeden das bleiben lassen, was er seiner Herkunft, der Überlieferung, aus der er gewachsen ist, nach bleiben will und wohl auch muss. Er will nur dazu beitragen, dass jeder zunächst sich selber erkennt und sich in den andern sucht und findet. So wird das Haus der Anstoß und das Tor für den Weg zum eigenen Ich in gleicher Weise wie für den Weg in die Gemeinschaft.
Europa wird im Herzen junger Menschen lebendig. Es ist nicht nur eine Union von Nationen, es ist das gemeinsame Werk aller europäischen Völker. In der Begegnung mit der Jugend dieser Völker ihren Wert, aber auch den Wert des eigenen Volkes zu erkennen soll eines der Ziele der Arbeit des Heiligenhofes sein. Dieses deutsche Volk in seiner natürlichen, landschaftlichen Gliederung zum ebenbürtigen Partner der anderen Völker werden und wachsen zu lassen, sei das andere. Diesen erzieherischen Arbeiten ist diese Heimatstätte gewidmet.
Sepp Großschmidt
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