Die heimatpolitische Arbeit ist ein wesentlicher und eigener Teil der Gesamtarbeit in der Sudetendeutschen
Jugend. In ihr unterscheiden wir uns von allen anderen Jugendverbänden.
Wir haben auf diesem Gebiet eine sehr wichtige und bedeutsame Aufgabe zu erfüllen. Dies ist -- besonders
unter den heutigen Verhältnissen -- nicht leicht. Wir müssen deshalb so früh wie nur irgend möglich mit dieser
Arbeit beginnen.
Schon in der Kindergruppe wird der Grund dazu gelegt.
Da wir aber heute noch lange nicht so weit sind, daß alle unsere Jungmädel aus einer Kindergruppe kommen,
werden wir in den Jungmädelgruppen oft ganz von vorne anfangen müssen.
Es ist dabei ziemlich sinnlos, große Worte von Heimat, Heimatbewußtsein und Heimaterlebnis im
Munde zu führen.
Was sind schon Worte! Wir müssen aber unbedingt versuchen, diesen Worten einen echten und letzten Endes
auch neuen Inhalt zu geben.
Diesen Inhalt hat das Wort Heimat -- sofern es überhaupt Eingang in den Sprachschatz des 10-jährigen Mädels
gefunden hat -- wohl schon und er ist auch echt.
In kaum einem Falle aber ist dieser Inhalt gleichzusetzen dem Worte Sudetenland. Wir wollen uns
darüber keiner Täuschung hingeben.
Je jünger unsere Gruppen werden, desto größer wird die Entfernung des Begriffes Heimat zum
Begriff Sudetenland. In immer größerem Maße wird das Wort Heimat den Wohnort, dessen nächste
Umgebung, den Kreis und später vielleicht noch den Regierungsbezirk und das Land umfassen. Bis zu dem Begriff
Sudetenland ist also noch ein weiter Weg.
Wir aber müssen den Mut haben, diesen Weg zu gehen, um dem Worte Heimat den Inhalt Sudetenland
mitzuschaffen.
Kommt das Mädel aus der Kindergruppe, liegt der erste Teil dieses Weges bereits hinter ihm. Es hat dann
schon eine ganz persönliche Einstellung zu dem Begriff Sudetenland.
Alle aber wissen wahrscheinlich, daß ihre Eltern unter zu Hause etwas anderes verstehen als sie
selber. Hier ergibt sich der Anknüpfungspunkt auch für die, die erst mit 10 Jahren oder noch später zu uns
kommen.
Wir lassen sie einmal erzählen, wo ihre Eltern früher gewohnt haben, wie es dort ausgesehen hat und lassen
sie Bilder mitbringen und zeigen. Über die Eltern und ihr Leben in ihrer Heimat schaffen wir meist die
Verbindung am schnellsten und wohl auch am sichersten.
Die heute 14-Jährigen haben meist noch eine mehr oder weniger vage Vorstellung von der alten Heimat.
Sie haben noch ihre Erinnerungen. Diese aber sind in den allermeisten Fällen überschattet durch das
Erlebnis der Austreibung.
Hier müssen wir uns vor allem darum bemühen, diese Schatten, wenn auch nicht zu beseitigen, so doch zu
durchbrechen und die darunter liegenden Erinnerungen an freundlichere Tage wachzurufen.
Der nächste Schritt auf dieser Altersstufe wäre bei den Mädeln, die sich angebahnte Beziehung dadurch zu vertiefen, daß wir ihnen die im Sudetenland wartende Aufgabe zeigen.
War bisher die Arbeit mit Mädeln gleich der mit gleichaltrigen Jungen, so tritt hier die erste
Notwendigkeit zu einer anderen Arbeitsweise an die Mädelführerin heran.
Jungen sehen als Leistungsziel das Neuschaffen, das Gewinnen, das Messen ihrer Kraft an den Widrigkeiten
des Lebens.
Mädel wollen in viel stärkerem Maße behüten, bewahren, durchgestalten und vertiefen.
Sie dringen tiefer in die kleinen Dinge des Alltags ein, sie betrachten sie mit anderen, liebevolleren
Augen und wollen im Grunde ihres Wesens helfen, heilen, bessern und vermitteln -- mit einem Wort gesagt: der
Junge stürmt, das Mädchen bemuttert.
Wir werden das beachten und unsere Arbeitsweise darauf einstellen müssen.
Wenn wir unseren Mädeln Geschichten aus der Geschichte des Sudetenlandes erzählen, so werden diese
Geschichten nicht so sehr die großen Ereignisse als vielmehr deren Auswirkungen auf die Ebene der Familie zum
Inhalt haben.
Familien- und Mütterschicksale, aus dem Alltag gegriffen, Frauengestalten und ihr Wirken, Geschehnisse am
Rande der großen Dinge mit einem Wort gesagt, die Geschichte in der Familie, dort also, wo sie in viel größerem
Maße geduldet als gemacht wird.
Solche Erzählungen sprechen einmal das Gemüt an, sie zeigen aber zum anderen den Platz, die Aufgabe und die
Bedeutung der Frau, die ja im Laufe der Geschichte an allen großen Entscheidungen irgendwie beteiligt ist.
Am Anfang dieser Arbeit steht die Sage. Daran ist gerade bei uns kein Mangel.
Jede Landschaft hat ihre Sagen. Sie bringen nicht nur manches Geschichtliche, es lassen sich darüber
hinaus Schlüsse auf die Landschaft und ihre Besonderheiten, sowie auf die Tätigkeit ihrer Bewohner und ihr
Alltagsleben ziehen.
Vergleiche mit Sagen aus binnendeutschen Landschaften ermöglichen außerdem ein Herausstellen gemeinsamer
Güter oder gleicher Schicksale.
Wir müssen uns schon die Mühe nehmen, auch solche Sagen aufzuspüren und zu erzählen. -- Wir geben damit
unseren sudetendeutschen Mädeln das Gefühl, nicht so sehr anders zu sein und den einheimischen
Mitgliedern der Gruppe Boden unter die Füße und stärken auch in ihnen das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das
ja in vielen Fällen schon da ist.
Daß wir uns aus den Geschichten, die wir in die Sagen mischen und die schließlich die Sagen ablösen sollen,
möglichst solche wählen, die sich einigermaßen an geschichtliche Tatsachen halten, ist wohl klar.
Ebenso selbstverständlich sollte es werden, daß wir auch den Mädeln das Sudetenland nicht nur als das
Land zeigen, in dem alles besser, schöner und leichter war, sondern ihnen ein wahres Bild zu vermitteln suchen.
Und ein solches Bild hat auch -- natürlich wiederum nicht nur -- graue Seiten.
Wichtig ist hier nur, daß beide Extreme vermieden werden.
Hier findet dann auch die Ballade Platz in unserer Arbeit. Sie bringt viel Handlung in verdichteter Form
und meist klarer, wirklich schöner Sprache.
Der Balladenschatz, der sich mit fraulichem Erleben im Laufe der Geschichte beschäftigt, ist zudem
wesentlich größer als der Bestand an thematisch ähnlicher Prosa. Und Balladen haben den großen Vorteil, daß sie
den Beweis erbringen, daß auch Gedichte spannend sein und eine Handlung haben können.
Bei Mädeln können in vorsichtigen Dosen auch Proben reiner Lyrik gebracht werden.
Und an der sind wir ausgesprochen reich.
Das so entstehende Bild der Heimat und des Lebens in ihr wäre aber unvollständig, wenn nicht auch das
tatsächliche Bild dazu käme. Die Leidenschaft, mit der gerade Mädel alle möglichen Bilder sammeln, kann uns
hier helfen. Wir müssen sie nur in die richtigen Bahnen lenken und entsprechend auswerten.
Wir basteln uns selbst eine Sammelmappe und kleben alle Bilder ein, zunächst die aus der engeren Heimat,
später charakteristische für das Sudetenland überhaupt.
So bekommt jedes Mädel ein Heimatbilderbuch, das sie sich nach ihrem persönlichen Geschmack ausgestalten
kann und das sie immer greifbar hat.
Im Heim oder doch im Besitz der Gruppe sollten sich natürlich möglichst viele der erschienenen
Bildkalender und Bilderbücher des Sudetenlandes befinden.
Auch auf unseren Fahrten und Wanderungen ergibt sich manche Möglichkeit, die langsam sich bildende
Vorstellung vom Sudetenland zu ergänzen.
Immer wieder werden wir Landschaften finden, die der und jener Heimatlandschaft ähnlich sind.
Wir dürfen an solchen Ähnlichkeiten nicht vorübergehen, denn diese natürliche Anschauung ist besser als
alle Bilder, auch dann noch, wenn sie nicht in allen Einzelheiten mit der Heimatlandschaft übereinstimmt.
Ein Weg, der heute leider sehr häufig beschritten wird ist falsch.
Es ist jene Methode, die so beginnt: „Hier ist nicht eure Heimat -- eure Heimat ist das
Sudetenland!“ Danach wird die Karte entrollt und es geht los.
Denkt doch bitte daran, daß der Heimatbegriff in vielen kleinen Dingen des täglichen Erlebens wurzelt, daß
er also gewachsen ist und deshalb eine echte Bindung darstellt. Deshalb muß er bei euren Mädeln meistens einen
ganz anderen Inhalt haben als bei euch selber.
Wir müssen uns aber gerade heute in unserer sowieso bindungslosen Welt davor hüten, echte Bindungen zu
zerstören, ohne dafür andere, ebenso echte an die Stelle der zerstörten setzen zu können. Und selbst wenn wir
das könnten -- und wir können es heute nicht -- müßten wir es uns dreimal überlegen, ehe wir es tun dürften.
Wir wollen also Bestehendes bestehen lassen und über den vorhandenen Grund das Neue bauen.
Das heute leider, leider oft schon zum Schlagwort gewordene Wort von der geistigen Heimat hat natürlich
seine Berechtigung.
Es setzt aber einen gewissen Stand der geistigen Entwicklung voraus, den unsere Zehnjährigen ebensowenig
wie die Vierzehnjährigen erreicht haben. Deshalb können wir damit in der Jungmädelgruppe noch recht wenig
anfangen.
Wir können seine Werdung höchstens langsam vorbereiten.
Überhaupt liegen die Ziele der heimatpolitischen Arbeit in der Jungmädelgruppe zum allergrößten Teile in der Vorbereitung der Arbeit auf den nächsten Altersstufen. Wir wollen -- und müssen! -- folgendes erreichen:
Unsere Jungmädel sollen eine sicher gründende, persönliche Einstellung zu dem Begriff Sudetenland haben.
Sie sollen darüber hinaus die Größe der von ihren Vorfahren dort vollbrachten Leistungen erkannt und das Gefühl bekommen haben, dort eine ihnen entsprechende Aufgabe zu finden.
Wenn wir das erreichen, können wir zufrieden sein. Denn dann haben wir den Grund zu weiterem Aufbau in den höheren Altersstufen gelegt.
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