Landesjugendtagung 04. März 1950
Protokoll


Auszugsweise Abschrift


Landsm. Toni Wuschek eröffnet um 10:20 die Landesjugendtagung.

Begrüßung aller Anwesenden, insbesondere des Obmannes vom Bezirksverband Oberbayern, Landsm. Ing. Haidl.

Ing. Haidl spricht dann einleitend folgendes:
Bei dem Aufbau der sudetendeutschen Jugend ist in erster Linie wichtig, sich von dem Gemeinschaftsgedanken leiten zu lassen. Es ist die Gemeinschaft mit allen Landsleuten zu pflegen, gleich welcher Partei oder Konfession dieselben angehören.
Die Jugend ist zu stärken in der Gleichberechtigung zu ihrer Umgebung.
Die ältere Generation baut die Landsmannschaft auf mit dem Ziel der Rückgewinnung der Heimat.
Die Erfahrungen und die Erlebnisse sollen der Jugend mitgeteilt werden und es ist Aufgabe der Jugendleiter, welche ja zum größten Teil aus der Jungturnerschaft hervorgegangen sind, die Kampfzeit der Volksgruppe und Umbruch miterlebt haben, dieser Jugend wieder Werte zu vermitteln, welche diese Jugend befähigt, sich von der gegenwärtigen Situation nicht beugen zu lassen.

Das Bestreben der SdJ muss es sein, dass der Heimatgedanken in der Jugend wacherhalten bleibt. Sie müssen an der Wiedergewinnung dieser Heimat mitarbeiten.
In erster Linie ist es das Elternhaus, wo immer wieder darauf hingewiesen werden muss, sie vom Wert und der Kultur unserer Volksgruppe zu unterrichten und dem werdenden Menschen Persönlichkeitswerte zu geben.
Nachdem die gegenwärtige Umgebung diese heimatvertriebene Jugend zu großen Teil zurückstößt, die Eltern über keinerlei Mittel verfügen, den Kindern die Erziehung bzw. Bildung zu vermitteln, welche sie in der Heimat gehabt hätten, ist es eine schwere Aufgabe der Jugendleiter, die ihnen übertragene Aufgabe seitens der Volksgruppe zu erfüllen.
Wichtig wären kleine Aufklärungsheftchen über Heimatlandschaft, Geschichte, Kultur, Industrie u. s. w.
Als ein weiterer Punkt welcher zur Zusammenführung der Jugend wichtig wäre, ist nach meiner Meinung mit dem Egoismus der Jugend zu rechnen. Es soll damit gesagt werden, dass man z. B. durch Vermittlung von Arbeitsplätzen die Jugend für die Arbeit bei der Volksgruppe schneller heranzieht.

Die Gemeinschaft soll vor allem durch gemeinsames Turnen, Spiel, Lied, wenn möglich, wie schon vorhin erwähnt, durch berufliche Vorteile gefördert werden. Bildungsmäßig ist unsere Jugend der hier ansässigen weit voraus und es muss die Weiterbildung unbedingt unterstützt und gefördert werden.
Bei der Zusammenfassung der Jugend muss der Egoismus und der Materialismus derselben immer mit in Betracht gezogen werden.
Die Jugend muss für die Aufgaben bei einer Rückkehr geschult werden. Es sind ihnen ideale Ziele vor Augen zu führen, wie z.B. Jahn u. s. w., nachdem die Gegenwart sehr viel Schund in sich birgt, muss ihnen deshalb das Gute nahe gebracht werden.

Weiters ist die Jugend mit dem Gedanken großer Wirtschaftsräume und an ein geeintes Pan-Europa bekannt zu machen. Die Verbundenheit in Betrieben bzw. im Beruf ist zu fördern.
Alle diese von mir erwähnten Punkte sind wichtig, um das Ziel unsere Heimat rückzugewinnen zu erreichen.


Diskussion:

Landsm. Kukula will zu Ausführungen von Ing. Haidl Stellung nehmen:
Die Erfassung der Jugend ist ein sehr schwieriges Problem. Es kann nur gelingen durch eine sorgfältige Auswahl von qualitativ hochstehenden Jugendleitern.

Die sudetendeutsche Jugend soll so erzogen werden, dass sie Achtung vor Angehörigen von Partei- und Konfessionsrichtungen hat. Es muss die gesunde Konkurrenz befürwortet werden.
Es darf auf keinem Fall der Jugend etwas aufgedrängt werden, sondern man hat aus der Vergangenheit zu lernen und der Jugend das zu geben, was sie anstrebt. Nur darf das nicht wild vor sich gehen, sondern muss in einem sinnvollen Rahmen gebracht werden.

Zu dem Punkt der materiellen Unterstützung bin ich mit den Ausführungen von Ing. Haidl nicht einverstanden.
Die Jugend darf heute nicht mit materiellen Vorteilen zusammengebracht und zusammengehalten werden, sondern muss sich diese Vorteile selbst erarbeiten. Erst dann wird diese Jugend zu einer festen Einheit und zu einer festen Kameradschaft zusammengeführt werden können.
Wir wollen keine Mitgliederbewegung werden, sondern genau wie im Sudetenland die Jungturnerschaft eine Auslesebewegung, welche Menschen hervorbringt, die in der Lage sind, Aufgaben von volksgruppenmäßiger Bedeutung zu lösen. Diese Jugendbewegung soll sich selbstständig bewegen und arbeiten können.

Das große Ziel der Landsmannschaft muss als Leitfaden durch die Jugendarbeit durchgehen. Wir lehnen ein hineinreden von allen möglichen und unmöglichen Stellen ab, nachdem die Gesamtarbeit dadurch nur gestört wird.
Die Dienststellen der Landsmannschaft haben sich mit den parallel gelagerten Jugendleitern auseinander zu setzen. Es geht nicht, dass z.B. eine Landesgeschäftsstelle mit Jugendleitern in Form einer Kritik verkehren, welche in Bezirk oder Kreis eingesetzt sind.
Werden Fehler festgestellt, so wendet sich die betreffende Stelle an die Landesjugendleitung und dieselbe hat dann dafür Sorge zu tragen, dass der beanstandende Punkt geklärt und in Ordnung gebracht wird. Das ist eingeordnetes Arbeitsverhältnis welches nur unserer Volksgruppe nützen kann.

Ing. Haidl: Eine weitmöglichste Selbstständigkeit muss der Jugend gelassen werden. Die Jugend muss lebendig bleiben.
Der Standpunkt der Jugend muss aber den verantwortlichen Landsleuten der Landsmannschaft bekanntgegeben werden. Es muss das Verständnis für die Jugend geweckt werden.
Die Kreis- und Bezirksverbände haben sich mit in die Werbung nach meiner Meinung einzuschalten.

Landsm. Sepp Großschmidt: Für die Jugendarbeit sind 2 Punkte besonders hervorzuheben.

  1. Rückkehr in die Heimat und den daraus entstehenden Aufgaben,
  2. Besserung der sozialen Lage.

Die Zusammenführung zu einer Gemeinschaft wird durch Turnen, Spiel und Wandern vermittelt. Anregungen und Beratung wird durch die Volksbildungsstelle jederzeit gegeben.

Landsm. Kukuk: Die Erziehungsarbeit ist der wichtigste Faktor der Jugendleiter. Es müssen daher bei jedem Einzelnen die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sein.
Hier sind die wertvollen Kräfte der Jungturnerschaft heranzuziehen. Es sind die notwendigen Anleitungen zu geben. Wichtig ist weiter die Tuchfühlung mit anderen Jugendgruppen, welche jedoch zu keiner festen Bindung führen dürfen.
Die Selbstständigkeit ist unter allen Umständen zu bewahren.


Der Vormittag wird mit einem Lied geschlossen.

Toni Wuschek eröffnet um 14.00 die Tagung am Nachmittag.
Es werden die Satzungen der Jugend besprochen. Dem Protokoll beiliegend die Satzungen, welche beschlussmäßig gefasst und genehmigt wurden.

Als Vertreter des Landessportverbandes sprach Herr Belloth.
Ich übermittle Ihnen die Grüße ( . . . ). Die Jugend soll im Rahmen des Landessportverbandes überfachlich zusammengeführt werden. Es soll der breite Volkssport besonders bei der Jugend gefördert werden.
Es soll gerade auf die heimatvertriebene Jugend besonderer Wert gelegt werden. ( . . . )

Landsm. Tronich: Die Sparte Turnen und Sport in der Landsmannschaft wird so aufgebaut, dass es keine Fachsparten gibt.
Es werden alle Sportarten gleich gefördert. Der gesunde Volkssport soll wieder zur Blüte kommen.
Hier geht die Landsmannschaft vollkommen gleich mit dem Sportverband und will die Landsmannschaft dem Sportverband wertvolle Kräfte, je nach Lage der örtlichen Verhältnisse, in Riegen oder Gruppen zur Seite stehen und unterstützen.

Kukula: Der breite Volkssport soll von der SdJ gepflegt werden. Wir hatten ja im Deutschen Turnverband das beste Beispiel dafür. Alle sind ja zum größten Teil aus dieser Turnbewegung hervorgegangen. ( . . . )

Belloth: ( . . . )
Tronich: ( . . . )

Kukuk: Wir ersuchen den Sportverband die Frage der (Unfall-) Versicherung für die heimatvertriebene Jugend zu regeln.

Belloth: ( . . . )

Landsm. Seiffert, Presse: Die bisherige Form war eine Jugendbeilage in Sudetenland-Heimatland und ist in keiner Weise ausreichend.
Es muss eine neue Form für die Jugendzeitung oder Beilage gefunden werden.

Wichtig ist natürlich dann ein laufender Beitrag an Nachrichten.
Nachrichten sollen in Zukunft auch in dem Nachrichtenblatt des bayerischen Jugendringes und des Landessportverbandes seitens der SdJ gebracht werden. Es soll dadurch das Verständnis und Ausgleich zwischen den Heimatvertriebenen und Ortsansässigen gefördert werden.

Für die Ausgestaltung und Form der Jugendzeitung schlage ich folgende Punkte vor:

  1. Arbeitsunterlagen für die Arbeit der Jugendleiter,
  2. Mitteilungen der einzelnen Bezirke,
  3. Freies Wort (wo sich jeder Jugendliche beteiligen kann).

Sonntag, Beginn 8:15

Landsm. Tronich: Der Aufbau der Abteilung Turnen und Sport
Der Aufbau der Abt. Turnen und Sport ist sehr wichtig. Die Voraussetzungen sind die alten Turner, welche über die nötigen Erfahrungen und Grundlagen in allen Belangen verfügen.
Ein Treffen der Turner wäre angebracht, evtl. zu Pfingsten in Kempten.

Es werden Rundbriefe herausgegeben, in welchen Richtlinien für das Bundesgebiet festgelegt sind.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass unsere alten Turner mit ihren Erfahrungen mit den hiesigen vorhandenen Erfahrungen gebraucht werden und neues schaffen. Erfassung soll gebietsweise erfolgen.
Die Arbeit wird vom Kreissachbearbeiter übernommen und durchgeführt. Er muss Menschen sammeln . . . ( . . . )

Landsm. Biehal, Ingolstadt: Die politische Aufgabe
Die Struktur der bayerischen Dörfer hat sich seit dem Kriegsende vollkommen verändert.
Die Heimatvertriebenen haben in diesen Dörfern eine vollkommen neue Situation geschaffen.

Aufgabe der Jugend ist es, eine Basis zu finden, wo eine gemeinsame Arbeit ermöglicht wird. Es muss von der Jugend endlich einmal mit den alten Zöpfen aufgeräumt werden.
Die bestehenden generationsmäßig geschaffenen Schwierigkeiten müssen durch gemeinsame Arbeit beiseitegeschaffen und mit dem Neuaufbau begonnen werden.
Der Sport ist hier in Bayern nur sehr einseitig. Meistens gibt es nur Fußball. Wobei der Mädelsport vollkommen brach liegt. Hier ist es notwendig, Bahn zu brechen und unsere Ideen hinein zu tragen, um die notwendige Atmosphäre für eine Verständigung zu schaffen. ( . . . )

Landsm. Piller, Landessachbearbeiter Sozial:
Man kann heute nicht Zukunftspläne machen und die Wirklichkeit vergessen. Man muss sich, um etwas zu erreichen, mit den nackten Tatsachen abgeben.
Ernster Wille ist notwendig, um die Not zu meistern oder nur einigermaßen zu lindem.

Von 1,2 Mill. Sudetendeutschen sind über 200.000 Jugendliche. Für 80% gibt es keine Arbeit oder keine Lehrstellen.
Es müssen Wege gesucht werden, um die Jugend aus diesem Elend herauszuführen.
Nichtbeschrittene Wege sind: organisierter Arbeitsdienst (gesetzlich nicht möglich), Bau von Lehrlingsheimen und Ausbildungsstätten: Keine Geldmittel zur Verfügung.
1/2 jährige Ausbildungen sind viel zu wenig.
Beste Lösung wäre, für einzelne Volksteile Gesetze zu schaffen. Vorschlag: 2 Pfg. von den Mitgliedsbeiträgen der SL für Jugendarbeit einzubehalten. Jugendgruppen in die bereits bestehende Organisation des bayerischen Jugendhilfswerkes einzubauen.

In Landshut ist folgendes Werk in Angriff genommen worden:
40 Jugendliche, welche keinen Arbeitsplatz haben, meldeten sich freiwillig für Siedlungsbau. Es müssen Fundamente ausgehoben werden. Sie werden bevorzugt in freie Lehrstellen eingewiesen. Sie erhalten 2.- DM pro Tag. Schutz übernahm die Volkshochschule.

Birkholz Isolde: Mädelarbeit
Auslese der Jugendleiterinnen. Mädchen über 14 Jahre auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereiten.
Die Mädchen sind nicht abzuschließen, sondern mit den Jungen gemeinsam in einer kameradschaftlichen Form bei gegenseitiger Achtung zu erziehen.
Die Mädelarbeit muss aber auf alle Fälle gefördert werden.

Landsm. Martinek: Vertreter des Jugendherbergswerkes
Schulung für Wanderlehrer wichtig. Verbindung SdJ mit bayr. Jugendring aufnehmen.
Fachausschüsse: Volkstanz, -lied. (Walter Hensel)
In der Kartei des bayr. Jugendringes Einsicht nehmen und sudetendeutsche Jugendleiter feststellen.
Wichtig ist das Jugendherbergswesen.

Landsm. Schmachtel:

  1. Volkstanz nur aus der Erfahrung lernen,
  2. Heimat und Volkskunde, Wert auf die Früh- und Vorgeschichte legen,
  3. Literatur, gesundes deutsches Schrifttum wieder zur Geltung bringen,
  4. Praktische Arbeit, Volkslied, Tanz und Spiel.
    In diesen Fragen sich an den bayr. Jugendring wenden.
    Zusatz sudetendeutscher Lieder zu ihren Liederbüchern herausgeben.
    Bei Volkstänzen ist der Bärenreiter Verlag zu empfehlen.

Landsm. Seidel Sepp, Landjugend
Die bäuerliche Jugend ringt um ihre Existenz mehr als alle anderen.
Im Sudetenland ist beste Ausbildung gewährleitet gewesen. (Westböhmische Bauernschule).
Die Jugend ist für ihren späteren Beruf heranzuziehen und auszubilden. Menschen für die Scholle zu erziehen. Den Beruf Landwirt fördern und aufrechterhalten.

Arbeitsteilung Stadt und Land. Entsprechend fachlich geschulte Kräfte finden und in diese Arbeit einsetzen. Menschen sind bestimmt vorhanden.

Kukula: Betriebliche Jugend
Fachliche Erziehung besonders betreuen. Neue Wege der Berufsausbildung suchen.
Schaffung von Lehrwerkstätten und Lehrecken. Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ist unbedingt notwendig.
Berufsauslese fördern. Sich in den Bau von Lehrlingsheimen einschalten.

Pfingsten:
Walter Swoboda in Kempten ist mit der Durchführung der Vorarbeiten beauftragt worden.
4 Tage Zeltlager mit ca. 300 Jungen. Jugendherberge für die Mädel sicherstellen.
Rechtzeitige Anmeldung erforderlich.

Großschmidt Sepp:
Zusammenarbeit mit der Turn- und Sportgemeinde ist wegen der planmäßigen Durchführung erforderlich. Jugendkundgebung, Trachtentreiben und Singwettstreit ist geplant.

Kukuk Erich:
Grenzlandlager: Sommerlager in Oberviechtach in den Ferien. Zweck: Schulung von Jugendleiter und Erlebnisvermittlung.
Rechtzeitige Meldung erforderlich.

Seiffert: Presse
Vorschläge:

  1. Presseausschuss soll aus 4 Mann bestehen (Bezirksjugendsachbearbeiter),
  2. Meldung wie viel Exemplare der Jugendzeitschrift benötigt werden.
    Voraussichtliches Erscheinen das erste Mal am 1.4.50,
  3. Name der Zeitschrift,
  4. Wünsche über Gestaltung, Umfang, Form und Titelbild,
  5. Nennung von Mitarbeitern.


Mitarbeiter der Landesjugendleitung:

Wuschek Toni Landesjugendleiter
Kukula Walter Stellvertreter
Martinek Kultur
Seidl Landjugend
Kukula Betriebsjugend
Seiffert Presse
Birkholz Isolde Mädelarbeit
Dr. Schober Rechtsberater
Berger Sozialwesen
Piller Sozialwesen


Ostern:
Volksbildungswoche (Karwoche). Ort wird noch bekanntgegeben

Großschmidt:
Abschnittstagungen, Schulung der Mitarbeiter und Jugendleiter.
Piller soll unbedingt bei diesen Tagungen über das Thema Sozial im Besonderen sprechen.


Mit einem Lied wurde die 2-tägige Aussprache geschlossen.

 



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