Fahrt und Lager mit Jungmädeln

Auch bei den Jungmädeln sind Fahrten und Lager ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Beide dienen nicht nur der körperlichen Ertüchtigung. Sie erziehen wie kaum etwas anderes zur Gemeinschaft, zur Hilfsbereitschaft und zur Kameradschaft. Damit aber sind sie von wesentlichem charakterbildenden Wert.

Weiters lernen die Mädel, besonders die aus der Stadt, die Natur kennen und schärfen an ihren vielfältigen Erscheinungen den Beobachtungssinn. Ihre Welt wird weiter, sie lernen, daß jenseits der Asphaltwüsten noch anderes da ist, sie erkennen den Wert eines einfachen, naturgebundenen Lebens.

Alles das macht Fahrt und Lager zu einer der wichtigsten Sparten unserer Gesamtarbeit.

Aber Fahrten wollen geplant und Lager wollen vorbereitet sein. Der Führerin entsteht viel Arbeit damit. Das meiste muß schon getan sein, wenn die Gruppe zur ersten Fahrt antritt.

Zu diesen Vorbereitungen gehört in erster Linie die Sicherstellung von Übernachtungen und Verpflegung. Weiters müssen die Mädel in vorhergegangenen Heimabenden über ihr Verhalten unterwegs belehrt werden. Sondertouren gibt es nicht. Mädel, die gerne ihre eigenen Wege gehen, nehmt ihr am besten gar nicht mit. Manches Unglück ist dadurch geschehen, daß einzelne nicht Disziplin halten konnten. Und Disziplin wird gerade auf Fahrten und in Lagern ganz groß geschrieben.

Die Führerin selbst muß sich darüber im klaren sein, daß sie während der Dauer der Fahrt oder des Lagers noch weniger ein Privatleben hat, als sonst. Sie muß ihr eigenes Ich vollständig vergessen und nur für die Mädel da sein. Nur so wird sie sich das Vertrauen und damit unbedingte Gefolgschaft sichern.

Selbstverständlich muß jede Führerin eine Ahnung von erster Hilfe haben, sie soll auch mit der Karte umgehen und sich im Gelände orientieren können. Sie muß aber auch die Verkehrsregeln beherrschen und wissen, welche Pflanzen unter Naturschutz stehen. Die Jugendherbergsordnung gehört sowieso zum eisernen Wissensbestand jeder Jugendführerin.

Gruppen, die nicht versichert sind, bleiben am besten daheim (die Versicherungsprämie betragt DM -,50 im Jahr). Nähere Auskunft: Bundesgruppenführung der SdJ‚ Bad Kissingen, Heiligenhof.


Die Fahrt

Richtig und systematisch durchgeführte Fahrten sollen unseren Jungmädeln die Heimat erschließen. Sie führen deshalb in konzentrischen Kreisen von der engsten Heimat zur weiteren. Sie steigern sich somit von der Halbtagswanderung über die Tagesfahrt zur Wochenend- und Mehrtagefahrt. Mehr als 2 bis 3 Tage solltet ihr aber mit Jungmädeln nicht unterwegs sein. Vor jeder mehrtägigen Fahrt müssen mehrere Tagesfahrten unternommen werden. Die Zeitspanne zwischen den Fahrten ist mit 3 bis 4 Wochen gerade richtig.


Die Halbtagswanderung

Für sie ist eine große Vorbereitung nicht notwendig. Wichtig ist nur, daß die Mädel in entsprechender Ausrüstung losgehen. Stöckelschuhe und Sommerkleider eignen sich nur sehr mäßig. Auch auf eine Halbtagswanderung nimmt man lieber den Brotbeutel als eine Handtasche mit. Der Regenmantel gehört immer dazu.

Halbtagswanderungen eignen sich gut als Wanderungen ins Blaue. Nur die Führerin muß wissen, wohin sie will und ob sie das in einem halben Tag auch schaffen kann.


Die Tagesfahrt

Auch dabei wird sich die vorbereitende Besprechung auf den Hinweis auf sachgemäße Ausrüstung und Verpflegung beschränken können. Es gibt auch Mädel, die immer befürchten, verhungern zu müssen und die sich für eine Tagesfahrt verproviantieren, als gelte es eine Nordpolexpedition. Macht ihnen klar, daß viel Verpflegung viel schleppen heißt. Die ganz Unbelehrbaren werden es dann merken. Die Zielangabe ist hier vielleicht schon notwendig. Zumindest müßt ihr besorgten Müttern sagen, wohin ihr gehen wollt. Ob ihr es auch den Mädeln sagt, könnt ihr von Fall zu Fall entscheiden. Beides hat Vor- und Nachteile.

Die Tagesleistung sollte 15 bis 20 km nicht überschreiten. Achtet auf genügend lange Pausen. Unterwegs muß die Gruppe auf Rufweite zusammenbleiben. Marschieren wollen wir aber nicht.

Jede Gelegenheit, die Mädel zur Naturbeobachtung zu bringen, sollte ausgenützt werden. Wir suchen also versteckte oder seltene Pflanzen, bestimmen Vogelstimmen, schätzen Entfernungen, stellen Himmelsrichtungen fest etc. Bei längerem Rasten können Fahrtenspiele durchgeführt, Wanderlieder eingeübt oder die Mädel auf auffallende Gelände- oder Siedlungsformen hingewiesen werden.

An heißen Tagen werden zwei ziemlich schwerwiegende Probleme auftauchen. Das eine ist das Trinken, das andere das Baden. Für das erste gilt, daß wir Gasthäuser möglichst meiden und auf keinen Fall Wasser trinken, das nicht ausdrücklich als Trinkwasser gekennzeichnet ist. Für das Baden kann gesagt werden, daß es dort, wo eine Badeanstalt und damit ein Bademeister vorhanden ist, keine Bedenken dagegen gibt, sofern die Mädel genügend lange warten, um wieder kühl geworden zu sein. In fremden Gewässern zu baden, empfiehlt sich nicht. Dort sollt ihr die Mädel höchstens bis Kniehöhe ins Wasser lassen und selbst draußen bleiben und aufpassen. Eine weitere Gefahr ist der Sonnenbrand. Achtet bei den Ruhepausen darauf, daß sich keines der Mädel zu lange der Sonne aussetzt und laßt euch nicht dadurch bereden, daß eine behauptet, sie bekäme keinen Sonnenbrand. Daß die Gefahr bei hellhaarigen Mädeln größer ist, als bei dunklen Typen, wißt ihr wohl schon!


Wochenendfahrt

Für eine Wochenendfahrt ist schon eine sorgfältigere Vorbereitung notwendig. Zu allererst müssen die Eltern ihre Zustimmung geben. Dann müssen die Übernachtungsmöglichkeiten gesichert werden. Falls ihr in einer Jugendherberge übernachten wollt, müßt ihr euch 4 Wochen -- in der Hauptwanderzeit bis 4 Monate -- vorher anmelden. Die Termine müssen eingehalten werden, weil euch die JH sonst die Rechnung schickt, auch wenn ihr nicht dort gewesen seid. Das ist natürlich ungünstig und wirft die Frage auf, ob nicht doch das Zelten der Übernachtung in einer JH vorzuziehen ist.

Für das Zelten spricht manches. Man ist unabhängig von jeder anderen Unterkunft. Die Abende vor dem Zelt, am flackernden Lagerfeuer sind echte Erlebnisse. Aber Zelte und alles was dazu gehört haben ein bedeutendes Gewicht, das Mädeln auf dieser Altersstufe fast nicht zugemutet werden kann. Außerdem ist das sachgemäße Aufstellen von Zelten durchaus nicht einfach und für Mädel meist eine Wissenschaft, die sie nie so ganz erlernen. Und noch eines kommt dazu: Oft ist man abends einfach zu müde, um lange mit dem Zelt herumzukramen. Meist geht das auf Kosten der Unterlage, die sehr dünn ausfällt. Ein Mädel kann sich dabei leicht einen gesundheitlichen Schaden für sein ganzes Leben holen.

Darum sind Zeltnächte ganz besonders gut vorzubereiten. Verlaßt euch bitte nicht darauf, daß ihr schon einen geeigneten Lagerplatz finden werdet. Er muß vor Antritt der Fahrt festgelegt werden und die Führerin nimmt sich dazu am besten einen erfahrenen Jungenführer mit. Geht mit einem Zeltplatz nie zu weit von Orten oder mindestens Einzelhöfen weg. Und denkt daran, daß es auch Leute gibt, die sich einen Spaß daraus machen, euch in der Nacht einen heillosen Schrecken einzujagen!

Zeltaufbau, Feuerstellenbau usw., müssen vorher gut geübt werden. Außerdem muß das Ziel einer Wochenendfahrt so nahe sein, daß man es auf alle Fälle vor Einbruch der Dunkelheit erreicht, und noch Zeit hat, bei Tageslicht die Zelte aufzustellen. Zeltbau im Dunklen schaffen nicht einmal alle Jungengruppen! Legt die Feuerstellen richtig und weit genug vom Waldrand entfernt an. Und überlegt euch, was ihr kochen wollt und wer kocht. Dazu nehmt ihr euch am besten ein oder zwei größere Mädel mit. Das ist auch dann von Vorteil, wenn ihr mehrere kleine Zelte aufbauen müßt.


Die Mehrtagefahrt

Wie schon erwähnt, reichen für Jungmädelgruppen zwei bis drei Tage vollständig aus. Für Mehrtagefahrten empfiehlt es sich auf alle Fälle, in Jugendherbergen zu übernachten. Zelten solltet ihr nur im alleräußersten Notfall und dann womöglich auf vorbereiteten Zeltplätzen. Über das Camping heute schon ein Urteil zu fällen, wäre wohl etwas verfrüht. Wir müssen uns dieser im letzten Jahr so modern gewordenen sogenannten Camping-Bewegung nicht unbedingt anschließen. Es gibt allerdings die Möglichkeit, daß sich die Führerin vorher die Strecke ansieht und die Zeltplätze festlegt. Wasser, Holz und Stroh muß sichergestellt sein.

Vielleicht wäre noch etwas über die Verkehrsmittel zu sagen. Es ist heute leider Gottes ziemlich aus der Mode gekommen, zu Fuß zu gehen. Das allermindeste ist das Fahrrad. Inwieweit wir mit Jungmädelgruppen Fahrradfahrten machen können, muß jeder Gruppenführerin überlassen bleiben. Auf alle Fälle darf auch die Fahrradtour nicht in Kilometerfresserei ausarten. Es dürfte aber kaum eine Jungmädelgruppe geben, in der jedes Mädel ein Fahrrad, und zwar ein brauchbares Fahrrad hat.

Da wir aber immer möglichst die ganze Gruppe mitnehmen wollen, werden wir also wandern müssen. Großstadtgruppen werden ohne Verkehrsmittel nicht auskommen. Wir sollten sie aber nur als Transportmittel benutzen, d. h. mit ihnen an den Ausgangspunkt unserer Fahrt gelangen und uns dann auf unsere Gehwerkzeuge verlassen. Autobusreisen umfaßt der Begriff Fahrt und Lager bei uns nicht!


Das Lager

Für jedes Jungmädel ist ein gut durchgeführtes Lager ein Erlebnis! Deshalb müssen wir unsere Lager besonders gut vorbereiten.

Für ein Zeltlager gilt folgendes:

  1. Der Lagerplatz ist sorgfältig auszuwählen. Er muß gegen Wind und Wetter geschützt sein, möglichst in der Nähe von Holz und Wasser und möglichst abseits vom Verkehr liegen.
  2. Ordnungsgemäße Waschanlagen und Abtritte müssen vorhanden sein.
  3. Die Feuerstelle ist sorgfältig anzulegen und möglichst aus Steinen zu errichten.
  4. Der Zeltboden muß mit einer dicken Strohschicht abgedeckt werden.
  5. Unbedingte Ordnung in den Zelten und auf dem Lagerplatz ist die erste Voraussetzung zu einem guten Lager.

Mädel, die sich nicht an die Lagerordnung gewöhnen können, schickt ihr am besten nach Hause, bevor etwas passiert ist.

Für Lager in einer Jugendherberge:

  1. Rechtzeitige Anmeldung mit Angabe der Teilnehmerzahl und der Dauer des Lagers.
  2. Unbedingte Einhaltung der Termine oder rechtzeitige Ummeldung.
  3. Vorherige Festlegung des Verpflegsatzes, damit ihr den Lagerbeitrag der einzelnen Teilnehmerinnen festlegen und vorher einheben könnt.
  4. Genaueste Beachtung der Jugendherbergsordnung.

Ein Lager ist keine Sommerfrische. Für eine ausreichende Beschäftigung muß gesorgt werden. Der Tagesplan, der auch Ausweichmöglichkeiten für Schlechtwetterperioden enthalten muß, soll vorher festgelegt werden. Daneben muß genügende Ruhezeit vorgesehen sein. Zwei Stunden täglich, und zwar die Stunden nach dem Mittagessen sind dafür vorzusehen. In dieser Zeit hat im Lager Ruhe zu herrschen.

Wenn das Lager geräumt wird, muß der Lagerplatz in vollster Ordnung wieder übergeben werden. Das Stroh muß weggeräumt, die Feuerstelle abgedeckt und alle sonstigen Dinge abgebaut sein.

Dasselbe gilt für die Lagerplätze auf den Fahrten. Wir sind ja nicht allein auf der Welt und selbst dann wäre es noch nicht notwendig, daß verlassene Lagerplätze aussehen, als wären die Hunnen dagewesen. Eier- und Obstschalen, Papier- und Speisereste dienen absolut nicht zur Verschönerung der Natur.

Und eines ist noch zu bedenken:

In jeder Jugendherberge und in allen Orten, durch die ihr kommt, wird man nach euch und eurem Benehmen nicht nur eure Gruppe, sondern den ganzen Verband beurteilen.

Wenn ihr immer daran denkt, werdet ihr euch überall so benehmen, daß sich auch nach euch wieder eine Gruppe mit dem Ärmelwappen der SdJ dort sehen lassen kann.



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