1. Spezialistenlehrgang 18./19.09.65

Den folgenden "Katzenbericht" fanden wir im Jungenschaftsbrief Oberbayern, Nummer 5/65.

 

Wo schloft denn da Ratzeburger Achta?

Überschrift

Miaauu! ich bin die Anna, die Katze von Ebersberg, die immer um die Herberge schleicht.
Aber jetzt zur gewohnten Stunde, da ich mit meinen Kollegen immer singe, regnet es und ich muß hier unter dem Dach der Waage sitzen. Es ist so gegen ein Uhr nachts und ich hätte zu gerne noch ein bißchen den Jungen dort unter dem schwarzen Zeug zugehört.

Heute Nachmittag hab ich viel gehört und dazugelernt. Erst war ich dort, da bauten ein paar an ihren Palästen.
Aber es war so heiß und nur die mit den roten Schnüren am Hals bauten mit. Dann kam einer mit dem Rad und dann noch zwei und gingen gleich zum Einkaufen.
MMMhh!
Und 5 große Würste brachten sie mit.
Als am Nachmittag die Jurte und die Kohten standen (so heißt das schwarze Zeug) wurden sie auf einmal ganz feierlich und still. Sie stellten sich auch vor: Da waren welche aus München, Ismaning, Waldkraiburg, Bad Tölz, Emmerting, Ingolstadt, Schongau, Reichenhall und die aus Altötting und Peißenberg sind verschollen auf der Herfahrt. So sagte einer mit rotem Strick am Hals und roten Beinen.

Der Junge im Jungenschaftsalter war ein langes Thema und ich hab auch dabei feste geschnurrt und gelernt.
Dann stellte sich einer hin und schrie was ganz laut, dann wieder stand einer am Eimer und hielt eine Rede. Das war sehr lustig für mich.
Und plötzlich kam die Feuerwehr.
Ich schaute mich um, aber es brannte nichts. Spritzenübung machten sie und Ameise half ihnen gleich.

Helmut machte einen ganz pfundigen Abend mit Balladen und Gedichten. Zwischendurch sangen alle viele gruselige Lieder und Rudi aus München lachte immerfort, wie er zum Lesen drankam.
Drei Jungen mit einer Trompete trieben sich um das Zeltlager herum. Einer blies auch ein schönes Stück. Dafür durften sie sich mit zum Feuer setzen.
Aber es gefiel ihnen nicht sehr lange, weil die Geschichten zum Denken waren.
Einen Neuen hatten sie auch dazubekommen, die Jungenschaftler aus Oberbayern. Aus Ratzeburg mit einer blauen Bluse und vielen Abzeichen drauf, aber auch einen roten Strick um den Hals herum.

Dann begann es zu regnen und sie machten im großen schwarzen Zeug, der Jurte Feuer an.
Es rauchte aber furchtbar und drum lief ich hier her. Wir Katzen hören aber gut.
So verstand ich auch das laute Gerede bis hierher.
Sie stritten sich fast und zwischenrein machten immer welche Blödsinn und schmatzten ganz laut beim Essen. Seit kurzem aber ist es ruhiger geworden.
"Potzblitzdonnerkrach" sagte eben einer, aber das andere verstehe ich nicht mehr, der Regen rauscht so sehr.
Werde jetzt auch ein Nickerchen machen.

Platsch, platsch!! "Verflucht!!“ - "So ein Saustall.“ – "Mensch, sag mal, wer spritzt denn da mit Wasser?" - "Da sind lauter Wasserteiche auf der Jurte, und eine hat der Wind rein geweht!" Helmut und lngo reden jetzt miteinander.
Jetzt redet Axel: "Meensch, des giaßt!“

Inzwischen ist es halb sechs geworden. "Du, wo ist denn da Ratzeburger Achter? Der muaß sie ja im Wasser woifuin!“ krächzt jetzt Günter. "Bei uns da hint schlafft'a". - - -

"Sepp!“ - - - "Sepp!“ - "Joooaaahh?" - "Aufstehn!“ - "An Rua las ma!“ - Bindestrich erscheint und es hört zu regnen auf.

"Aufstehen Morgenfeier!“ - "Mal was Neues!“ raunt einer. Dann hupfen sie umher und ich glaub die machen Morgensport.

Am Wasserbecken hinter der Baracke ziehn sich jetzt sogar welche aus. Neben denen mit Pullover sehen sie ganz weiß aus. lch weiß nicht, was die haben, aber ich wasche mich immer mit Pullover.

"Sepp geh‘ her, mach‘ ma Brotzeit!" Oh, da würde ich aber gerne mit naschen. lch werde jetzt auch schnell heimlaufen und mein Frühstück holen. Also bis gleich.
"Miau, miau, hörst du mich schreien . . .“   Hört . . .   Ihr . . .   ein . . .   Katzenlied. . .   Ich bin so - - -   schnell gelaufen, um ja nichts . . .   zu versäumen. Ingo singt jetzt mit allen, aber die wollen nicht recht. Die schlafen noch alle.
Bindestrich fängt nun wieder mit Reden an. Aber dort drüben ist es viel interessanter: Die Würste werden aus dem Eisschrank geholt.

"Alles zum Kartoffelschälen!“ doch es folgt niemand. "Dann bekommt ihr nichts zu essen!" - "Vorsicht, Vorsicht sonst datrid i oan!“ Mensch, drängeIn die sich zum großen Topf! - - -

Miauu . . .! ich kann nicht mehr. lch hab eben von dem guten Eintopf im Gebüsch gefressen und der war so gut.
Der Platz ist ganz leer und verlassen und es regnet schon wieder. Ich erzähl Euch noch schnell vom Mittagessen und dem Abbruch, dann aber muß ich mich niederlegen.

Also um halb eins rief Ingo zum Essen und der Topf war fast voll. "Des zwing ma nia!"

Ameise, Helmut, Axel und Sepp, sowie die übrigen Freßsäcke kauten teilweise schon am vierten Teller. Alles war übervoll und immer noch war was da.
Dunkle Wolken zogen auf und platzten auch schon nieder. Kurz darauf schien wieder für kurz die Sonne.
Dann kamen wieder schwarze Ballen am Himmel heran gerollt.
"Abbaun!" schrie einer und in Windeseile war die Jurte zerlegt und im Auto verstaut.
Dann prasselte es wieder.

Beim Stangenwegtragen wäre Sepp beinahe am Lachkrampf gestorben und Ameise verdrückte sich ohne die Pfote zu geben.
Dann zog die lustige Schar fort . . .

und ich freue mich schon wieder auf heute Nacht. Ich gehe singen und die Menschen warten auf das Wahlergebnis . . .


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Zum Abschluß noch ein Blick auf den Original-Text im Jungenschaftsbrief:

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