Henning Föls

Erinnerungen eines ehemaligen DJO-Jungenschaftlers
Henning Föls

Ich wurde am 3. März 1941 in Demmin (Vorpommern) geboren und wuchs bis Kriegsende in Leslau (Weichsel), anschließend bis 1952 in Teterow (Mecklenburg) auf. Meiner Mutter war es im Januar 1945 mit ihren drei Jungen gerade noch rechtzeitig gelungen, mit dem letzten regulären Eisenbahnzug vom Warthegau nach Vorpommern zu gelangen. Im Juni 1952 flüchtete meine Familie aus der DDR nach Westberlin. Über ein Jahr verbrachten wir in Flüchtlingslagern in Berlin und Hamburg. Ende 1955 zogen wir dann nach Würzburg, wo mein Vater eine neue berufliche Tätigkeit gefunden hatte. Über die Pommersche Landsmannschaft kamen wir in Kontakt mit anderen Heimatvertriebenen.

In Würzburg begegnete ich Fritz Lampel und Sepp Lexa, zwei charismatischen Jungendführern der DJO bzw. SdJ, und 1956 traten die drei Gebrüder Föls in die DJO-Jungenschaft ein. Es waren weniger die heimatpolitischen Aspekte, die uns anzogen, als vielmehr das in der Tradition von Wandervogel und Bündischer Jugend stehende Gemeinschaftserlebnis von Fahrt und Lager und die in der Jungenschaft gelebte Kameradschaft. Dabei empfanden wir die Jungenschaftsproben als besonderen Anreiz.

Wir Würzburger hatten stets eine besonders enge Bindung an den Heiligenhof in Bad Kissingen, der rasch unsere zweite Heimat wurde -- Lagerhelfer-, Erntehelfer- und Küchenhelfer-Einsätze einschließlich. Hinzu kamen die vielfältigen Lehrgänge, bei denen Ossi Böse, Gretl Hajek, Erich Kukuk, Rolf Nitsch, Klaus Großschmidt, Horst Theml und andere bemüht waren, uns das Rüstzeug zur Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens sowie zur Führung von Jugendgruppen zu vermitteln.

Im Jahr 1958 übernahm ich von Lutz Schneidereit die Führung der unterfränkischen DJO-Jungenschaft. In Erinnerung ist geblieben ist die Kärrnerarbeit, den Haufen zusammenzuhalten, neue Fähnlein zu gründen und zu eigenständiger Gruppenarbeit zu motivieren. In der Erinnerung dominieren dennoch zahlreiche erlebnisintensive Fahrten und Lager zwischen Amrum und Hohem Göll. Unvergessen ist besonders das Bundesjungenschaftslager im Jahre 1961 in der Rhön. Und waren wir nicht auf Gruppenfahrt, galt es, bei der Vorbereitung und Durchführung irgendeines unterfränkischen Oster-, Pfingst-, Sommer- oder Winterlager mitzuhelfen. Dabei erstaunt mich noch heute, welche Verantwortung wir damals -- zumal oft auf uns selbstgestellt -- übernahmen. Mein Engagement für die Jugendarbeit hatte natürlich seinen Preis: die Schule blieb auf der Strecke, und 1959 durfte ich eine Zwischenrunde einlegen. 1962 machte ich das Abitur und übergab die Führung der unterfränkischen DJO-Jungenschaft an meinen Bruder Holger.

Meinem Berufswunsch folgend, ging ich zur Bundeswehr. Dabei kam mir die Erfahrung in der Jugendarbeit sehr zu gute. Nach der Heeres-Generalstabsausbildung war ich überwiegend bei höheren militärischen Dienststellen tätig. Dazu gehörte auch eine mehrjährige Verwendung in den USA. Als besonders erfahrungsintensiv habe ich darüber hinaus den Einsatz in einem internationalen Militärstab auf dem Balkan empfunden. Im Jahr 2000 wurde ich als Oberst pensioniert. Im Ruhestand befasse ich mich vorwiegend mit militärhistorischen Themen. Meine Altersleidenschaft gilt Münzen und der Numismatik.

Im Jahr 1967 habe ich Heike Neubacher, eine pommersche Landsmännin, geheiratet. Sie stammt aus Greifenberg und war Anfang 1945 mit ihrer Mutter und ihrer Schwester -- auf der Flucht vor den Russen -- von deutschen Soldaten auf dem Rückzug mitgenommen worden. Wir haben zwei Töchter: Silke (Diplom-Historikerin) und Antje (Diplom-Kauffrau).

Nach meinem Abschied von der aktiven Jugendarbeit vor mehr als 50 Jahren habe ich mehrfach an Jubiläumsveranstaltungen der DJO bzw. SdJ teilgenommen. Im Vordergrund stand das Wiedersehen mit alten Kameraden, denen man sich auch nach Jahrzehnten noch verbunden fühlt. Das heutige Erscheinungsbild der DJO bzw. SdJ hätte uns damals allerdings wohl kaum angezogen.

Als ein Beispiel für die Nachhaltigkeit der Jungenschaftszeit möchte ich meine damalige Gruppe Die Eisernen anführen, die sich nach 40 Jahren wiedergefunden hat und seitdem alle zwei Jahre mit Partnern ein Treffen auf den Spuren der damaligen Erlebnisse durchführt. Dass wir Würzburger Jungenschaftler übrigens bei den Wettbewerben bzw. Bundesspielen der DJO und der SdJ meistens die 1. Preise abräumten, freut uns noch heute. Es war nun einmal eine pfundige Zeit.
 



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