Fahrt und Lager in der Kinderguppe

“ Fahrt und Lager in der Kindergruppe -- ist das nicht von Anfang an ein aussichtsloses Unterfangen?" so mögen manche denken, gleich beim Lesen der Kapitelüberschrift.

Nun, es ist nicht mehr und nicht weniger aussichtslos, als in jeder anderen Altersstufe, es ist genau so wichtig und der Erfolg hängt genau so wie in unseren anderen Gruppen von der Gruppenführerin ab.

Bevor man an konkrete Pläne geht, sollte man sich immer über den Sinn klar werden. Wenn wir in unseren Gruppen auf Fahrt und ins Lager gehen, so wollen wir damit u.a.:

Sollte das in der Kindergruppe nicht möglich oder notwendig sein?

Ich glaube doch und somit wäre die Frage ob beantwortet, viel schwieriger gestaltet sich die Frage, wie das durchzuführen sei. Denn dass man unsere 6 – l0-jährigen nicht mit gleichen Anforderungen und Voraussetzungen auf Fahrt und ins Lager schicken kann, wie die Älteren, müsste der gesunde Menschenverstand einer Gruppenführerin sagen.
Dass diese Einsicht allerdings noch nicht allgemein verbreitet ist, können die vielen geplagten Lagerführerinnen und Fahrtenleiterinnen unserer Bundesmaßnahmen bestätigen, denen alle Jahre wieder neben ihren auch sonst nicht immer einfachen Aufgaben auch noch die Aufgabe zufällt, für einige eben doch zwischen den Haufen geratene, zu junge Lagerteilnehmer einen Sonderplan für die Lagerzeit durchzuziehen.

Deshalb muss gleich zu Beginn die eindringliche Mahnung stehen:

Unsere Kleinen dürfen nicht überfordert werden!
Wir wollen damit keineswegs gleich Gluckhennen alle Härten von ihnen fernhalten und sie in Watte wickeln. Aber wer unter l0-jährige Kinder zur Übernachtung ins Zelt schickt, muss zumindest allergrößte Vorsicht und peinlichste Vorbereitungen treffen. Und rein körperlich sind die unter l0-jährigen meist noch nicht in der Lage, gleiche Anstrengungen zu bewältigen wie unsere Älteren, z. B. die Jungenschaftler und Jungmädel.
Aus dem ganzen Aufbau dieses Heftes sollte eigentlich hervorgehen, dass in der Kindergruppe das pflegerische Moment den Vorrang neben den anderen Arbeitsgebieten hat. Und das sollte man ganz besonders auf Fahrt und im Lager beachten.

Und noch etwas anderes fällt unter den Gesichtspunkt:
Wenn eine Landsmannschaft oder Gruppe ihrer Kindergruppe etwas Gutes tun will, so packt sie sie manchmal auch in einen Omnibus, fährt sie -- je nach Vereinskasse -- eine mehr oder weniger weite Strecke und gönnt ihren Kleinen einen Ausflug. Sie bewies damit bestimmt viel guten Willen, aber keinerlei Sachkenntnis.
Denn Kindern fällt das Stillsitzen von vornherein schwer und es fällt ihnen auch nicht leichter, wenn sie sitzenderweise durch die Landschaft kutschiert werden! Und ihr Gesichtskreis ist noch lange nicht weit genug, um eine fremde Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart aufzunehmen und vielleicht sogar Vergleiche anzustellen.
Und was bleibt dann übrig für die Kleinen von ihrem Ausflug? Eine Sensation -- mehr nicht. Manchmal noch ein verdorbener Magen, ein wenig zerknitterter Sonntagsstaat und ein paar flüchtige Bilder in der Erinnerung. Das sollte doch aber nicht Zweck der Übung sein. Und vor allem sollten uns in unserer Arbeit dazu die Zeit, die Mühe und auch die Kinder zu schade sein.

Wir müssen es also anders machen und dazu sollten wir uns die Ziele, die wir am Anfang aufstellten, nochmal ins Gedächtnis rufen und vor allem auch den Satz, unsere Kleinen dürfen nicht überfordert werden. Und damit ist diese Arbeit schon umrissen und wir können unseren Weg gewissermaßen abstecken.

Der Anfang ist einfach, an ihm steht:

Die Wanderung.

Wie heißt es doch in unseren Arbeitszielen für die heimatpolitische Arbeit: Das Kind soll seine jetzige Heimat kennenlernen, soweit es sie selbst erlaufen kann. Na also, da haben wir ja Möglichkeiten noch und noch! Wir könnten z. B. zuerst einmal eine Gruppenstunde ausfallen lassen und dafür einen Gang zu einem bekannten Gebäude, durch einen Park oder zu sonst einer Sehenswürdigkeit machen.
Natürlich muss die Gruppenführerin dann auch etwas dazu erzählen können -- und zwar keine Geschichte sondern Geschichten. Das heißt, kleine Sagen oder Erlebnisse -- Fremdenführerweisheit dagegen verstehen die Kinder kaum.

Auf diesem Gang sollte die Gruppenführerin beobachten -- da kann sie, z. B. sehen, welches Kind noch laufen kann, wirklich eine längere Zeit laufen, ohne besonderes Aufhebens, und welches Kind durch Auto, Trambahn und all das schon so verwöhnt ist und erst wieder richtig laufen lernen muss. Und sie wird auch schnell merken (wenn sie es noch nicht weiß), welches Kind ihren Anordnungen folgt und welches nicht; die ersteren sollten gelobt, die anderen müssen bestraft werden, denn Disziplin ist beim Wandern und auf Fahrt das oberste Gebot, sonst kann die Gruppenführerin die Verantwortung gar nicht übernehmen.

Und wenn so die Leistungsfähigkeit der Gruppe erkannt ist, kann der nächste Plan folgen. Das wäre vielleicht ein Ausflug an einem Nachmittag in den Wald oder zu einem anderen, für die Kinder lohnenden Ziel.

Und danach kommt das große Erlebnis:

Die Tageswanderung.

Sie muss gut vorbereitet sein. Z. B. müssen die Kinder einen Zettel mit heimbekommen, auf dem steht, wohin es geht, wann Abmarsch und wann Rückkehr geplant ist (und das muss unbedingt eingehalten werden, damit die Eltern nicht unnötig Angst bekommen), wie die Ausrüstung beschaffen sein soll und was mitzubringen ist.

Zu dieser Ausrüstung wäre vor allem wichtig zu bemerken: Die Kinder dürfen nicht im Sonntagszeug kommen, weil wir dann ja nicht herumtoben können (und das muss man zwischendurch auch einmal); sie müssen unbedingt festes, geeignetes Schuhwerk haben und ihr Essen, der Regenschutz und all das sollte nach Möglichkeit in einem Rucksackerl untergebracht sein, damit die Kinder unterwegs die Arme und Hände frei haben und nicht vom einseitigen Tragen (auch eines Campingbeutels) Kreuzschmerzen oder sonst ein Wehwehchen bekommen.

In der Ausrüstung der Gruppenführerin sollten außerdem sein: Ein hübsches Buch zum Vorlesen (wenn sie nicht eine Menge Geschichten im Kopf hat), viel Hansaplast (denn aufgeschundene Kniee gibt‘s meistens) und vielleicht ein paar Zuckerl als weiteres Trostpflaster für diverse Leiden, und dann vor allem: Viel Umsicht, gute Laune, Geduld und Verständnis.

Zur Durchführung dieser Wanderung sei nur kurz bemerkt:
Kinder können am Tag etwa 10 km erstrampeln nicht viel mehr, aber weniger braucht es auch nicht zu sein. (Von dieser Strecke sollten in der ersten Tageshälfte etwa 2/3 bewältigt werden.)

Sie wollen dazwischen aber immer wieder Rast machen, auch wenn sie zum Gasthaus oder Limonadestand drängen, geht daran lieber vorbei und rastet irgendwo auf einer Wiese oder im Wald, wo man in Ruhe sein Brot verzehren und dann auch gleich ein paar Spiele machen kann.
Der Tag sollte ein besonderes Erlebnis haben -- eine kleine Fuchsjagd, eine Rast auf einer Burgruine mit Sagenerzählen, eine hübsche Tiergeschichte auf einer Waldrast, ein Besuch bei einem Bauern oder so etwas; irgendein besonderes Erlebnis, das haften bleibt. Kinder sind zwar heutzutage an Sensationen gewöhnt und drängen deshalb zuerst mal zu allem was Lärm macht und Aufregung bringt; aber im Grunde genommen tut ihnen die Ruhe viel besser, z. B. die Ruhe in der Natur, abseits von den lauten Straßen.

Und noch einmal denkt daran: Disziplin ist erstes Gebot. Wenn die Kinder nicht folgen, wird der Tag für die arme Gruppenführerin eine einzige Qual.
Was aber noch schlimmer ist: es gibt sowieso schon Möglichkeiten für kleine und große Unfälle genug -- wenn der Haufen wild und undiszipliniert durch‘s Gelände stürmt, wird das aber so unübersichtlich und gefahrvoll, dass es nicht mehr zu verantworten ist. Natürlich wollen die Kinder an diesem Tag noch mehr toben als sonst -- dann aber bei einem Spiel oder irgendwie gesteuert.

Sonst aber laufen wir grundsätzlich zusammen (die Gruppenführerin muss immer den Überblick haben, ob noch alle da sind) und geordnet.
Das muss nicht gleich zu streng ausarten -- die Kinder dürfen dabei ja schwätzen, lachen und springen soviel sie wollen.

Und noch ein Wort zum leidigen beliebten und viel besprochenen Baden:
Im sonstigen Gruppenbetrieb gerne und viel und planmäßig -- auf Wanderungen lieber nicht! Erstens strengt das die Kinder doch sehr an und der Heimweg wird umso beschwerlicher, zweitens muss dann die Gruppenführerin garantiert alle nassen Badeanzüge tragen und drittens ist die Übersichtsmöglichkeit noch geringer. Außerdem sollte man ja nie mit einer Gruppe in unbekannten Gewässern und nach Erhitzung baden!

Mit der Tageswanderung wäre das Kapitel eigentlich beendet, denn mehr sollte es für die unter l0-jährigen noch nicht geben. Die Wochenendfahrt passt noch nicht recht in den Plan, denn wir wollen ja möglichst wenig fahren und viel laufen und die Kinder können eigentlich auf einer Wanderung kaum alles tragen, was man zum Übernachten braucht.
Allerhöchstens wäre ein gemeinsames Wochenende in einer ganz nahen Jugendherberge in diesem Zusammenhang wünschenswert. Das muss aber gut vorbereitet und sorgfältig durchgeführt werden!

Und doch könnte man dieses Gebiet noch ergänzen -- nicht durch eine Kurzfahrt und nicht durch ein DJO - Lager. Aber viele Landsmannschaften, Landesgruppen und sonstige Vereinigungen führen in jedem Sommer:

Kinderlager und Erholungsfreizeiten

durch. Diese Möglichkeiten werden von unseren Kindergruppen noch viel zu wenig in Anspruch genommen. Dabei ist das eine so gute Idee, denn dort hat man die Kinder für eine längere Zeitspanne, kann mit ihnen all das tun, wozu das Jahr über keine Zeit bleibt, und kann ihnen so viel sagen und beibringen, was sonst untergeht. Zudem sind diese Maßnahmen immer von Fachkräften geleitet, die wirklich für eine gute und sorgfältige Durchführung garantieren.

Jede Gruppenführerin sollte sich rechtzeitig dafür interessieren und danach trachten, möglichst viele ihrer Gruppenmitglieder an der Kindererholungsverschickung teilnehmen zu lassen -- das ist für die Kinder und für die Gruppe ein Gewinn!



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