Lothar Lamb

Mein Weg in die DJO-Jungenschaft

Nach Flucht und Vertreibung aus Königsberg in Ostpreußen fand ich mit Eltern und einem älteren Bruder in dem Dorf Rosenfeld bei Raisdorf (in der Nähe der Landeshauptstadt Kiel) eine neue Heimat. Von 1945 bis 1952 wohnten wir in diesem Dorf auf einem Bauernhof.
In Rosenfeld habe ich auch in einer 2-klassigen Volksschule meine Grundschulzeit verbracht.

Im Jahr 1952 zog ich mit Eltern, 2 Brüdern und Großmutter in ein neues kleines Siedlungshaus nach Raisdorf.
Von dort besuchte ich weiterführende Schulen in Kiel.

Meine Eltern waren schon sehr früh in der Vertriebenenarbeit aktiv.
Von den etwa 1.800 Einwohnern in Raisdorf waren rund 1.000 Flüchtlinge und Vertriebene und einige Ausgebombte aus Kiel. Der Vertriebenenverband in Raisdorf (Bund der Heimatvertriebenen -- später Bund der Vertriebenen) hatte über 300 Mitglieder und war landsmannschaftlich unterteilt.
Die größten Gruppen waren die Ostpreußen und die Pommern.

In Raisdorf gab es eine Gruppe der Ostdeutschen Jugend (ODJ) ein Vorläufer der DJO. Diese Gruppe bestand aus Jugendlichen ab ca. 16 Jahren. Als ich im Jahr 1957 15 Jahre alt war, durfte ich dieser Gruppe beitreten.
Ich habe im gleichen Jahr eine Gruppe mit 10 - 12-jährigen Jungen in Preetz gegründet. Bereits im Sommer 1957 haben wir erste Gruppennachmittage im Preetzer Jugendheim (ein alter Wasserturm) sowie kleine Radfahrten durchgeführt.

Im November 1957 nahm ich auf Vermittlung der Raisdorfer Gruppenleiterin Brigitte Kohlhoff an einem Wochenendlehrgang der Landsmannschaft Ostpreußen in der Kieler Jugendherberge teil.
Referenten waren die Kulturreferentin der Landsmannschaft Ostpreußen, Frau Hanna Wangerin, und der Leiter der Bundesgruppe der ostpreußischen Jugend in der DJO, Hans Herrmann aus NRW.

Diesem Lehrgang folgte in der Zeit von Weihnachten 1957 bis Anfang Januar 1958 ein Lehrgang der DJO im Landesjugendheim in Bosau am Plöner See.
Dort habe ich erstmals Eindrücke und Kenntnisse der DJO-Jungenschaft erfahren. Leiter dieses Lehrganges waren Lene Uhthoff und der damalige Landesjungenschaftsführer Klaus Ballert und Helmut Meinert. Hier lernte ich auch andere Gruppenleiter von Jungenschaften in Schleswig-Holstein kennen, z. B. Klaus Habermann aus Niebüll.

Im Jahr 1958 und 1959 habe ich dann im Kreis Plön Jungenschaften in Heikendorf, Plön und Raisdorf gegründet.
Dafür wurde ich im Jahr 1959 vom damaligen Landrat des Kreises Plön für die Gründung von Jugendgruppen mit einem Buchgeschenk geehrt.

Ich wurde Kreisjungenschaftsführer und habe schnell den Kontakt zur Landesebene aufgebaut.
Im Jahr 1961 unternahm meine Gruppe eine Radtour durch Deutschland mit dem Ziel des Bundeslagers der DJO-Jungenschaft in der Rhön.
Im Jahr 1962 führten wir unter meiner Leitung ein Zeltlager für die Jungenschaften in Schl.-Holstein in Nordfriesland durch.

Ich wurde sehr bald in den DJO-Landesvorstand gewählt, dem ich bis 1970 angehörte. Mehrfach war ich Delegierter auf DJO-Bundestagungen.
Im Jahr 1963 war ich maßgeblich an der Vorbereitung des DJO-Bundesjungenschaftslagers in Freudenholm bei Preetz mit über 400 Teilnehmern beteiligt.
Zu weiteren Höhepunkten der DJO-Jungenschaft in Preetz gehörte eine Fahrt nach Finnland mit einer längeren Wanderung durch finnische Wälder.

In den Jahren 1964/65 wurde die DJO-Jungenschaftsgruppe Preetz mit der DJO-Mädelgruppe aus Heikendorf zusammengelegt. Dieser DJO-Jugendkreis wurde aufgefüllt mit Mitgliedern aus mehreren Orten des Kreises und hat mehrfach mit Erfolg an den Landes- und Bundesspielen der DJO teilgenommen.
Ich selbst war von Anfang der 60-er Jahre stellvertretender Vorsitzender des Kreisjugendringes Plön und Vorsitzender des Ortsjugendringes Preetz.
Für den DJO-Landesverband nahm ich als Delegierter an den Sitzungen des Landesjugendringes teil.

Mit dem DJO-Jugendkreis führte ich als verantwortlicher Leiter eine Reihe von Internationalen Begegnungen durch, die uns nach Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Österreich, Frankreich und Griechenland führten.
Als Vertreter des Bundesjugendringes nahm ich an internationalen Fahrten nach Japan und in die CSSR teil.

Im Herbst 1964 hatte ich die Gelegenheit, an einer internationalen 10-tägigen Konferenz mit etwa 150 Teilnehmern aus über 20 Ländern Europas in Duisburg teilzunehmen. Sowohl diese Konferenz als auch eine Studienfahrt im Jahr 1966 für 3 Wochen nach Polen haben mich stark beeindruckt und meine Arbeit innerhalb der DJO vertieft und verändert.
Gerade der Besuch in Polen mit Schwerpunkt der ehemaligen deutschen Ostgebiete hat mich veranlasst, mich für eine Verständigung mit den osteuropäischen Völkern und insbesondere der Jugend einzusetzen.

Ich habe in Kiel eine Deutsch-Polnische Gesellschaft mitbegründet und anschließend viele Reisegruppen mit Jugendlichen, Schülern, Studenten aber auch mit erwachsenen Gruppen nach Polen durchgeführt.
Im Rahmen einer Förderung durch die Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein habe ich über 100 Lichtbildervorträge über Polen gehalten.

In der landsmannschaftlichen Arbeit wurde mein Eintreten für ein Deutsch-Polnisches Jugendwerk nicht unterstützt. Diskussionen in der Gemeinschaft Junges Ostpreußen (die landsmannschaftliche Jugendgruppierung der LM Ostpreußen) über die Anerkennung oder Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze wurde zum Anlass genommen, diese Jugendlichen aus der landsmannschaftlichen Arbeit auszuschließen.
Im Jahr 1970 wurde ich auf der Jahreshauptversammlung der DJO zum Landesvorsitzenden in Schleswig-Holstein gewählt. Ich habe dieses Amt aber nicht angetreten, da die überwiegend anschließend gewählten Mitglieder teilweise Mitglieder der NPD oder Sympathisanten dieser rechten Partei waren.

Die Mitglieder des Jugendkreises Preetz hatten zwischenzeitlich die Schulzeit beendet, sie nahmen zum Teil ein Studium in verschiedenen Städten Deutschlands oder eine Berufsausbildung auf.
Bei einem gemeinsamen Essen in einem Gasthaus in der Nähe von Plön wurde der DJO-Jugendkreis Preetz offiziell aufgelöst. Das Geld aus der Gruppenkasse reichte, um Mitglieder und Freunde der Gruppe gut zu bewirten.

Ich selbst habe von 1959 bis 1964 eine Ausbildung zum Regierungsinspektor bei der Landesregierung Schleswig-Holstein absolviert.
Vom 01. 04. 1964 bis zum 30. 04. 1965 habe ich als Regierungsinspektor im Bereich des Finanzministers des Landes Schleswig-Holstein gearbeitet.

Auf Grund meiner Tätigkeit in der DJO war ich der Jugendarbeit sehr verbunden und wollte gern Lehrer werden. Deshalb habe ich im Herbst 1964 an der Pädagogischen Hochschule in Kiel die Begabtenprüfung abgelegt und erhielt die Befähigung der Allgemeinen Hochschulreife.

Von April 1965 bis Februar 1968 studierte ich an der PH in Kiel mit den Schwerpunkten Geschichte, Sport und Mathematik. Am 29. Februar 1968 legte ich meine 1. Lehrerprüfung ab und wurde bereits am 1. März 1968 als Lehrer eingestellt.
Dass ich das Studium bereits nach 2 Jahren und 10 Monaten erfolgreich abgeschlossen habe, verdanke ich auch meinen Vorkenntnissen aus der DJO.

Aus einem angemessenen Abstand kann ich nur feststellen, dass die pädagogische Arbeit, die in der DJO insgesamt geleistet wurde, sehr hoch einzuschätzen ist. Es gab herausragende Persönlichkeiten in der DJO, die dieses hohe Niveau durch Einsatz und Vorbild zu vertreten hatten.

Mein späterer Lebensweg führte mich zunächst als Lehrer nach Schönberg/Ostsee und nach Heikendorf bei Kiel.
Im Jahr 1974 wurde ich Rektor einer Grund- und Hauptschule in Schönberg mit über 1.000 Schülern und ab November 1979 war ich bis zu meiner Pensionierung im März 2007 als Schulrat im Kreis Plön tätig.

Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass der Grundstein für diese berufliche pädagogische Tätigkeit durch meine Tätigkeit als Jugendgruppenleiter in der DJO gelegt wurde.



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