Oskar Böse ist 80

Initiator, Organisator und Führungspersönlichkeit

Oskar galt als Jugendvertreter, als er schon fast 60 Jahre alt war. Auch heute noch sprüht Oskar Böse vor Ideen und jugendlicher Bereitschaft, obwohl er am 10. Juni seinen 80. Geburtstag feierte.
Böse wurde in Seifersdorf/Kreis Deutsch Gabel geboren und lebte seit 1935 in Reichenberg.
Nach Kriegsabitur 1942 war er zuerst im Reichsarbeitsdienst und leistete danach seinen Wehrdienst.
Von Prag aus kam der ehemalige Gebirgsjäger 1945 in die Steiermark und in das oberbayerische Berchtesgaden.

Wie für alle Flüchtlinge der damaligen Zeit begann auch für Oskar Böse die Suche nach Landsleuten.
In diesem Bemühen gründete er schon 1948 eine der ersten Gruppen der Sudetendeutschen Jugend (SdJ).
Mit dem Arbeitsamt baute er in Berchtesgaden ein Projekt gegen Jugendarbeitslosigkeit auf, die unter den Kindern der Vertriebenen besonders groß war. Der Modellversuch mündete im Aufbau einer Berufsausbildungsstätte in Ingolstadt, deren Leiter er von 1950 bis 1952 war.

Seit 1951 war Ossi SdJ-Hauptjugendführer, Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Jugend (SdJ) in Deutschland und Österreich.
Nach dem Zusammenschluß der Vertriebenen-Jugendverbände 1952 zur Deutschen Jugend des Ostens (DJO) wurde Oskar Böse 1953 auch deren Bundesvorsitzender.
SdJ- und DJO-Bundesvorsitzender blieb er bis 1965 und 1967.
Seine besondere Leistung war die Öffnung nach außen. Die DJO hatte damals einen guten Namen im Deutschen Bundesjugendring.

Der damals nicht einmal 30jährige hatte sehr viel Geltung auch in den Erwachsenenverbänden.
Böse war Mitbegründer des SL-Bundesverbandes und deren Bundesvorstandsmitglied von 1951 bis 1999, ebenso Gründungsmitglied im Bund der Vertriebenen und hatte Sitz und Stimme in dessen Präsidium von 1953 bis 1995; Auch in der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und im Ostdeutschen Kulturrat war er tätig.

1952 gründete er mit Freunden das Sudetendeutsche Sozialwerk.
Als dieses 1952 den Heiligenhof kaufen konnte, übernahm Ossi Böse mit seiner jungen Frau Peppi Hölzel die Leitung.
Die sudetendeutsche Heimstätte europäischer Jugend, ein kleines Haus mit gerade 40 Betten, hatte eine weite Ausstrahlung.
Für die Gruppenführer der Sudetendeutschen Jugend wurde es Heimat.
In jährlich mehreren Gruppenleiterlehrgängen und Jugendtagungen bot der Heiligenhof Aus- und Weiterbildung, aber auch die Gelegenheit zum Gedankenaustausch.
Und hunderte Kinder von Landsleuten kamen in den Sommerferien zu Erholungsfreizeiten ins Haus.

Erich Kukuk übernahm mit seiner jungen Frau Traudl 1957 die Leitung des Heiligenhofes, als Ossi Böse sich mit der Bundesgeschäftsstelle der DJO in Bad Kissingen einmietete und hauptamtlich der Jugendführung widmete.

Obwohl 1956 vergrößert, war der Heiligenhof damals schon wieder zu klein geworden.
Große Programme wurden in den nächtlichen Arbeitsstunden entwickelt:
Lehrgänge, Arbeitsbriefe, die Zeitung Der Pfeil, die Form der Volkstumsabende, die Gestaltung des Sudetendeutschen Tages . . . .

Lange bevor andere von Europa sprachen, öffnete sich die Haustüre des Heiligenhofes für Gruppen aus Westeuropa.
Die Jugend der Ladoga-Karelier, der Vertriebenen in Finnland, kam schon 1952 zu Besuch, davor waren auch junge Franzosen zu Gast, Freunde aus den osteuropäischen Emigrantengruppen folgten.
Diese internationalen Begegnungen zeigten den Weg in die damals neu formierte Föderation europäischer Volksgruppen (FUEV) , in deren Arbeit sich Oskar Böse aktiv einbrachte.
Er gründete 1961 die Juqendkommission der FUEV und wurde deren erster Präsident.

Angehörige der Sudetendeutschen Jugend fuhren seit Mitte der fünfziger Jahre über die Grenzen, um im Ausland das Schicksal der Vertriebenen und Menschenrechtsfragen zu diskutieren.
Seit 1955 fuhren sudetendeutsche Spielscharen in westeuropäische Länder, nach Amerika, nach Südafrika.
Hinter all diesen Projekten stand Böse als Initiator, als Organisator und vor allem als starke Führungspersönlichkeit.

Nie hat die SdJ unter Böses Führung ihre Arbeit unpolitisch oder gar als Selbstzweck verstanden.
Schon beim Sudetendeutschen Tag 1956 gab sie ihrem Wollen in einem Bekenntnis der Jugend Ausdruck. 1962 folgte als Aufruf zur Partnerschaft eine Botschaft an die tschechische Jugend, dann viele Erklärungen und Initiativen.
Höhepunkt dieser Arbeit war ein Jugendkongreß zum Jahr der Menschenrechte 1965, den Böse leitete.

1965 und 1967 gab Oskar Böse seine Ämter im Jugendverband an die nächste Führungsgeneration weiter.
Längst schon war er in der Arbeit der Führungsgremien von SL und BdV verankert.
Von 1976 bis 1991 war er Stellvertretender SL-Bundesvorsitzender, arbeitete im Vorstand der Sudetendeutschen Stiftung mit und nahm Einfluß auf die Gestaltung des Sudetendeutschen Hauses.

1965 folgte Böse dem Ruf als Leiter des Hauses des Deutschen Ostens nach Düsseldorf.
Im HdO baute Böse ein Programm mit starken Akzenten im Kulturaustausch mit Osteuropa auf.

Er arbeitete in vielen Vertriebenen-Gremien mit, wurde Generalsekretär des Sudetendeutschen Rates, hatte seit 1976 Sitz und Stimme im Vorstand der Sudetendeutschen Stiftung und des Adalbert Stifter Vereins München, war Mitglied im Vertriebenenbeirat des Bundesinnenministeriums und im Programmbeirat des Westdeutschen Rundfunks.

Herausragende Verdienste erwarb sich Oskar Böse in seiner Tätigkeit als SL-Bundeskulturreferent. Beeindruckend waren auch seine Aktivitäten als Heimatkreisbetreuer von Reichenberg mit partnerschaftlichen Kulturprogrammen in Reichenberg seit 1990.

Böse ist ein Visionär, der den Mut und die Kraft hatte, Visionen und Konzeptionen durchzusetzen.
Seine hervorragende Eigenschaft ist die Gabe, mit vielen Menschen Gespräche zu führen; er hört zu und nimmt Gedanken und Vorschläge auf, ordnet sie und fügt sie zu einem Gesamtplan zusammen.
Das Wichtigste dabei ist: Er sucht und findet immer Leute, die seine Pläne und Konzeptionen mit ihm verwirklichen.

Er verstand es immer, die landsmannschaftliche Gemeinschaft zu stärken.
Die vielen Gratulanten zu seinem Geburtstag zeigen, daß dieses Band bis heute hält.


Walli Richter



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