Ein Wort zu Schund und Schmutz (für Jungengruppen)

Schund und Schmutz ist ein Begriff, der heute wohl keinem mehr erläutert werden muß. Für die, die es trotzdem nicht wissen sollten, sei es hier noch einmal gesagt.
Unter Schund und Schmutz versteht man im allgemeinen alle jene Literatur, die am besten mit Revolverliteratur zu bezeichnen wäre. Die Faust und die Pistole sind die eigentlichen Helden all dieser Erzählungen. Ihre Herren waten im Blut bis an die Knie, ja manchmal bis an den schön verzierten Sattel ihrer Wundergäule.
Dazu kommt dann noch das Magazin, das darum besonders gern gekauft wird, weil auf dem Umschlag in Fettdruck steht: Verkauf an Jugendliche unter 18 Jahren verboten.

Seit Jahren wird diese Art von Literatur bekämpft.
Alle möglichen Stellen haben sich in den Dienst dieser wirklich guten Sache gestellt. Der Erfolg ist bis heute ausgeblieben.
Im Gegenteil -- die Auflagen der billigen Reihen wachsen ins Uferlose. Billy Jenkins reitet nach wie vor und Tom Prox besteht die unwahrscheinlichsten Abenteuer.

Schlimm wird die Sache aber dadurch, daß gerade die Helden dieser blutrünstigen Geschichten die großen Vorbilder unserer Jungen zu werden drohen. Und deshalb müssen auch wir etwas dagegen unternehmen.

Es soll keiner sagen, er hätte sowas in seiner Gruppe nicht. Denn das wäre höchstens ein Zeichen dafür, daß er die Gruppe noch sehr wenig kennt.
Warum sollten ausgerechnet unsere Jungen eine Ausnahme bilden? Die Hefte sind da -- das ist eine Tatsache, die wir nicht aus der Welt diskutieren können.
Wir müssen aber alles tun, um die Gruppen von diesen Geschichten frei zu bekommen. Hier liegt eine nicht unwesentliche Aufgabe für jeden Führer.

Wie aber soll er es anpacken?
Wichtig ist zunächst einmal, daß er sie nicht selber mit Begeisterung verschlingt. Die Jungen müssen merken, daß er diese Art von Literatur ablehnt.
Es wird sich bestimmt einmal eine Möglichkeit ergeben, so ganz kalt und ohne jedes Ereifern zu sagen: „Ich lese diese Dinger nicht!“ Die Betonung muß dabei auf dem Ich liegen!
Es ist klar, daß die Wirkung dieser Worte verpufft, wenn dabei die letzte Folge von den Abenteuern des Schwarzen Reiters aus der hinteren Hosentasche hervorlugt.

Der nächste Schritt ist dann der, den Buben zu zeigen, wieviel Quatsch in diesen Heften verzapft wird.
Dazu kann man, wenn man sehr sicher mit Kommentaren ist, einmal eins vorlesen und die himmelschreiendsten Unwahrscheinlichkeiten als solche hinstellen. Ironische Anerkennungen bringen die Jungen zum Lachen. Auch das übertreibende Lesen hilft dazu.
Wenn wir den Haufen dazu bringen, daß er über seine Helden lacht, ist die erste Schlacht gewonnen. Sie kommen dann mit der Zeit zu dem schönen Satz: Mensch -- ist ja Tinnef!

Dann wird es Zeit, sie auf den Weg zur guten Literatur zu bringen.
Das wird uns am besten dann gelingen, wenn wir ihnen den Beweis dafür liefern, daß auch gute Literatur spannend sein kann.
Wir haben heute schon wieder wirklich ausgezeichnete Jungenbücher, Bücher, die auch im Cowboymilieu spielen, es aber von einer anderen, wirklichkeitsgetreueren Seite zeigen.
Wir müssen aber nicht unbedingt nur Cowboy- und Indianergeschichten bringen. Unsere Geschichte ist so reich an spannenden Ereignissen, daß wir viele Abende damit füllen könnten.
Wenn die Jungen aber erst mal den Beweis haben, daß nicht alle Bücher langweilig sind, werden sie von alleine zur guten Literatur finden.

Bei diesem Vorhaben müssen wir uns unbedingt mit den Eltern verbünden, aber möglichst so, daß die Buben nicht allzuviel davon merken. Die Eltern werden uns gern helfen.

Nur eines dürfen wir nicht tun -- und das ist, diese Hefte verbieten.
Es gibt nichts Sichereres um einen Jungen auf etwas neugierig zu machen, als ein Verbot.
Wenn wir sie erst dazu bringen, daß sie diese Hefte heimlich lesen und sie dann mit einen Grinsen verschwinden lassen, wenn wir auftauchen, haben wir die Schlacht gegen Schund und Schmutz verloren. Und diese Niederlage ist eine vernichtende.

Es kommt also hier erstens auf das Vorbild und die Geschicklichkeit des Führers und zweitens darauf an, Besseres an die Stelle des Schlechten zu setzen.
So werden wir auch hier zum Ziele kommen und Billy Jenkins und Tom Prox werden betrübt ihre Wundergäule in den Wilden Westen zurücktraben lassen.
Und dort gehören sie schließlich auch hin.



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