SdJ-Wappen, Zeichnung von Klaus Großschmidt


Die erste Großfahrt der SdJ Bayern

(aus dem Fahrtentagebuch eines Teilnehmers)

Am 17. Juli 1953 beginnt die lang geplante und lang ersehnte Großfahrt der SdJ Bayern.

Als eine Auswahlgruppe von 22 sudetendeutschen Mädchen und Jungen dürfen wir 37 Tage auf unseren Rädern unter der Führung von Erich Kukuk unsere deutsche Heimat kennenlernen.

(Route der Fahrt: siehe Ende dieses Berichtes)

Letzte Vorbereitungen auf dem Heiligenhof: Bild 01 und Bild 02 .

Die Fahrt geht am ersten Tag von Bad Kissingen aus ( Bild 03 ) entlang der Saale dann das schöne Maintal hinunter ( Bild 04 ) und quer durch die Wälder des Hochspessarts.

Die alten Mainstädte Aschaffenburg, Hanau und Frankfurt sind Ziele des ersten Tages. An einem See in der Nähe von Hanau schlagen wir zur ersten Übernachtung unsere Zelte auf, die Städte durchradeln wir am Rande ohne uns aufzuhalten.

Von der alten Kaiserstadt Mainz aus geht es den Rhein hinunter an vielen Städten und Schlössern vorbei, die alle von der Lebensfreude der früheren Bewohner Zeugnis ablegen.
Für Besichtigungen bleibt auch hier keine Zeit, da wir jeden Tag eine vorgegebene Strecke bewältigen wollen und rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit einen geeigneten Platz finden müssen, wo wir unsere Zelte aufstellen und unser Essen zubereiten können. Unser Lagerfeuer brennt auf verstecktem Platz am Rheinufer. Hier gedenken wir des stolzen Geschlechtes der Nibelungen, die hier lebten und von hier ihren Leidensweg gingen.

Bei der Weiterfahrt besichtigen wir das Bundeshaus in Bonn und da wir schon früh einen schönen Zeltplatz auf einer Landzunge am Rhein finden, machen wir einen Stadtbummel nach Köln, um den Dom zu besichtigen. ( Bild 05 )

Weiter geht’s durch das Gebiet der harten, schweren und gefahrvollen Arbeit. Das Ruhrgebiet mit seinen Fördertürmen lässt uns von außen schon den Ernst des Lebens erkennen.

Da unsere Fahrtroute den SdJ Kameraden in NRW bekannt ist, treffen wir uns mit ihnen und bekommen organisiert von der SdJ Bielefeld sogar Privatquartiere.

An rauchenden Schloten und rußigen Städten vorbei fahren wir durch den Teutoburger Wald. An der Porta Westfalica lässt Erich den Freiheitskampf der Cherusker unter Hermann in uns wach werden. Wir verlassen die wellige Landschaft, die in ebene eintönige Heide ausläuft, die ab und zu von Bohrtürmen unterbrochen wird und radeln langsam den Weltstädten Bremen und Hamburg entgegen.

Viel Zeit bleibt uns in Bremen nicht für eine Stadtbesichtigung, aber ein Foto von unserer Fahrtengruppe vor der Rolandssäule soll Beweis für unsere kurze Rast in der Innenstadt sein. ( Bild 06 )

Nicht wenig staunen wir Landratten aus Bayern als wir bei einer Hafenrundfahrt den großen Welthafen Hamburg besichtigen.

Auf unserer Weiterfahrt an der Westküste Schleswig/Holsteins kommen wir durch Dithmarschen, das im späten Mittelalter als Bauernrepublik heiß umkämpft war. An den Städten Heide, Friedrichsstadt, Husum und Bredstedt vorbei geht es an die Nordseeküste, dem Höhepunkt unserer Fahrt entgegen.

Im Hafen Bogensiel nimmt uns ein kleines Schiff samt unseren Fahrrädern auf und schippert uns bei starkem Wellengang auf die Insel Amrum, ( Bild 07 ) wo wir eine Woche im Zeltlager „Badjestieg“ der Deutschen Grenzlandjugend zu Gast sind ( Bild 08 ).

Da die meisten von uns zum ersten Mal auf einer Nordseeinsel sind, schwelgen wir in Salzwasser und Dünensand und erholen uns von den bisherigen Mühen unserer Fahrt. Unsere Zelte haben wir am Fuße einer hohen Düne etwas abseits vom großen Zeltplatz des Lagers, aber nicht weit vom Strand aufgebaut.
Eine Woche lang nehmen wir am allgemeinen Lagerbetrieb der Grenzlandjugend, bis es auch hier wieder Abschied nehmen heißt ( Bild 09 ).

Vor unserer Abreise müssen erst in einer Großaktion alle unsere Fahrräder einsatzbereit vom Sand befreit werden.
Glücklich zurück auf dem Festland ist unsere nächste Station die Stadt Flensburg. In der Ortsgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die über unser Eintreffen informiert war, erhält unsere Gruppe Privatquartiere.
Mit einem am selben Tag noch organisierten Heimatabend bedanken wir uns für die gute Aufnahme mit Lied- und Volkstanz. Viele von uns hören an dem Abend zum ersten Mal in einem Vortrag von dem Grenzkampf der Schleswig/Holsteiner gegen die Dänen.

Unsere Fahrt nach Süden wendet sich in Richtung Ostseeküste. Die Sehenswürdigkeiten der alten Hansestädte Kiel und Lübeck erregen unsere Bewunderung. In der Nähe von Rendsburg schlagen wir unsere Zelte unterhalb der Hochbrücke auf, die den Nordostseekanal überspannt ( Bild 10 ).

Mit der Stadt Lüneburg streifen wir die Lüneburger Heide, fahren durch die Eulenspiegelstadt Mölln und erreichen Braunschweig, die Gründung Heinrich des Löwen.

Der plötzlich aus dem Flachland aufsteigende Harz mit seinen schönen Wäldern führt uns vor Augen, dass uns einerseits der Weg sehr nahe an die Zonengrenze heranführt, andererseits aber auch beschwerlichere Streckenabschnitte auf uns zukommen. Bei Witzenhausen, wir sind bereits wieder in Hessen, fahren wir auf die Jugendburg Ludwigstein, die heute als Jugendherberge genutzt wird, ursprünglich zum Gedenken an 7000 gefallene Wandervögel ausgebaut wurde.

Hier am Ludwigstein legt unsere Fahrtengruppe zur Erholung einen Rasttag ein ( Bild 11 ) ( Bild 12 ) und hält im Feierraum der Burg eine Feierstunde ab.

Nun geht es langsam dem Ausgangspunkt unserer Fahrt entgegen.
Noch einmal übernachten wir in Fulda in der Jugendherberge, in der Kurt Richter, unser Singleiter aus dem Osterlehrgang am Heiligenhof, als Herbergsvater tätig ist.

Nach einer gemeinsamen Singstunde packen wir zum letzten Mal unsere Fahrräder und mit Schwung geht es die letzte Etappe über die Rhön nach Bad Kissingen zum Heiligenhof, wo wir von der Besatzung stürmisch begrüßt werden.

      Klaus Großschmidt

SdJ-Wappen, Zeichnung von Klaus Großschmidt



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