Sudetendeutscher Tag 1959 in Wien
Feierstunde der Sudetendeutschen Jugend

 


Gültig über die Zeit!

 

Mitwirkende: 4 Sprecher
2 Sprecherinnen
1 Rufer
Chor mit Bläsern
und Orchester
Text: Rolf Nitsch, Gailnau
Musik:   Willi Homeyer, Hameln


Diese Feierstunde liegt nur im Manuskript vor. Sie darf ohne ausdrückliche Genehmigung der Hauptjugendleitung der SUDETENDEUTSCHEN JUGEND und des Autors nicht aufgeführt werden.
 

 

Musik:  
Chor  
Rufer: Gültig über die Zeit!
Chorfrage: Was aber ist gültig über die Zeit?
Rufer: Dies war es einst:
1. Sprecher: Uns klingt‘s wie eine Sage,
daß jeder Mensch auf Gottes weiter Welt,
einmal hineingeboren ward
in eine Ordnung,
in welcher ihm sein Platz
bereitet war,
und die
sein Leben und sein Tun bestimmte,
in der er Glied
und Mitgestalter war.
2. Sprecher: Uns klingt‘s wie eine Sage,
daß einmal jeder diente:
der Bauer seinem Hof,
der Bürger seiner Stadt,
der Priester der Gemeinde,
der Fürst dem Land,
der König seinem Reich,
daß jeder
an dem ihm gewies‘nen Platz
das Rechte tat
in Gläubigkeit
und Ehrfurcht –
Für‘s Ganze erst,
und dann wohl auch für sich.
1. Sprecherin: So lebten sie in Ordnung und Gesetz.
Das Wort des Mannes galt
gleich einem Eide,
ein Handschlag siegelte
Vertrag und Bündnis,
wahrhaft zu sein,
war jedes Freien Stolz,
wie recht zu handeln
seine höchste Ehre.
So aber fanden sie
wohl auch zur Heimat,
die ihnen lieb
und jedem teuer war.
Und in der. Heimat fanden sie
ihr Leben,
Arbeit und Auftrag,
Schicksal und Bestimmung.
Rufer: Uns Heutigen aber klingt‘s
wie eine Sage -
3. Sprecher Aus jenen Tagen
wuchsen unsre Städte,
Ausdruck des Schaffens
und des Wollens
ihrer Bürger.
2. Sprecherin: Aus jenen Tagen
wuchsen steingewordne Zeugen
der festen Bindung an das Ewige,
die Kirchen und Dome auf,
vor denen wir noch heute
staunend stehn.
 
Aus jenen Tagen
bis in unsre Zeit
klingen die Fugen Bachs,
die Opern Mozarts,
Beethovens Symphonien,
die Oratorien Händels.
Rufer: In jener Zeit
wuchs Gültiges
aus Ordnung und Gesetz,
aus Wahrheit und aus Ehrfurcht,
aus Dienst am Ganzen
und aus Gläubigkeit.
Musik – harmonisch beginnend, sich steigernd bis
zu wilden Disharmonien
Rufer: Und dies ist unsre Zeit:
4. Sprecher: Die alten Ordnungen
sind längst zerschlagen.
In Trümmern liegt,
was einst so groß und stolz
und für die Ewigkeit
gegründet schien.
 
Viel Morsches fiel,
doch dabei wurden
die Fundamente
einer neuen Ordnung
mitzerstört.
1. Sprecher: Der Sturm, einmal entfesselt
aus Notwendigkeit,
wurde
zum Orkan.
Und nichts mehr bot ihm Einhalt.
3. Sprecher: Man stürzte Äußeres
und achtete dabei
des Inneren zu wenig,
um es zu erhalten.
2. Sprecher: Man schaffte Neues,
doch man baute es
aus Trümmern.
Und weil die Fundamente
fehlten,
baute man auf Sand.
4. Sprecher: Der Mensch ward größer,
als er selbst vertrug.
Er fand den Weg,
die Kräfte der Natur
sich untertan zu machen.
1. Sprecherin: Er fand den Anfang dieses Wegs,
doch noch kein Ziel.
Er griff im Taumel des Erfolgs
nach allen Sternen.
Er hob sich selbst
zum Mittelpunkt der Welt,
und er verschrieb sich
ganz dem Fortschritt,
dem großen Neuen,
dem verwegnen Wort,
vom Menschen,
der das Maß der Dinge sei.
3. Sprecher Darüber
ging das Maß verloren
und mit ihm
die Ordnung und das Recht,
die Wahrheit und die Freiheit.
 
Geist wurde Ungeist,
Glaube wurde Zweifel
und ohne Ehrfurcht
vor dem Bleibenden
griff der und jener
nach den letzten Dingen.
Rufer: Und jeder glaubte,
Herr der Welt zu sein,
und war in Wahrheit
nur noch Knecht der Zeit.
2. Sprecherin: Und doch sind neben diesen
tausend andere
suchend unterwegs . . .
1. Sprecher: Und alle suchen
das Gültige hinter dem Gerede,
suchen das Bleibende,
hinter der hektischen Betriebsamkeit,
suchen den Pol
im Getriebe der Zeit,
den ruhenden Pol,
um den alles kreist.
2. Sprecher: Zu viele Menschen finden
keinen Sinn
in ihrem Da - Sein,
der es lohnend
werden ließe.
4. Sprecher: Zu viele Menschen
haben keine Heimat
keinen Platz mehr,
der ihnen eigen ist,
den ihnen niemand
verwehren
noch entziehen kann.
1. Sprecherin: Zu viele Menschen
haben keinen Boden,
auch keinen geist‘gen mehr,
in dem sie wurzeln
und verwurzeln können,
der ihnen bleibt,
wenn alles andere fällt.
3. Sprecher: Zu vielen Menschen weigert man
das Recht
auf Haus und Habe,
auf der Väter Erbe,
auf Hof und Heimat
und auf Sicherheit.
Man läßt
wie Spreu im Wind
sie achtlos treiben.
1. Sprecher: Zu viele Menschen
haben keinen andern,
der ihnen hilft,
wenn sie in Not geraten,
sie aufrichtet,
wenn sie verzweifeln wollen,
und da ist,
wenn sie einen Bruder brauchen.
2. Sprecherin: Zu viele Menschen finden
keinen Gott
auf den Altären,
die von Gott verlassen,
und irren zweifelnd
durch ihr Erden - Sein
und suchen sehnend
nach Geborgenheit.
Rufer: und aus dem Sehnen,
aus dem Zweifel,
dem Entwurzeltsein,
der Einsamkeit,
steht heut die Frage auf,
nach Wert und Unwert,
nach dem, was gültig steht,
über der Zeit.
Musik: Überleitung zum Schlußgedicht
 
Drum suchen wir den Sinn in unsrer Zeit
und glauben dran, daß wir ihn sicher finden,
wenn wir nur Haß und Lüge überwinden
und Liebe säen und Wahrhaftigkeit.
 ,
Drum suchen wir das Recht in unsrer Zeit.
Noch liegt es unter Lug und Trug verborgen.
Wir aber glauben an ein bessres Morgen,
an seinen Sieg und seine Gültigkeit.
 
Drum suchen wir den Bruder in der Zeit,
der treu zu uns hält, wie wir zu ihm halten,
und der uns hilft, das Chaos zu gestalten
zu Zucht und Ordnung in Bescheidenheit.
 
Wir suchen Gott, der Mensch und Dinge mißt,
und sein Gesetz, das uns als Maß gegeben,
das über alle Welt und alles Leben
und über alle Zeiten gültig ist.


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