Winterlager 1963/64 in Inneralpbach

27.12.1963 - 06.01.1964

Der Jungenschaftsbrief Oberbayern berichtet in seiner Nummer 1/64


. . . Und wenn der ganze Schnee verbrennt, wir fahren auf der Asche!

12 Tage Winterlager in Inneralpbach

Allen voran marschierten diesmal die Kochtöpfe und sie hatten es leicht, denn in München lag auch nicht weniger Schnee, als dort in den Tiroler Bergen. Kalt war es und das merkten wir am Quellwasser, das zu Eis erstarrt war. Doch in 200 Metern Entfernung lief noch das lebenswichtige Naß.

Wir oberbayrischen DJO-ler aber waren noch lange nicht eingefroren.
Noch den Glanz der vielen Wrtschaftswundergeschenke in den Augen traf allmählich der zünftige Haufen am Hacklhof ein.
Neugierig schnüffelte man in alle Ecken, drehte an allen Knöpfen, Drückern und Schlössern und suchte sich einen geeigneten Schlafplatz. Jeder lieferte auch gleich freiwillig sein Geld ab und bekam die noch nicht eingetroffenen Versicherungsmarken aufgeklebt.

Nach Mittag begann der erste Mulidienst:
2 Zentner Kartoffeln, 1 Zentner Obst eben so viel Gemüse, Büchsen, Eimer, Tüten und Flaschen, alles rollte bergan.
Besonders gefräßige Träger bekamen Blech zu schleppen und die überfütterten Mamasöhnchen und -töchterleins rackerten an unverpackter Ware. Höchstes Gut waren die 120 Eier, von denen nur ein einziges leckte und das auch nur, weil es aus Holland stammte und die Höhenluft nicht ertragen konnte. Alles stapelte sich in der Speisekammer.

Mit zermatschten Gesichtern kamen bei Dämmerungseinfall die fleißigsten Skifahrer zurück: „Geht ja net gscheit!" war ihr Kommentar.

Dann, als alles untergebracht war, klang das erste Lied in unserer Runde, die üblichen Begrüßungsworte kamen auch zaghaft zum Vorschein und dann begann das erste große Abendgedeck.
Von der Küche kamen für diesmal nur Kartoffeln Butter und Salz, denn besorgte Mütter pflegen ihren Schützlingen viel zu viel Reiseproviant mitzugeben. Auch das erste Skiwasser wurde serviert.

Ameise reichte uns dann den nächsten Gang.
Er gestaltete einen Abend an dem kein Auge trocken blieb, sei es bei den Kriepeln, Idioten und Därgln oder bei den zahlreichen sinnreich und -losen Spielen.

Nachtruhe! -- Denkste, so schnell schießen die Preußen nicht! -- denn bis man sich überlegt, ob man sich waschen soll, es dann bleiben läßt, sich dann in die Nachtgewänder wirft, zu einem kleinen Ratsch oder Sonstiges (Verzeihung: därgl) auf dem auf dem Gang trifft, und bis nach einer Stunde das Kläffhündchen erscheint und energisch Ruhe gebietet -- das braucht seine Zeit.
Ein alter Mann ist ja schließlich . . . .

Und da plärrt doch einer kurz nach Mitternacht ein Morgenlied!
„Der arme Kerl muß wohl was Komisches träumen!"   „Haltet ihm doch schon den Mund zu . . . .“
„Guten Morgen!" grölte es jetzt von Draußen.
Der Lichtschein tanzte auf verschlafenen, murmelnden (meist unanständig!) reglosen Gestalten.
„Wadais???? Schon aufstehen???“
„Ja, der Küchendienst ist es schon seit Dreiviertel sechs!“
Allgemeines Gemurre!
Gottseidank hat dieser unangenehme Mensch die Türe wieder von außen geschlossen.

Doch nach einer Viertelstunde wanken die ersten Mädchen schlaftrunken zur Küche herein und bekommen in Schüsseln Wasser für die Morgentoilette gereicht. Der Tagesraum wird dabei zum Badezimmer.

„Ewig waschen sich die!" murrten die ersten sich zum Waschtrog drängenden Herrlichkeiten nach einer halben Stunde.
Und erfreut rieb ich mir schon die Hände: „Die müssen ja heute glänzen!“ Jedoch . . . (Aus Angst um mein Leben will ich die Punkte der Fantasie des Lesers überlassen!)

Anschließend gab es Naserümpfen, denn aus technischen Schwierigkeiten war nicht genug Brot vorrätig. So gab es Müsli. Doch geröstet mit gehackten Nüssen und Rosinen, sowie mit reichlich würziger, blumiger und fetter Bergmilch (bekomme keine Provision!) läßt es sich schon verdrücken.

Von Axel und Günter wurden anschließend alle Pistenstiere und solche, die ihnen verdächtig ähnelten, verarztet und in der Skifahrerkunst unterwiesen.
Zum Glück fanden wir auch dazu einen schönen Hang, der wohl der schönste in dieser Gegend war. So verstrich der Vormittag und der Küchendienst rief pünktlich zum ersten Mittagsmahl.
Traditionsgemäß gab es Nudeln! Und siehe da, sie waren wieder so schön geworden wie im vorigen Jahr, nur fehlten das Sauerkraut und die Menge . . . .

„Und wenn sich Tisch und Bänke biegen, wir werden den Fraß schon runter kriegen!"
Doch bei der zweistündigen Mittagspause wurde auch das verdaut.
Nachmittag: Skikurs! und alle bestaunten eine neue Sicherheitsbindung.
Zaghafter Versuch sich talwärts zu bewegen und schon war sie wieder offen.

Später: Jetzt hielt sie, doch leider nicht die Schuhe. Die Sohle wollte nicht mehr mitspielen. Kein Wunder, es waren ja Ameisens Schuhe!

Als alle genug die Piste strapaziert hatten, verlegte sich das Ganze in die Stube und man sang wieder einmal -- vom dummen Schaf aufwärts -- viele kleine Lieder.
Dabei steigerte sich der Hunger und es war ein Brüllen und Klappern als alles zum Trog drängte. Diesmal gab es auch ein feines Essen! Und sogar Nachtisch und Getränk! „Die werden ja immer nobler!“
Die letzten Becher und Teller wurden schnell noch flüchtig abgetrocknet, dann konnte der Küchendienst das anstrengende Amt an den Nagel hängen und zur versammelten Mannschaft in den Tagesraum drängen.
Hier begann eben ein Lichtbildervortrag über das Bundesjungenschaftslager und andere DJO-Fahrten der östlichen Gruppen Oberbayerns.

Der Wauwau kläffte diesmal eineinhalb Stunden bis Ruhe in die Hütte kam, also stand es fest: das Volk muß geschunden werden!
Wieder das anstrengende Aufwachen -- teilweise mit kaltem Wasser erleichtert --, Aufrichten und Aussteigen. Ach es bleibt einem nichts erspart!

Beim Frühstück wachen die letzten auf und als es dann heißt: Fertigmachen zur Bergwanderung! Ist alles ohne Murren, mancher sogar begeistert dabei. Hätten einige geahnt . . . .
Ohne Pause, immer im gleichmäßigen Trott stapfen nun 36 DJO-ler eineinhalb Stunden bergan.
Wie viel Schweiß, Verwünschungen, Achs und Wehs wohl bis zur ersten Rast am Jägerhäusl vergossen wurde???
Doch immerhin waren wir schon 1900 Meter hoch, ohne Seilbahn -- sogar zu Fuß! Und noch alle lebend!

Und als wir weiterzogen, wir waren unser . . . .
Kurzum es bröckelten einige ab und wollten lieber warten.
Es war ja auch so ausgemacht, daß die, die nicht ganz so gut zu Fuß sind, bei der letzten Hütte zurückbleiben. Es wurde auch schwerer und steiler.
Bis zum Knie brach man oft ein und als wir nach langem Kämpfen endlich in Splittergruppen den Galtenberggipfel (2425m) erreichten, waren wir noch immer 20.

Und jetzt waren auch alle Strapazen vergessen.
Bei strahlender Sonne sahen wir weit über 100 Kilometer in alle Richtungen. Im Süden glitzerte der ewige Schnee der 4ooo-der, im Norden ragte der zerklüftete Kaiser empor und im Westen grüßten Wendelstein, Rofangruppe, Guffert, Wallberg und die drei Karwendelketten.
Dazu gab es aus dem Verpflegungsrucksack Obst und Brot, ja sogar für jeden einen Schluck Wasser. Nach einer vergnüglichen halben Stunde tobte dann alles zu Tal.
Mit Purzelbäumen, Hosenbodenrutschpartien und sonstigen Spezialabsteigmöglichkeiten jagten wir bis zur Hütte. Hier teilten sich die Gipfelstürmer: Ein Teil eilte den Aufstiegsweg hinunter (weil der am Wirtshaus vorbei führte!), der andere Teil brach eine Skiabfahrt hinunter. Müde, aber doch in bester Stimmung erreichten wir dann die Hütte.

Räuber

Wie die Fürsten tafelten wir dann, denn es gab leckeren Kaiserschmarrn mit Apfelmus und Himbeerwasser.
Werner hielt an diesem Abend einen Vortrag über Jazz und ergänzte seine Worte durch Musikbeispiele. Anschließend erhitzten sich noch einige Köpfe (wohl noch von der Bergtour heiß gelaufen!) in einer lebhaften Diskussion.
Mit der Abendfeier endete dieser erlebnisreiche Tag. --- Doch Ruhe war noch lange nicht!

„Dämmert von fern über Hügel der Morgen, geht durch das Lager der Weckruf der Posten . . . ". Es war wieder einmal eine mäuseraschelnde, aber sonst ruhige Nacht vergangen.
Der neue Tag war ein Sonntag und dies merkte man auch, weil ein Teil (statistisch 25 %) des Lagers nach Alpbach zur Kirche rasten, denn die Zeit war knapp bemessen.

Das Mittagessen war auch sonntagswürdig: Suppe, Hackbraten (Faschiertes, Frikadellen, Fleischklops, Fleischpflanzerl, Karbonaden usw.) Endiviensalat, Fett Kartoffelmauke (Kartoffel-stampf, -batz, -brei, -apun . . . ) und dann noch die anschließende Mittagsruhe, --- Ja wenn des nix is!!!

Am nächsten Morgen brachen wir wieder zu einer langen Bergtour auf.
Doch nun waren es nur noch 20 die mittesein wollten. Den anderen drückten Blasen an den Füßen oder das Wirtshaus im Dorfe! Doch es waren wieder alle Mühen wert.
Strahlende Sonne, eine lange Gipfelrast und ein herrliche Abfahrt (Hosenboden . . .)! Es gäbe da hundert kleine Erlebnisse zu beschreiben.
In der Hütte angekommen, konnten wir unseren Exbezirksjuschafü mit 3 weiteren Neuankömmlingen begrüßen.

Was kann die Bundeswehr dem jungen Menschen geben? unter diesem Rahmenthema lief am Abend eine heiße Diskussion ab.
Freilich waren Bundeswehrler und solche, die es schon rum haben, den Gegnern an Zahl überlegen, doch war dies keine negative Seite dieses Gespräches.

Und dann war Silvester vor der Türe. Wie schön und pfundig es da war, das ist eine andere Geschichte, die mir ein liebes, treues Mitglied demnächst für uns schreibt.
 

Ingo


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Zum Abschluß noch ein Blick auf die Seiten 1 und 3 des Original-Textes im Jungenschaftsbrief:

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