ABSCHRIFT
eines Briefes der Lauenburger Jungenschaft (Reinhold Strutz)


2418 Ratzeburg, den 03. April 1963, Herrenstraße 3

Herrn
Klaus Großschmidt
8 München-Obermenzing
   Feichthofstr. 95


Lieber Klaus !


Inzwischen wirst Du mit Felix gesprochen und von ihm das Protokoll vom 3. Vorbereitungstreffen für den Meißnertag 1963 erhalten haben.

Die DJO ist also aufgenommen worden.

Gerhard Neudorf vom Wandervogel D.B. und einige weitere Teilnehmer hatten vor, die DJO abzuschießen, da sie keinen bündischen Charakter habe. Als Beispiel wurde die DJO in Darmstadt geschildert. Leider entwickelte sich keine Diskussion: ich hätte gar zu gerne erfahren, wo diese Leute das Recht hernehmen, sich so aufzuspielen und über andersartige Bünde abschließende Urteile abzugeben.
Verständlich wurde mir dieser Versuch erst, als ich aus Gesprächen so einige Einzelheiten über die politische Einstellung dieser Leute erfuhr. Mehr oder weniger hatten sie alle einen Linksdrall; sie nehmen zum Teil an Ostermärschen teil.
Es ist zu befürchten, dass das Meißnertreffen und die vorangegangenen Seminare von ihnen beeinflusst werden.

Auf jeden Fall habe ich dort auch großartige Menschen getroffen und kennengelernt.

Einige Bemerkungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten:

Der Kreis Löffler wurde von einem jungen Mann vertreten, der trotz wiederholter Aufforderungen nichts über seinen Haufen zu sagen wusste. Wir bekamen mühsam heraus, dass die Mitglieder verschiedenen Bünden angehören -- dabei erinnerte er sich an zwei DJO-Mitglieder. -- Es war richtig peinlich!!

Interessant war mir die bewusste Ablehnung von Niethosen, HJ-Fahrtenmessern und Schaftstiefeln.
Messer und Stiefel wurden demonstrativ von den Vertretern der d.j.1.11. getragen, die, wer konnte das nach ihrer äußeren Aufmachung ahnen, eine Teilnahme am Zonengrenz-Singen rundweg ablehnten.

Da tun sich Abgründe auf!

Als Peter Plette (Gefährtenschaft) und Siegfried Schmidt (Tatgemeinschaft) eine Auswahl von Bekenntnisliedern vorschlugen, entstand ein Tumult: ein Fackelzug als weiterer Vorschlag brachte das Volk auf die Barrikaden.
Es werden nun Volkslieder gesungen; die Teilnehmer werden an drei verschiedenen Orten die Zonengrenze besuchen. Praktisch ist der Besuch der Zonengrenze jedem Teilnehmer selbst überlassen.
Die Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Dr. Zinn war zuerst sehr umstritten. Der Studienrat und Landesbeamte Horst Schweitzer brachte aber eine große Anzahl gewichtiger Gründe für diese Wahl vor, und die autonomen Bünde erkannten die Vorteile!! Nur die Vorteile waren ausschlaggebend.

Das nächste Seminar soll vom 17.-19.05. 1963 in Kronberg/Taunus stattfinden.
Es scheint mir notwendig, dass wir mindestens zwei Vertreter schicken.

Für die geplante Werkausstellung kommen infrage:
Zeichnungen, Schnitte, Einlegearbeiten, Tonarbeiten, Plastiken, Schnitzarbeiten, gute Chroniken und Fahrtenbücher, Heimschmuck, Heim- und Gebrauchsgegenstände, Modelle (nicht Flug- und Schiffsmodelle), Fahrtengegenstände, Hüttenschuhe, Wandbehänge, Gobelinarbeiten, Batik, Fotos (größer als 24x36 cm, möglichst auf Spanplatten geklebt).
Bastelarbeiten sind nicht gefragt.
Eine gleiche Ausstellung wird im Lager geplant.

Für uns ergeben sich dadurch feine Möglichkeiten, auf unsere Aufgabenstellung hinzuweisen.

In dem geplanten Jahrbuch bündische Jugend 1963 soll die Eigenart der Bünde zum Ausdruck kommen:
Leistung des Bundes, Wesensaussage, künstlerische Ausgestaltung und Aussage in Wort, Bild, Foto und Grafik.
Es kommt weniger darauf an, was angestrebt wird, sondern mehr, was in dieser Hinsicht geleistet worden ist.
Der 1. Teil besteht aus einem Aufsatz über die Bünde im Allgemeinen.
Der Aufsatz wird rechtzeitig zur Stellungnahme versandt.
Von den Büchern werde ich sicher 30 Exemplare übernehmen!!
Manuskripte sollen bis spätestens 01.06.1963 an Hermann v. Schroedel, Hannover, Zeißstr. 10, eingesandt werden.

Ein Singen der einzelnen Bünde soll durchgeführt, aber kein Wettstreit entfesselt werden.
Trotzdem werden Bewertungen vorgenommen, da einige Chöre in Göttingen singen sollen.

Ich werde für das Meißnertreffen 15-20 Teilnehmer stellen.

Welche Scharen sollen außerdem noch teilnehmen?
Wie hast Du Dir die Aufstellung der Mannschaft gedacht? Wollen wir singen?

Es soll versucht werden, dass die Teilnehmer am Meißnertreffen Freitag, Sonnabend und Montag von der Schule befreit werden. Das ist natürlich einen wesentliche Voraussetzung für ein Gelingen.

Mehr fällt mir im Augenblick nicht ein.
Ossi und Felix werden in diesen Tagen das gesamte Protokoll des Vorbereitungstreffens erhalten haben.


      --       Und nun noch private Sachen:

Anliegend zwei Fotografien von Dir. Wenn Du sie behalten willst, würde ich mich freuen, die 3. auch!!

Was beinhalten die 20 Punkte der Sudetendeutschen Landsmannschaften?
Wenn ich richtig informiert bin, dann hat sich Ossi dagegen ausgesprochen; wie verhält sich Ossi zur Habsburgfrage?

Rundschreiben von Lothar Lamb entnehme ich, dass Du den Osterlehrgang für Jungenschaftsführer in Südtondern leiten wirst. Machst Du diese Lehrgänge turnusmäßig oder bist Du besonders dazu gebeten worden?
Eine Teilnahme unsererseits habe ich leider ablehnen müssen, da wir eben nur zur Teilnahme und nicht zur Mitarbeit aufgefordert worden sind.
Ausbilden und Unterrichten kann ich meine Jungen auch alleine.

Solltest Du die Möglichkeit haben, einmal nach Ratzeburg kommen zu können, ein Abend oder auch ein Wochenende würden wir uns sehr freuen. Ich hätte gerne die Osterferien mit Dir, mit einigen guten Leuten aus dem Lande verbringen mögen.

Kameradschaftlichen Grüße !

Reinhold

 



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