Walther Hensel, Kurzbiographie

Walther Hensel ist einer der Mitbegründer des deutsch - böhmischen Wandervogels. Sein Geburtsname ist Julius Janizcek (geb. 1887 in Mähr. Trübau, gest. 1956 in München), er nannte sich seit seinen Jugendjahren Walther Hensel.

Walther Hensel war außerordentlich begabt. Er hatte das absolute Gehör und soll mehr als 20 Sprachen beherrscht haben, auch die für Deutsche schwer erlernbaren Sprachen im finn-ugrischen Sprachkreis (finnisch, ungarisch). Mit fanatischem Eifer begann er mit der Transkription von Liedern, die ihm seine Mutter und Großmutter vorgesungen haben (Transkription = Aufschreiben von Text und Melodie nach dem Gehör). Danach sammelte er die Volkslieder seiner Heimat, dem Schönhengstgau, dann Lieder in Franken und Kärnten. Volkstumsfahrten mit Wandervogelgruppen führten ihn wenig später durch ganz Europa. Seine besondere Liebe galt Finnland. Überall sammelte er Volkslieder, transkripierte sie und übersetzte sie später in die deutsche Hochsprache. Seine -- nach der Vertreibung an seinem letzten Wohnort Teplitz leider verschollene -- Sammlung soll mehr als eine Million Volkslieder und Musikstücke umfasst haben.

Walther Hensel war Lehrer und wurde später Hochschullehrer, zuletzt in Stuttgart. Da er völlig apolitisch war, konnte man ihn so gut wie nicht in die Schul- und Hochschularbeit des III. Reiches eingliedern. Doch die zuständigen Machthaber erkannten seine Bedeutung und alimentierten seine musikwissenschaftliche Arbeit. Während des Krieges lebte Walther Hensel als Privatwissenschaftler in Teplitz, das Kriegsende überraschte ihn bei einem Besuch seiner Schwiegereltern in Landshut.

Walther Hensel war dann noch kurze Zeit im Bayerischen Landesverein für Heimatpflege tätig, lebte aber in seinen letzten Lebensjahren völlig verarmt und ohne Einkommen seinen privaten musikwissenschaftlichen Studien. Er wurde mit dem Großen Sudetendeutschen Kulturpreis 1956 ausgezeichnet, kurz danach starb er im gleichen Jahr. Die Dotation des Kulturpreises habe -- so erzählte seine Tochter Hildegard -- gerade für die Beerdigungskosten gereicht. Er wurde am Münchner Waldfriedhof beerdigt, sein Grab wird von der Walther - Hensel - Gesellschaft gepflegt.

Lieder aus der Sammlung Walther Hensels gingen in die Musikerziehung der Schulen ebenso ein, wie in den Liedschatz von Jugendgruppen und Chören. Sie nahmen Einfluss auf das Schaffen von Werner Gneist, Fritz Jöde, Caesar Bresgen und auf das vieler anderer Komponisten. Er war befreundet mit vielen, die seine Gedanken aufnahmen. So entwarf er mit seinem Freund Kiem Pauli das 1. Alpenländische Preissingen (Information Erich Sepp, Volksmusikreferent im Bayer. Landesverein für Heimatpflege). Schon bald bekämpfte Walther Hensel die falsche Sentimentalität und das Pathetische der Biedermeierzeit und teilte die gesammelten Volkslieder entsprechend ihrer Qualität in „sehr schön“, „mittelmäßig“ und „nicht zu singen“ ein.

Bis heute ist Walther Hensel mit der Finkensteiner Singbewegung in der Erforschung und Pflege der Volkslieder Europas von großer Bedeutung. Mit seinen Freunden aus der Singbewegung entwickelte er die größte Breitenarbeit aller Zeiten bis heute. Die Überlieferungen werden in der Walther - Hensel - Gesellschaft gepflegt und dokumentiert.

  Offene Singen -- Volkstanzfeste -- Singwochen -- Bärnreither - Verlag:

Walther Hensel konnte mit seiner Form des Singens und Musizierens tausende junge Leute begeistern. Zusammenkünfte in Mähr. Trübau, Mähr. Schönberg, Neutitschein und anderen Orten hatten oft mehr als 500 Teilnehmer, die das Erlernte dann in ihren Jugendgruppen, Schulen und Chören verbreiteten.

Immer wieder lud Walther Hensel in sudeten-schlesische und mährische Städte zum gemeinsamen Singen ein. So entwickelte er die Form des Offenen Singens, die bis heute eine gern und oft geübte Veranstaltung im Jugendsingen Europas ist und besonders in der Sudetendeutschen Jugend (SdJ) gepflegt wurde.

Wandervogelfreunde wie Siegfried Knirsch, Sepp Großschmidt und andere übersetzten diese Form des Zusammenkommens in große Volkstanzfeste.

Aus dem ersten Finkensteiner Wandervogeltreffen entwickelte sich unter Walther Hensel die heute in der ganzen Welt bekannte Form der Singwochen.

Walther Hensel verbreitete Volkslieder zuerst in Liedblättern, dann in Liederbüchern. Ein Meilenstein für die europäische Singbewegung ist sicher auch die in Finkenstein begonnene Freundschaft mit Hans Breuer. Breuer übernahm Hensels Liedblätter zum Druck. Mit Hensels Liedblättern und Liederbüchern gründete er den Bärnreither - Verlag, der heute noch einer der größten und bedeutendsten Musikverlage in Deutschland ist.



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