Herausgegeben vom Sudetendeutschen Sozialwerk e.V.
Zusammengestellt vom Arbeitskreis Sudetendeutscher Studenten
Hochschulgruppe München
Das Titelblatt zeigt das Denkmal der Prager deutschen Studenten, das zur Feier des 500-jährigen Bestehens der Prager Karls-Universität im Jahre 1848 im Clementinum errichtet wurde.
Es wurde von Prof. Max Geyer, Prag-Regensburg gezeichnet.
Verantwortlich für den Inhalt: Günther Drescher München, Wolfgang Egerter Landshut-Altdorf
Liebe sudetendeutsche Abiturientin,
lieber sudetendeutscher Abiturient!
Die erste Hürde Ihrer studentischen Laufbahn liegt hinter Ihnen. Das Abitur haben Sie bestanden. Auch
für Sie ist nun die Zeit gekommen, wo Sie sich die Frage stellen müssen: „Was soll ich nun tun?“
Die Entscheidung, heute das Studium zu wählen, fällt uns als Heimatvertriebene nicht allzu leicht. Und doch
sollte man wohl zunächst alle Wege und Möglichkeiten in Erwägung ziehen, ehe man die ganze Sache einfach
aus finanziellen Gründen abtut.
Als heimatvertriebene Volksgruppe können wir es uns heute auf keinen Fall leisten, unsere besten
Kräfte zu vergeuden. Daher sollte ein jeder, der die Fähigkeiten dazu besitzt, den Weg zum Studium wählen,
und mag es zunächst auch noch so schwer sein.
Wenn Sie sich nun entschließen, an einer der Münchener Hochschulen zu studieren, so soll Ihnen dieser
kleine Studienberater helfen, Ihre ersten Tage an der Hochschule zu erleichtern. Kollegen der
Hochschulgruppe München im Arbeitskreis Sudetendeutscher Studenten haben diese Broschüre für Sie auf Grund
eigener Erfahrungen zusammengestellt. Wir erheben dabei durchaus keinen Anspruch auf absolute
Vollständigkeit.
Genauere Auskunft und Einzelheiten erhalten Sie aus dem, den Einschreibungspapieren beiliegenden
Wegweiser, vom Studienberater des Studentenwerkes und nicht zuletzt auch durch unseren Beratungsdienst,
den wir mit Beginn der Einschreibungen zu jedem Semester in der Geschäftsstelle der Sudetendeutschen
Landsmannschaft München, Karlsplatz 11/II, Abt. Kultur und Volksbildung, abhalten.
Bevor Sie sich nun aber eingehend mit diesem Heftchen befassen, erlauben Sie, daß wir uns kurz
vorstellen.
Mit Beginn des Wintersemesters 52/53 fanden sich auf Münchener Hochschulboden eine Anzahl
sudetendeutscher Studentinnen und Studenten zum Arbeitskreis Sudetendeutscher Studenten zusammen. Unser
Arbeitskreis ist nun bestrebt, all die sudetendeutschen Kollegen für seine Arbeit zu interessieren, die
sich von keiner der bestehenden studentischen Verbindungen oder Korporationen angesprochen fühlen, ohne
daß wir auch nur im geringsten in irgendeinem Gegensatz zu diesen stehen. Im Gegenteil erklären wir uns
bereit, auf der Ebene eines Dachverbandes mit den anderen sudetendeutschen Korporationen und Verbindungen
auf das engste zusammen zu arbeiten. Unsere Arbeit ist interkonfessionell und überparteilich.
Zum Schluß erlauben wir uns nun, Sie zu den Abenden unseres Kreises recht herzlich einzuladen. Beachten Sie bitte unsere Anschläge am schwarzen Brett der Universität wie an dem der Technischen Hochschule und teilen Sie uns Ihre Sorgen und Nöte mit. Wir werden bemüht sein, Ihnen in jeder Beziehung zu helfen. Unsere Anschrift lautet:
Arbeitskreis Sudetendeutscher Studenten
Hochschulgruppe München
München 22, Herzog-Rudolf-Straße 22/I.
Und nun einen guten Start für Ihr erstes Semester in München!
Wolfgang Egerter | Günther Drescher |
Beabsichtigt ein Abiturient an einer der Münchener Hochschulen (Universität, Technische Hochschule, Polytechnikum, Akademie für bildende Künste etc.) zu studieren, so benötigt er zunächst von dieser Hochschule eine Zulassung zum Studium. Diese erhält er, wenn er die für ihn in Frage kommende Hochschule angeschrieben und die von ihr verlangten Unterlagen eingesandt hat (Reifezeugnis etc.). Gleichzeitig mit der Zulassung wird ihm der Termin der Einschreibung bekanntgegeben. Da für die Neueinschreibungen in der Regel mehrere Tage benötigt werden, ist es ratsam, diese bereits in den ersten Tagen vorzunehmen. Dadurch wird auch langes Anstehen und Warten vermieden.
Folgende Einschreibungstechnik gilt für die Universität. Sie ist an anderen Hochschulen gleich oder ähnlich: Auf Grund des Zulassungsschreibens erhält man an der Universität die Unterlagen zur Einschreibung. Nachdem die Aufnahmegebühren (DM 25.-) bezahlt sind, benötigt der Student einen Wohnungsnachweis, der beim akademischen Wohnungsamt in der Türkenstraße 58/I erhältlich ist. Diesen gibt man dann gemeinsam mit den anderen Papieren bei der Universität ab. Alles Weitere erfährt der Student durch den Wegweiser, der den Einschreibungspapieren beiliegt.
Sozial schlecht gestellte Studenten haben im Laufe ihres Studiums weitgehend die Möglichkeit, Ermäßigungen, Beihilfen und andere Unterstützungen zu erlangen. Grundsätzlich gibt es jedoch im ersten Semester keine Beihilfen. Eine Ausnahme bildet das sogenannte Hundhammerstipendium, das vom Notendurchschnitt des Reifezeugnisses abhängt. Hierüber können die Rektoren der Schulen Auskunft geben.
Bereits im 2. Semester besteht die Möglichkeit, ein Gesuch auf Hörgelderlaß einzureichen. Dazu ist es notwendig, am Ende des ersten Semesters Hörgeldprüfungen über mindestens 6 Wochenstunden bei 2 verschiedenen Professoren abzulegen. Der Notendurchschnitt und die sozialen Verhältnisse entscheiden über die Höhe der Ermäßigung. Die Meldungen zur Hörgeldprüfung erfolgen in der Regel in der 2. Hälfte des Semesters und werden am schwarzen Brett ausgeschrieben.
Stipendien: Für jegliche Art von Stipendien ist eine Stipendienprüfung notwendig. Diese wird
jeweils im Dezember über 12 Wochenstunden des vergangenen Semesters abgelegt. Die Stipendienprüfung gilt
gleichzeitig als Hörgeldprüfung für 2 Semester.
Sowohl zur Erlangung von Hörgelderlaß, als auch für alle anderen Förderungen benötigt der Student einen
Förderungsausweis. Dieser ist nach Vorlage des Studentenausweises, des Flüchtlingsausweises (ist bei
jedem Antrag, selbst bei der Einschreibung, vorzuzeigen!) und eines Vermögenszeugnisses im Studentenwerk in
der Türkenstraße 58, Abt. Förderung, erhältlich.
Ausbildungsbeihilfe: Ausbildungsbeihilfen auf Grund des Lastenausgleichsgesetzes können von Studenten mittlerer und höherer Semester beim Studentenwerk beantragt werden. Anfangssemester werden in der Regel nicht berücksichtigt. Trotzdem kann geraten werden, schon im 1. Semester (und das gilt für alle anderen Förderungsanträge) Anträge zu stellen. Nähere Auskunft erteilt das Studentenwerk, Abteilung Förderung.
Freitischmarken: Jeder bedürftige Studierende hat die Möglichkeit, im Studentenwerk, Abt. Förderung, Freitischmarken zu beantragen. Gegen Einlösung dieser Marken erhält man in der Mensa der Universität (Hofgebäude des Haus des Rechts, Ludwigstraße) ein vollständiges Mittagessen. Auch hierbei ist der Nachweis über die abgelegte Hörgeld- bzw. Stipendienprüfung notwendig.
Buchkarte: Nach einer Vereinbarung mit einer großen Anzahl von Verlagen und dem Buchhandel können sozial minderbemittelte Studenten Lernmittel zu ermäßigten Preisen beziehen. Zu diesem Zweck wird in der Bücherei des Studentenwerkes Türkenstraße eine Buchkarte ausgestellt. Die Ermäßigung bei Vorlage dieser Buchkarte beträgt 10-15%.
Arbeitsvermittlung: Eine große Anzahl der Studierenden ist heute gezwungen, als Werkstudent das Studium zu finanzieren. Da es erfahrungsgemäß für die Studenten sehr schwer ist, günstige Arbeitsplätze zu bekommen, sollen im folgenden einige Hinweise darüber gegeben werden. Im Studentenwerk ist eine Abteilung Arbeitsvermittlung eingerichtet, die dem Studenten Arbeit vermittelt. Durch den Schnelldienst besteht die Möglichkeit, Stundenarbeit zu übernehmen.
Die Geschäftsstellen des Hauptverbandes der SL beschäftigen ebenfalls bei Bedarf Studenten. Interessenten hierfür werden gebeten, ihre Anschrift am Studienort der Geschäftsstelle der SL bekanntzugeben.
Die Abteilung Arbeitsvermittlung im Studentenwerk vermittelt den Studierenden auch während der
Ferien längere Arbeitsverhältnisse.
Studenten, die aus der Jugendarbeit kommen bzw. daran interessiert sind, können durch das
Studenten-Ferien-Arbeitsprogramm während der Ferien den verschiedenen Jugendorganisationen oder
Dienststellen, die sich mit Jugendpflege und Jugendarbeit befassen, zugewiesen werden.
Eine besondere Schwierigkeit für den Studierenden bildet die Wohnungsfrage. Um ein Zimmer am Studienort zu bekommen, werden folgende Ratschläge gegeben:
Bibliothek des Studentenwerkes mit Lesesaal (Türkenstraße 58/0)
Bibliotheken der einzelnen Hochschulen (mit Lesesälen)
Instituts- und Seminarbibliotheken (Präsensbibliotheken)
Staatsbibliothek (Ludwigstraße) mit Lesesälen, Semesterkarten DM 3.-
Museumsbibliothek im Deutschen Museum (Nat.-wiss. Abt.) (mit Lesesälen)
Bibliothek des Bayr. Lehrervereins, Bavariaring. Jahreskarten für Studierende, in der Hauptsache für Lehramtskandidaten
Bibliothek des Amerikahauses (Arcisstraße)
Auskunft über die Ausleiheregeln erteilen die einzelnen Bibliotheken.
Theater- und Konzertkarten:
Gegen Vorweisen des Studentenausweises (auch des vorläufigen bei Erstsemestern) erhalten die
Studierenden verbilligte Eintrittskarten zu Theateraufführungen und Konzerten:
Residenztheater | DM 1.25 |
Kammerspiele im Schauspielhaus | DM 1.05 |
Kleine Komödie | DM 2.00 |
Theater am Gärtnerplatz (Operette) | DM 2.20 |
Prinzregententheater (Oper) | DM 2.30 |
Kleine Freiheit | DM 1.60 |
Konzerte in der Aula der Universität | DM 1.05 |
Karten sind an der Abendkasse kurz vor Beginn der Vorstellung oder in der Baracke des Asta (im Hof des Hauses des Rechts, neben der Mensa) bis jeweils Dienstags vormittag erhältlich.
Ungefähre Kosten des Studiums:
Einen ungefähren Kostenvoranschlag für das Studium zu geben, ist sehr schwer.
Die Vorlesungsgebühren
für ein Semester setzen sich an der Universität aus den Grundgebühren (DM 65.-) und DM 3.- für jede belegte
Wochenstunde zusammen. Die Gebühren für Seminare, Kurse und Praktika sind meist höher, daher sind die
Unterschiede entsprechend der Fachrichtung ziemlich groß. So kann man die Kosten für ein Semester in der
jur., staatswiss., phil. und theol. Fakultät mit durchschnittlich DM 120.- angeben, während ein Semester in
der naturwiss. bzw. med., tiermed. Fakultät höher veranschlagt werden muß, da hier Kurse, Praktika etc.
nachgewiesen werden müssen.
Davon kann ein Erlaß auf Grund eines Antrages und vorher abgelegter Hörgeldprüfung (siehe oben) von
1/4 his 4/4 möglich sein.
Dazu kommen pro Semester die Aufnahme- bzw. Einschreibgebühren von DM 25.- bzw. DM 30.-.
Die Ausgaben für Lehr- und Lernmittel richten sich weitgehend nach der Studienrichtung. Eine
weitgehende Hilfe bieten hier die öffentlichen Büchereien, Bibliotheken und Lesesäle.
Auch die Mietpreise sind sehr verschieden. Im Durchschnitt wird man mit DM 35.- bis DM 40.- rechnen müssen. Liegt die Wohnung nicht in der Nähe der Hochschule und steht dem Studierenden kein Rad zur Verfügung, dann empfiehlt es sich, eine Hochschulkarte für die Straßenhahn zu kaufen, die monatlich DM 6.- kostet.
Einen Durchschnittssatz für die monatlichen Lebenshaltungskosten anzugeben, erübrigt sich wohl, da hier jeder nach eigenem Ermessen eine Durchschnittssumme ansetzen kann.
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