Die Wewelsburg

Die Burg hatte aus mehreren Gründen für die Jungenschaft Nordrhein/Westfalens große Anziehungskraft.

Da sie -- romantisch gelegen -- auch als Jugendherberge diente, war sie solange Lois Spach, der erste Landesjungenschaftsführer in NRW, dort als Heimleiter wirkte, in den Jahren 1957 – 59 Treffpunkt für einige gut besuchte Landeslager.

Zum Beispiel:


Landessommerlager NRW 1957

(Aus "FAHNE UND ZELT")


Fahrt an die Zonengrenze

Das Kaminfeuer tief im Keller der Wewelsburg verbreitet rötliches Halbdunkel und beißenden Qualm.
Zwölf Jungen starren nachdenklich in die Glut. Ihre Gedanken sind schon auf Fahrt, auf Trampfahrt zur Burg Ludwigstein.

Wir denken an die Grenze, die Thüringen von Hessen, Mittel- von Westdeutschland trennt. Wir denken an die Burg, die eine Gedenkstätte für die gefallenen Wandervögel ist und schon seit Jahrzehnten den geistigen Mittelpunkt der Jugendbewegung darstellt, Mittlerin zwischen der alten Wandervogelgeneration und den Nachkriegsbünden.

Der folgende Tag sieht ein Wettrennen der Trampgefährten. Da brausen zwei in einem dicken Mercedes vorbei, überholen einen nach dem anderen. Höhnisches Grinsen bei den einen, drohende Fäuste bei den anderen.

Am Nachmittag sind wir wieder alle vereint.
Jeder erzählt von seinem Erlebnis mit Fahrer und Fahrzeug. Mensch, der ist gefahren! Immer hundert Sachen drauf. (Stimmt gar nicht). Vom Dreirad über den Flüchtlings-Porsche (Lloyd) bis zum Achtzylinder-BMW kommt alles vor.

Bald sitzt eine lange, graubehemdete Reihe Jungen auf der Burgmauer und sieht den germanenschwofenden Gruppen der Europa-Jugend zu. Schweden und Dänen in handgewebten Trachten, ein neues, uns völlig ungewohntes Bild. Zwei Kameraden fortgeschrittenen Alters sollen sich sogar zweimal, wenn nicht gar dreimal nach den hübschen Schwedinnen umgesehen haben. So etwas!

Am Abend sitzen dreizehn Mann ums Feuer.
Wir haben Zuwachs bekommen. Der Dreizehnte im Bunde ist ein betagter Wandervogel, der uns von der alten Jugendbewegung erzählt, von Führern der bündischen Zeit, von Leben, Glauben und Sitten der Germanen. Schon hat er seinen Spitznamen weg: Alter Germane.
Um Mitternacht liegen dreizehn müde Krieger um das Feuer und schlafen den Schlaf der Gerechten. über sich nur Sterne (anfangs) und Regenwolken (später).

Um fünf Uhr morgens soll uns ein Bad in der Werra erfrischen. Als einige von uns zögern, springt der Alte Germane allen voran. Wir folgen etwas beschämt.
Nachdem sich alle fertiggemacht haben, gehen wir zur Grenze. Erregte Gespräche. Unmittelbar an der Grenze, dicht an der thüringischen Burg Hanstein, singen wir unser Lied:

Und wieder ist Notzeit zu tragen,
sind Menschen ohn‘ Heimat und Haus;
und wieder erhebt sich ein Fragen:
Was führt aus dem Dunkel heraus?

Jeder hängt seinen Gedanken nach.

 

Halt, Zonengrenze! -- Dahinter liegt die Burg Lanstein, schon drüben in Thüringen.
--------------------

 
Einer ist in Thüringen, dicht an der Grenze beheimatet. Schweigend geht es wieder zum Ludwigstein zurück.

Im Weiheraum der Burg treffen wir uns bei alten Fahnen und Wimpeln der Wandervogel-, Pfadfinder- und Jungenschaftsgruppen zu einer kurzen Feier.
Wir singen. Dann herrscht Stille. Drückende Stille. Es ist, als hörte man die Stimmen der Wandervögel aus längst vergangener Zeit.
Wir denken an die Gefallenen der Weltkriege. Einer spricht von ihnen, und von uns. Er nennt unsere Aufgabe, knüpft ein Band von dem Gewesenen zu uns. Ein anderer spricht von der Kameradschaft.
Wir haben ein Erbe übernommen.

Am Feuer erzählt uns der Alte Germane von Skandinavien, von dessen Wäldern und Menschen. Er spricht von Friedhöfen aus dem letzten Krieg. Bald steht ein Entschluss fest:
Wir fahren nächstes Jahr mit mehreren Kohtengemeinschaften nach Norwegen . . .
Und der Alte Germane wird uns im kommenden Winter geistig darauf vorbereiten.

Er erzählt immer weiter und es zeigt sich, dass wir Großstadtmenschen zuhören können, Stundenlang.
Wir hören von vergangenen Zeiten, von Ausgrabungen, Bäumen und Tieren, und wir stehen fassungslos vor der Kraft dieses alten jungen Mannes, die auf uns ausstrahlt. Mancher mag denken: Wenn ich einmal so alt und so jung sein werde!

Am nächsten Tage stehen wir wieder auf der Landstraße und winken den Autofahrern. Zurück zum Lager an der Wewelsburg.


Mit Ross und Wagen

Was würdet ihr tun, wenn euch vom eigenen Landesjungenschaftsführer, der in der Nähe des eigenen Lagers zugleich als ziemlich junger Herbergsvater tätig ist, wenn euch von diesem und zweien seiner Herbergshelfern die Jurte über dem Kopf zusammengerissen wird, ohne dass die gute Lagerwache aufwacht? - - -

Wir haben das Wachzelt zu einem nichtswürdigen Häufchen Kohtenbahnen verarbeitet.
Was aber fangen vier Jungenschaftler mit der angebrochenen Nacht an? Schlafen? Nein, wir sind nun einmal munter. Der lange Eckehard gibt das Stichwort: „DPSG-Lager!"

Ohne viele Worte ziehen wir los.
Nach drei Kilometern Fußmarsch sind wir nahe am Lager. Alfred schleicht vor, meldet: „Keine Wache“. Wir auf dem Grasweg hin zu den Zelten.
Schon geht die Arbeit los.
Erst klappt das Führerzelt zusammen. Wir verschwinden. Hinter uns rührt sich nichts. Also nochmals vor.
Da liegt auch schon das Küchenzelt. Scheppernd fallen Kessel, Milchkannen und Gaskocher über die Propangasflaschen. Wozu auch der Luxus? Wir türmen zum zweiten Male.
Aber es bleibt ruhig hinter uns, wie vorher. Da treibt uns auch Eckehard schon wieder zurück: „Erst das Versammlungszelt, dann das rechte große Mannschaftszelt!"
Auch diese beiden Zelte sacken in sich zusammen.

„Männer", sagt Alfred, „So viele eingefallene Zelte in einer Nacht habe ich noch nie gesehen!" „Mund halten! Auf, los, verschwinden!", zischt Eckehard. Jetzt aber die Beine in die Hand genommen! Das ganze Lager ist rebellisch. Auf großen Umwegen erreichen wir einzeln unsere Zelte. - - -

Um neun Uhr stehen drei geknickte Gestalten vor ihrem Lagerchef.
Der spielt Vulkanausbruch.

Nachdem sich Guntram wieder abgeregt hat, melden sich Reinhard und Gerd; sie wollen uns drei übriggebliebenen bei Alfreds Befreiung helfen, wenn er bis Mittag nicht eingetroffen ist.
Ja, der Alfred ist den Pfadfindern vermutlich in die Finger und in Gefangenschaft geraten. - - -

Die Kirchturmuhr schlägt zwölf. Fünf Jungenschaftler verlassen das Lager. Ihre Mienen sind finster. Gerd, der Judokämpfer, erklärt genau. wie er die Schwächlinge zusammenschlagen wird.
Große Worte!
Als er noch in weitere Einzelheiten ausschweifen will, fährt ihn Eckehard an: „Hör auf zu prahlen, du Stier! überleg lieber, wie wir fünfe bei helllichtem Tage Alfred befreien oder Geiseln machen sollen! Wir stehen immerhin gegen vierzig Mann!"

Jetzt wird auch Gerd nachdenklich; „Fast unmöglich", meint er.
„Fast", bestätigt Dieter, „aber nur fast"; denn er hat schon einen Plan.

Vor einigen Tagen hatte Dieter nämlich Erntehilfe geleistet.
Dabei hatte ihm der Bauer versprochen, ihm ein Pferd zum Reiten für ein paar Stunden zu leihen. Wenn Dieter jetzt - - -

Da ist er schon weg. Hin zum Bauern.
Der borgt ihm tatsächlich das Pferd, dazu auch einen Wagen und einige alte Klamotten. Dieter wechselt sein Grauhemd gegen ein gewöhnliches kariertes Hemd, zieht die alten Klamotten über und schon fährt er los. Direkt ins Pfadfinderlager.

Die Lagerwache geleitet ihn zum Lagerleiter.
Der hält unseren Dieter für einen Bauernsohn aus dem Orte, und auf Dieters Frage, ob er wohl zwei Pfadfinder zur Erntehilfe haben könnte, weil wir unser Korn schnell einfahren müssen, denn es wird Regen geben, sagt der gute Mensch von Pfadfinderführer nur: "Allzeit bereit!"

Fünf Minuten später fährt Dieter, mit zwei stämmigen Pfadfindern auf dem Wagen, hin zur Feldscheune, wo die anderen vier Jungenschaftler auf ihn warten.
Die beiden Pfadfinder werden zu Geiseln erklärt, und Gerd tut Dieters gelungenen Streich mit der Bemerkung ab: „Da sieht man wieder: die dümmsten Bauern und die dicksten Kartoffeln“.

Eine halbe Stunde später fährt der Wagen mit den Geiseln im Triumph durchs Lagertor.

Plötzlich aber stößt Eckehard dem Dieter in die Rippen, so dass dieser fast vom Wagen fällt: „Datt di de Hammer slo, dat is doch de Alfred!"
Jawohl, Alfred war inzwischen freigelassen worden.

Nun gab es Abendbrot, und die beiden Pfadfinder hielten tüchtig mit, ehe sie sich auf den Heimweg machten.
Sie besuchten uns noch manchmal, denn wir haben das Kriegsbeil begraben.


Den Alten Gesundheit gewünscht

Der Regen prasselt schon seit Tagen auf unsere Zelte, das Stroh wird klamm und die Luft ist dick.

Abends sitzt die Führerschaft um das Kohtenfeuer.
Schwere Probleme werden gewälzt:
Wie kann man das Wetter ändern? -- Was unternehmen wir morgen mit unseren Jungen? -- Ist unsere Jungenschaft auf dem richtigen Wege? -- Verhältnis gemischte Gruppen und Jungenschaft? -- Ist unsere Führerschaft in Ordnung?

Das Wasser im Hordenpott über dem Feuer summt, und ein wohliges Gefühl durchrieselt uns alle. Wir sprechen vom Ludwigstein, seiner Bedeutung für die Jugendbewegung. Der Hohe Meißner und die Grundsätze der Jugendbewegung werden im Gedächtnis wach.

Einer holt das Scharheft hervor, liest den genauen Wortlaut: „ . . . mit innerer Wahrhaftigkeit vor eigener Verantwortung gestalten . . .

Da kocht das Wasser im Kessel. Alles steht bereit - Tee, Zucker, Honig. Und plötzlich -- er liest gerade den Nachsatz der Grundsätze:
. . . alle unsere Veranstaltungen sind alkohol- und nikotinfrei . . . -- knallt es in einer Ecke zweimal.
Die Führer blicken sich um. Sie sehen, wie zwei Kameraden je eine Flasche in der Hand halten, deren Inhalt nicht nach Himbeersaft riecht.

Betretenes Schweigen - - -

Dann die zaghafte Stimme aus dem Hintergrund: „ . . . ich dachte halt, weil wir so schlechtes Wetter haben und wir doch auch schon älter sind, könnten wir uns einen kräftigen Grog brauen".

Die Begründung ist mager, sie findet keinen Anklang in der Runde. Jeder druckst herum. Dann findet einer die Worte: „Kameraden, die Grundsätze der Jugendbewegung sollten uns keine leeren Worte sein. Gerade wir als Führer einer jungen Gemeinschaft müssen sie achten und als einen Teil unserer Aufgabe betrachten".

Die Flaschen werden wieder verstöpselt. Der Zitronenpunsch schmeckt ausgezeichnet, und das Gespräch wird lebhaft fortgesetzt. - - -

Groß ist die Freude der Männer im Altersheim des Dorfes, als am nächsten Tag ein Junge den alten Veteranen zwei Flaschen auf den Tisch stellt und ihnen Gesundheit und Frohsinn wünscht.


Lagerwettbewerb

Zweige mit Blättern, Zapfen, Knochen, Federn und lebende Tiere sollten herangebracht werden. Quälen der Tiere war bei Todesstrafe verboten.
Wie ein Bienenschwarm wirbelten die 35 Jungen durcheinander. Beinahe wurde der Versuch unternommen, jemanden umzubringen, um schnellstens zu Knochen zu kommen. Vier Stunden Zeit waren gegeben. Los ging die wilde Jagd.

Auf einem Felde lagen einige auf ihren Bäuchen, um Mäuse zu greifen. Bald erfanden sie eine andere Methode: nacheinander hoben sie die Hocken hoch, unter denen meistens Mäuse sitzen: Die Sammlung füllte sich.

Frage: Wohin mit den Mäusen? Ganz einfach!: In die Brusttaschen natürlich! Und wenn die voll sind? dann in die Hosentaschen. Die Taschen mit einer Hand zuhalten.

Eine andere Abteilung ging auf Schlangenjagd, andere zu den Bauern, um sich Igel zu holen.
Begabte sammelten Federn, Tierkadaver und zentnerweise Knochen, an deren Verarbeitung eine Seifenfabrik tagelang zu tun gehabt hätte.

Ein Witzbold kam mit einem -- hoffentlich nicht geklauten! -- Fahrradknochen an.

Das interessanteste Viech war ein gefangener Rabe; es könnte vielleicht auch eine Krähe gewesen sein.

Es soll sogar versucht worden sein, Pfadfinder zu fangen.
Die zeigten sich aber gar nicht geneigt, unseren edlen Absichten entgegenzukommen. Also ging das schief. Als Ersatz wurden Eidechsen, Frösche, Kröten, Regenwürmer und Gänse vom Nachbarn mitgebracht.

 

Singstunde unter einer alten Linde
--------------------


Marschzahl 12

Nach dem Frühstück erhalten die Kohtenführer den Auftrag, mit ihren Jungen nach der Marschzahl 12 auszuziehen und eine alte Wasserburg ausfindig zu machen. Die Entfernung soll rund zehn Kilometer betragen.

„Ihr unternehmt einen Spaziergang, zeichnet unterwegs den Grundriss der Burg, und kommt wieder zurück".

Ein Blitzmerker kommt auf die Idee, zu trampen. So machen wir uns zu zweien auf den Weg. Wir richten unser Museumsstück, der Besitzer nennt es stolz Kompass, und marschieren in Richtung Büren.

Nach geraumer Zeit hält ein vornehmer PKW. Übrigens, die Jungenschaft fährt nur mit erstklassigen Wagen. Der Fahrer, ein freundlicher Mitteleuropäer, nimmt uns bis nach Büren mit.
Dort angekommen, tigern wir zwei Stunden kreuz und quer durch die Stadt, um etwas über die Reste einer Wasserburg zu erfahren.

Das Wasser muss wohl aber inzwischen verdunstet sein, denn nach zweieinhalb Stunden wissen wir, dass es bei Büren keine Wasserburg, auch keine alte, gibt. Man verweist uns nach Salzkotten.
Das heißt auf gut deutsch: zurück, in entgegengesetzter Richtung weiter.

Der Kompass streikt. Dem scheint die Hitze zu schaden.
Gegen Nachmittag erreichen wir das bewusste Gemäuer. Burg ist wohl etwas übertrieben gesagt. Wir spielen fünfzehn Minuten lang Picasso und skizzieren im Schnellverfahren die Reste vergangener Zeiten.
Dann geht es wieder zurück, und zwar carracho.

Gegen Abend erreichen wir siegesgewiss und todmüde das Lager.
Zu unserer besonderen Freude wird uns dann vom Lagerführer höchstpersönlich mitgeteilt, dass wir alle die falsche Burg angepeilt haben.

Wirklich eine Höchstleistung: von 30 ausgezogenen1) Jungenschaftlern fand keiner die richtige Burg!
Mit einem Fluch auf sämtliche Burgen, Kompasse und Lagerführer stürzen wir uns dann auf das Abendessen.

1) Stell dir mal 30 ausgezogene Jungenschaftler vor!


Der Bahnhofsvorsteher wusste nichts

Am Nachmittag sollte der Lagerzirkus steigen.
Alles sollte sich vorbereiten, etwas auf die Beine bringen. Überall Jubel, Trubel, Heiterkeit. Und die Vorbereitungen nehmen kein Ende. Den Lagerführern will man's zeigen!

Da -- Besuch bei der Lagerführung.
Ein Späher-Anwärter will wissen, wann denn der Lagerzirkus kommt.
Die Angesprochenen grinsen (aber nur ganz innerlich) und denken: Benimmt sich wie so'n gemischter Grüppling! Keine Ahnung von Ackerbau und Viehzucht!

Wir ihn die steile Böschung und den langen Weg zum Herbergs-Lois hochgejagt. Er sagt dem Lois: „Ich soll fragen, ob du dem Lagerzirkus abtelefoniert hast, oder ob wir beim Abladen auf dem Bahnhof helfen sollen".

Lois bleibt ernst, wie ein Naturforscher, den die Frage bewegt, ob das Ei oder die Henne früher dagewesen sei. Und Lois gibt Antwort:
„Ihr müsst noch etwas warten. Der Zug mit dem Zirkus kommt etwas später. Die müssen sich erst noch einen kleineren Elefanten besorgen. Weil der große doch nicht in den Waggon passt". -- „Aber die könnten doch einen offenen Waggon nehmen!" -- „Richtig! Geht aber nicht, weil der Zug bei Altenbeken durch einen langen Tunnel muss. Und zum Hinlegen hat das Biest keinen Platz". -- „Ach so!" -- „Du gehst jetzt zum Bahnhof, und fragst den Bahnhofsvorsteher, wann der Zirkuszug kommt".

Wütend kommt der arme Kerl vom Bahnhof zurück, ins Lager.
„Erledigung eines unangenehmen Auftrags. Wird bei der Probe angerechnet", können wir ihn nur trösten. Der Getröstete schleicht von dannen.

Er hat viel zur Heiterkeit im Lager beigetragen. Aber lacht nicht! Wer noch nicht reingefallen ist, dem steht es immer noch bevor!

 

Sie haben die Späherprobe bestanden, Lois nimmt sie mit Handschlag in unseren Bund auf.
Sofort wird die Probenschnur am Knoten befestigt.

--------------------


Mutgang in die Walhalla

Es war Montag, der 19. August. Nach der Lagerrunde mussten wir in unsere Zelte. Die Posten gingen im Lager auf und ab.

Genau um Mitternacht (!) zischte unser Küchenbulle, mit einer Taschenlampe in der Hand, in unsere Kohte. Ich wurde aus den Decken geschüttelt. Schnell rappelte ich mich auf und zog mich an. Man erklärte mir, dass ich zur Burg in die Walhalla gehen sollte. Die Walhalla ist ein Keller unter dem Nordturm der Burg.

Nun zog ich los, in der Hand eine Schachtel mit acht Streichhölzern.
Ich musste vom Lager aus durch dunkle Wälder und auf schmalen Stegen laufen. Leider -- und fast wie jeder Jungenschaftler -- hatte ich die Hose beinahe schon voll. Ich musste mich fest zusammenreißen, um nicht umzukehren. Der Weg, auf dem ich ging, war voller Spuk. Endlich, nach schwerer Mühe, kam ich vor dem Eingang der Walhalla an.

Die schmale Treppe, die nach unten führte, war schwierig zu überwinden. Bei jedem Schritt wackelte eine der Steinplatten. Modriger Geruch stieg mir in die Nase. Ich zitterte am ganzen Leibe, und dachte, dass mir jeden Moment einer mit einem Knüppel einen Scheitel ziehen würde.
Unten angelangt, erwartete mich ein stockdunkler Raum, so dass ich das erste Streichholz anzünden musste. Im Dämmerlicht sah ich einen runden Keller. An den Wänden standen große Gemälde, auf denen Totenköpfe gemalt waren. Als ich dies sah, lief es mir eiskalt über den Rücken.
Ich musste fortwährend mir die Streichhölzer anzünden, damit ich überhaupt die Botschaft fand.

Endlich, hinten am Bild lag ein Zettel.
Als ich die Botschaft vom Bild holen wollte, wackelten die Totenköpfe. Ich zuckte zusammen, aber zum Überlegen gab es keine Zeit, denn die Hölle war auf einmal los. Zischende Ungetüme wälzten sich hinter den Bildern. Lichter blitzten auf. Schreie gellten durch den Raum. So plötzlich, wie es gekommen war, war das Konzert zu Ende.
Beim letzten Streichholz las ich die Botschaft, und es hieß, ein Lied sollte hier gesungen werden. Mit letzter Mühe bekam ich doch ein paar Töne raus, die zu einem Liede langten.

Schweißgebadet tastete ich nach oben. Zitternd machte ich mich auf den Weg ins Lager. Ich war froh, als ich wieder in der Kohte lag und weiterschlafen konnte.

Zum Entsetzen erfuhr ich am Morgen, dass es unsere eigenen Kameraden waren, die mir in der Nacht die schreckliche Angst eingejagt hatten.
Aber ich erfuhr, dass ich die Mutprobe für die Späherprobe bestanden hatte.

---- **** ----

Wir saßen im Hof der Vernaburg, waren müde und durstig, und lauerten auf den Kellner der kleinen Gaststätte am Bogengang.
Niemand rührte sich. Weder Kellner noch Kellnerin zu sehen. Nun, wir warteten.

Endlich wurde es uns zu langweilig, wir schlugen Krach, eine Trillerpfeife gellte los . . . und das wirkte.
Von irgendwoher erschien ein mürrisches Fräulein, baute sich vor uns auf, stemmte die Arme in die runden Hüften, und fragte laut und vernehmlich: „Was?"

Seht, Kameraden, Höflichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man scheinbar ohne ihr (sie).

 



    Home