Oft hast du das Wort Maße in unserem Jungenschaftsgesetz gelesen.
Dort steht auch: . . . eine Tugend des ritterlichen Mannes.
Kannst du dir aber vorstellen, was man unter dieser Tugend eigentlich versteht?
In den Liedern der mittelalterlichen Dichter, wie etwa der von Walther von der Vogelweide oder Hartmann von der
Aue, nimmt die Maße eine große Rolle ein.
Nach den Aufzeichnungen dieser Dichter mußte jeder angehende Ritter diese Tugend besitzen und sie vorleben.
Sicher fragst du, ob eine ritterliche Tugend in unserer modernen Zeit noch Bedeutung haben kann.
An dem mittelalterlichen Worte maaze hat sich im Laufe der Jahre nur die Schreibweise geändert. Die
Bedeutung ist gleich geblieben.
So verstehen wir, genau wie die Menschen vor einigen hundert Jahren, unter Maße die goldene
Mittelstraße im Reden und Handeln eines Menschen.
Die Forderung nach dieser ritterlichen Tugend ist in unserer Zeit der Rekordsucht, des gegenseitigen
Übertrumpfens, der Maßlosigkeit noch wichtiger als im Mittelalter.
Wer ehrlich gegen sich selbst ist, wird das erkennen.
Wie schwer fällt es uns, bei angenehmen, willkommenen Dingen das richtige Maß zu finden!
Es fängt beim Essen und Trinken an und hört beim Kinobesuch noch nicht auf.
Der lustigste Heimabend wird langweilig, wenn er zu lange dauert, die anfänglich so schöne Fahrt wird zu einer Qual, weil wir uns zu viel vorgenommen haben, weil wir keine Maße halten.
Es gibt fast keine Gelegenheit im Leben eines EinzeInen und einer Gemeinschaft, wo Maße nicht angebracht wäre.
Freilich wird dich dein jugendliches Ungestüm manchmal über das angemessene Maß hinausschießen lassen. Das ist
weiter nicht so schlimm, wenn du nur nachher deine eigene Maßlosigkeit erkennst.
Maßvolle Beschränkung sich schon in der Jugend aufzuerlegen, ist ein Gewinn für das ganze Leben.
Deshalb steht „Maße" im Gesetz unserer Jungenschaft.
Klaus |
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