Die SdJ - Kreisgruppe Kassel

In Kassel bildeten sich unter dem Dach der DJO die Jugendgruppen Ost- und Westpreußen, die Pommern-Jugend, die Schlesische Jugend, die Oberschlesische Jugend und natürlich auch die Sudetendeutsche Jugend (SdJ).
Die SdJ hatte innerhalb der Kasseler DJO wegen der vielen Sudetendeutschen eine starke Stellung.

Den folgenden Text hat Loisl Olbrich, die Witwe des früheren Obmanns der SL - Ortsgruppe Süd, Bernward Olbrich, geschrieben. Ein ganz herzliches Dankeschön geht an Frau Olbrich!

Hallo, ich bin die Loisl Olbrich und möchte Ihnen heute etwas über die Anfänge der SdJ -- Sudetendeutsche Jugend -- erzählen, im Gedenken an meinen Mann Bernward Olbrich.

Und es begann so:
Im Jahre 1950/51 begannen sich die Landsmannschaften zu formieren und trafen sich im Lesch bei Papa und Mama Zaha. Wir als Jugendliche bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft suchten uns natürlich einen Bezugspunkt und fanden uns bei Zusammenkünften ein. Daraus entwickelte sich eine eigene Verbindung unter uns Jungen, sodass wir uns umsahen und im GIA in der alten Jägerkaserne eine Bleibe fanden.
Peter Hucker und Jonny Liebisch als Verwalter des GIA (auch ein Sudetendeutscher) vermittelte uns einen Saal in der Jägerkaserne, in der wir jeden Donnerstag von 20 – 22 Uhr unseren Heimabend abhalten konnten.

Von Anfang an waren dabei:
Peter Hucker und natürlich Berni mit Akkordeon und seiner vielfältigen Erfahrung in Volkstanz, Volkslied, Sitten und Gebräuchen.
Dann die Friebel-Brüder Heinz und Walter, Herbert Hess, Inge Elias, Ingrid Preissler, Martha Krummel, Doris Mauermann, Edith Schindler, die Neumann-Brüder Helmut und Karli, Siggi Schwerdtfeger, Otto Schrammel, Inge Stenzel, Herbert Zauter, Hilde Hering, Richard Graf, Inge Rentsch, Christa und Martin Kindling, Horst Opitz, Gerhard Breitner, Margarete Löbl, die Dittrich-Mädchen Loisl und Ilse, Hannes Trausel, Herwig und Else Pachonik, Christel Steinfelder, Gretel und Franz Häusler, Anneliese Rohm, Leo Olbrich, Rudi Gürth, Margit Höfer, Marianne Leiter und noch ein paar Andere, die ich vielleicht vergessen habe.

Also, alles in allem, wir waren schon eine ganz schön muntere Truppe zwischen 16 und 25 Jahren, voller Idealismus und Tatendrang. Fesch waren sie, die Mädels in bunten Röcken, schwarzen Samtmiedern und weißen Blusen mit Puffärmeln -- die Burschen in Lederhosen, weißen Hemden und weißen Kniestrümpfen.

Also, wie gesagt, jeden Donnerstag von 20 – 22 Uhr hatten wir Heimabend. Wir übten Volkstanz -- die Woaf, Jägermarsch, Kreuzpolka, Schustertanz, Bandtanz u.s.w. Es wurde gesungen, erzählt, auch in Mundart, diskutiert über aktuelle Probleme.
Und dann der Heimweg! Alles zu Fuß von der Frankfurter Straße über Ludwig-Mond-Straße, Kirchweg, Stadthalle, Rothenditmold, Kirchditmold; die andere Tour nach Bettenhausen und Fuldabrück. Könnte man das heute noch unseren Jugendlichen zumuten?

Alles, was wir bei Berni erlernten, wurde natürlich in die Tat umgesetzt.
Es begann mit Besuchen in den Ortsgruppen der Landsmannschaft, im Haus Heimatland, Faschingstreffen, Auftritten mit Volkstanz in der Stadthalle, im Ständehaus, Volkstumsabenden in Elgershausen, Lohfelden, Auftritten im Theater des Ostens (TdO) in Bettenhausen, Maibaumfällen in Eschenstruth und Melsungen, Radtouren, Zeltlager am Silbersee und Michelskopf; Besuche bei den Sudetendeutschen Tagen in Frankfurt, Stuttgart, München; Sonnenwendfeuer am Rammelsberg (dazu eine Anmerkung: Wir Mädels hatten Sträußchen aus Eichenblättern mit einer schwarz/rot/goldenen Schleife gebunden und als Eintrittskarten verkauft). Landestreffen in der Hessenkampfbahn mit Sepp Waller, die Ski-Freizeit am Purtscheller-Haus zu Silvester 1953.

Und noch ein Erlebnis, das in mir fest verankert ist:
Stellen Sie sich einen Winterabend kurz vor Weihnachten vor. Wir hatten uns eine kleine Fichtenschonung im Habichtswald ausgesucht, alles tief verschneit. Wir steckten auf die Tannen Kerzenhalter mit Kerzen, entzündeten sie, stellten uns im Kreis auf, fassten uns an den Händen und sangen Hohe Nacht der klaren Sterne, untermalt mit Geige und Akkordeon. Rings um uns Stille, über uns ein klarer Sternenhimmel. Das war Natur pur.
Na ja, und dann die Weihnachtsfeiern in der Gaststätte Silbersee und in der Kaskadenwirtschaft, der Heimweg nachts durch den verschneiten Wald, und alles zu Fuß.

Ich könnte Ihnen noch viel mehr erzählen, aber für heute soll´s genug sein. Nur soviel:
Wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft, eingebettet in Kameradschaft und Ehrlichkeit, immer in Verbundenheit mit unserer Heimat, die wir uns bis heute erhalten haben.
Nach uns kamen und kommen Andere und ich hoffe von ganzem Herzen, dass der Gedanke an unseren Ursprung weitergetragen wird.

Servus, bis bald einmal wieder.

Ihre Loisl Olbrich,
Kassel, am 27. 10. 2010.



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