DJO Schwaben:
Sommerlagers in Au,   29. 07. - 05. 08. 1967


Im Jungenschaftsbrief der DJO Schwaben, Nummer 5/67, lesen wir die folgenden drei Berichte:


Der Kampf im Schatten uralter Bäume
Eine wahre Begebenheit von dem Sommerlager in Au

Die Vorbereitungen für das Sommerlager waren bereits in vollem Gange, als wir uns aufmachten, die 50 Bäumchen zu schlagen, die für die Kohtenstangen und sonstige Lagergebäude herhalten sollten.

Fips, Udo, Richard und ich suchten also nach dem vom Forstrat benannten Fichtengehölz.
Wir wurden schon erwartet, fällten drei Bäume und unser Förster war der Meinung, mit der Motorsäge müßte es schneller gehen. Zwei Waldarbeiter wurden aufgetrieben, in Windeseile waren die 50 Bäumchen gefällt und wir gingen ans Abholzen.
Bevor unser Förster das Weite suchte, meinte er beiläufig: "Wenn ihr dann die Bäume holt, fahrt mit dem Traktor den gleichen Weg wie heute und dann gleich weiter nach Bellenberg hinunter. Es kann sein, daß dort einige Bäume über dem Weg liegen. Am besten räumt ihr sie weg und dann wieder hin."
Wir dankten für den Rat.

Der Abend kam. Albe hatte den Traktor besorgt und die Expedition brach bei Nacht und Nebel mit rund 10 Mann auf, um das Zaunabbruchmaterial, wie uns der Förster eingebläut hatte, aus dem Wald zu holen.
Auf der Hinfahrt war alles lustig und munter, auf dem Rückweg sollte es anders sein.
Wir gelangten in die Nähe unseres Holzplatzes. Eine sternenklare Nacht, Wetterleuchten in der Ferne.
Dann galt es, den Traktor auszuhängen und den Wagen etwa 300 m bergauf zu schieben. Für 10 Mann keine Schwierigkeit, wenn der Wagen keine Auflaufbremse hat. Unserer hatte eine.
2 Mann waren recht wagenschmierig anzusehen: Albe und ich. Es wurde aufgeladen, der Traktor wieder vorgespannt.
Alles freute sich auf die guten Pommes frites beim Wirt im Illertal.

Nach kurzer Fahrt machten wir Halt. Die Baumstämme!
Am besten, ihr räumt sie weg und dann wieder hin.
Wir versuchten eines dieser neckischen Hindernisse zu bewegen. Es weigerte sich standhaft, auch nur um einen Ruck auf die Seite zu gehen. Leider lagen noch 3 dieser Urwaldriesen über dem Weg.
Die Idee der ägyptischen Rollentheorie stammte von mir.
Der erste Riese ließ sich zwar mit Hilfe des von uns kurzerhand abgebauten Holzstoßes zur Seite bewegen, aber von Hangabwärtsrollen konnte keine Rede sein. Das Dumme war, wir konnten weder vorwärts noch rückwärts.
Fünf plädierten weiterhin für einen Durchbruch nach vorne. Ich gehörte dazu.
Der zweite Teil trat im Hinblick auf die Pommes frittes für einen Rückzug ein.

Im Augenblick war der 1. Teil mit seiner Meinung am Drücker. Tolle Schlachtpläne wurden von Hans und Fips ausgearbeitet. Mittlerweile war es 1 Uhr nachts. Die Meinung der 1. Gruppe kam ins Wanken.
Plötzlich fiel Albe auf, daß durch die Arbeit der ersten Gruppe wenigstens der Rückweg möglich war. Nur, das war der Haken, der Wagen mußte wieder abgeladen werden. Über Stock und Steine rumpelte nun Albe mit dem Traktor, haarscharf zwischen den Bäumen durch. Seine halsbrecherische Fahrt hatte Erfolg. Der Traktor stand umgekehrt.
Jubel konnte leider keiner aufbranden, da inzwischen ein nettes kleines Stürmchen aufgekommen war, das ein Gewitter ankündigte.
Wutentbrannt wurde abgeladen. Der Wagen sollte nun gedreht werden. Die einzige Möglichkeit bestand darin, daß man den Wagen etwas anlüftete, drehte -- es ging leider nicht ohne Schwierigkeiten, da ein Baumstumpf im Wege war -- und, wie den Traktor, über Stock und Steine den Berg hinauf zog.
Interessant war dann noch das neuerliche Aufladen der Stämme. Jeder Stamm verlangte uns einen Weg von 60 Metern ab, mit einer ganzen Drehung um die eigene Achse.
Schließlich trafen wir um 2 Uhr beim Zeltlagerplatz in Au ein. Mit den Pommes frittes war es Sense.

Und die Moral von der Geschicht: Unterschätze so ein Aufbaulager nicht!

orko (Ortfried Kotzian)

 

Nachlese zum Sommerlager
«Katzenwäsche mit zwei Fingern war verpönt»

Die Dämmerung fällt, wir sind müde vom Traben. Bald Kameraden ist Ruh. Leise verklingt der letzte Ton, kurz noch hallt der letzte Klampfenschlag nach, hinaus in die Nacht, zum sternklaren Himmel.
Eng zusammengekauert, sitzen die Mädchen und Jungen um das Lagerfeuer. Der Schein der Flamme huscht über zufriedene Gesichter. Kaum ein Wort ist im weiten Kreise zu hören. Jeder läßt die Ereignisse des Tages noch einmal vorüberziehen: die Katzenwäsche am Morgen, die Lagerolympiade, das große Schlagerfußballspiel, die Wasserschlacht auf der Iller, der Abend hier, eng ums Feuer geschart.

"Die machen´s ja ganz vornehm hier beim DJO-Sommerlager," meint der kleine Steppke, als er am Morgen aus dem Zelt blinzelt, nachdem er mit Musik geweckt worden war. "Bei mir daheim schreit die Mutter nur, «bist noch nicht auf, mach, daß du aus dem Bett rauskommst»," fährt der Kleine begeistert fort.
Daß auf einem Zeltlager manches anders ist als daheim, das kann er gleich anschließend erneut feststellen. Wenn er sich nämlich zu Hause nach Katzenart beim Waschen mit zwei Fingern vorsichtig über die Augen streicht, hier kommt er mit dieser Methode schlecht an. Dann besorgen eben andere die Wäsche und zwar so gründlich, daß er wie ein begossener Pudel dasteht.
"Auweh, Morgengymnastik auch noch," kann man einige lamentieren hören, wenn im Rund die steifen Glieder verräterisch knacken, bei manchen sich der Bauchansatz als Hindernis erweist, um mit den Fingerspitzen auf den Boden zu kommen.

Doch spätestens beim Frühstück sind alle Geschundenen wieder versöhnt. Mit 4 oder 5 Stullen in der Hand und einem Pott dampfenden Kaffees sieht die Welt eben ganz anders aus.
Ich kenn mich nicht mehr aus," meint einer der älteren Teilnehmer und macht sich gerade an seiner dritten Marmeladeschnitte zu schaffen. "Daheim schaff ich mit Ach und Krach eine Tasse Kaffee zum Frühstück!"

Bevor dann das Programm weitergeht, dürfen sich die Zeltler noch in der Tugend üben, ihre Schlafsäcke einzurollen, das Zelt aufzuräumen, kurzum etwas Ordnung zu schaffen. Eine Lagerkommission bewertet nämlich die einzelnen Zeltgemeinschaften und dem Sieger winkt ein Preis. Und außerdem, das ganze Jahr über richtet ja die Mutter das Bett wieder her, was im Zeichen der Gleichberechtigung keineswegs mehr alleinige Frauensache ist.

Kurz darauf tritt alles im Turnzeug an. Energiegeladen begibt man sich zum Sportplatz zur Kleinen Olympiade. Jeder holt die letzten Kraftreserven aus sich heraus, gilt es doch, Punkte für den Lagerwettbewerb zu holen.
Verbissen wird um jeden Zentimeter, um jede Zentelsekunde gerungen, so, als gelte es, wenn nicht Weltrekorde, so doch Jahresweltbestleistungen zu erzielen.
Hoch her geht es hernach auch beim Fußballspiel: Lagerleitung gegen Fußvolk, das die Großkopferten von der Führung unerwartet hoch mit 1:4 verlieren.
Wie verbissen um jeden Ball gelaufen wird beweist die Tatsache, daß der Torhüter der Verlierer schon nach der ersten harten Attacke mit Prellungen ins Krankenhaus eingeliefert und ein weiterer Mann der Prominenten mit Bänderzerrung vom Platze genommen werden muß.

Ins Lager zurückgekehrt, führt der erste Schritt unter die Wasserleitung, dann aber schmeckt das Essen besonders gut. Kartoffelsalat und Hackfleisch gibt es. 1,5 Zentner Kartoffeln und ein halber Zentner Gurken mußten herhalten, um in hungrige Mäuler zu wandern.
Mit Pfunden und Kilos braucht die Lagerverwaltung kaum zu rechnen, meistens benötigt die Küche einen Zentner und mehr.

Die Mittagsruhe hat begonnen, doch scheint sich kaum jemand daran zu halten. Gekicher hört man aus den Zelten, Ringkämpfer tummeln sich auf der Wiese, andere schwitzen in der Sonne einige Gramm ab. Und überall im Schatten, vor allem unter den Obstbäumen, liegen Jungen und Mädchen, scherzen und singen und freuen sich des Lebens.

Während danach die Jüngeren zur Iller wandern, um eine zünftige Wasserschlacht durchzuführen, scharen sich die Älteren um ein Tonbandgerät und tanzen. Bunter Wechsel, langsam, schnell, paarweise, im Kreise, gemächlich, ausgelassen.

Bald soll auch am Abend auf einer Kiesbank in der Iller ein Lampionfest durchgeführt werden. Bunte Laternen werden gebastelt, Kostüme aus Papier zurecht geschneidert, Bogen und Leuchtpfeile geschnitzt, Degen und Schilde gebastelt.
Ein emsiges Treiben herrscht in den Zelten, jeder sinnt auf etwas besonderes, womit er den andern übertrumpfen kann. Papiergirlanden warten auf den großen Augenblick, der Abend rückt näher.
Wenn nur das Abendessen schon vorbei wäre!
Doch dann gibt es eine bittere Enttäuschung. Nichts ist mit dem Sternenhimmel, der sehnsüchtig erwartet wurde, grau verfärbt sich der Himmel, ein kühler Wind streicht um die Zelte, und dann beginnt es zu regnen, zu schütten, aus allen Schleusen.
Donner grollt, Blitze erschrecken die Kleinen, Krachen.
Doch bald hat man sich daran gewöhnt, auch der größte Angsthase wird mutig und wagt bald ein Lied zu singen oder zu pfeifen. Und der Regen spielt seinen Poker in der Nacht, hört man es vom Nachbarzelt herüberklingen . . . der Cowboy zieht seinen Hut in das Gesicht und deckt sich mit dem Regen zu.
Schwamm drüber, morgen ist auch noch ein Tag. Gehen wir schlafen. Gute Nacht, Kameraden!

Meistens sind es die Jüngeren, die sich nach ihrem Schlafsack sehnen.
Wenn es ruhiger im Lager wird, dann sieht man dunkle Gestalten durch das Gras schleichen zum Baum der Willensschwachen. Hier, ein Schild weist darauf hin, ist das Rauchen für solche, die es nicht lassen können, erlaubt.
Da Jungen nichts im Mädchenlager zu suchen haben, gibt es, für den Fall, daß sich zwei unterhalten möchten, den Baum der einsamen Herzen, der auch stark frequentiert wird. Getuschel.
Langsam wird es kühl, müde auch flackert das Lagerfeuer, letzte Zuckungen, nur noch rot glüht es vor sich hin, immer leiser werden die Stimmen, es wird Nacht.

Acht Tage herrschte dieses Leben auf der Wiese westlich von Au. Wo einst zur Zeit vor dem Kanalbau ein Haus gestanden hatte, war eine Stadt von Zelten aus dem Boden geschossen.
Rund 130 Jungen und Mädchen nahmen am Bezirksommerlager der DJO Schwaben teil. Sie kamen aus ganz Schwaben, von Füssen bis Nördlingen, von Augsburg bis Vöhringen. Haus- und Fahrtenzelte, Jurten und Kohten wurden ihnen für eine Woche zur zweiten Heimat.

 


Ergebnis des Lagerwettbewerbs:

 

1. Lagergemeinschaft 4
(Illertissen, Straß, Bonn, Burgheim)
Udo Fleischmann 136,0 Punkte
2. Lagergemeinschaft 3
(Nördlingen, Ziemetshausen)
Reinhard Smetz 125,5
3. Lagergemeinschaft 2
(Gersthofen, Augsburg, Lindau)
Karl Zeisberger 112,5
4. Lagergemeinschaft 1
(Kissing, Au)
Hans Losert 105,5
5. Lagergemeinschaft 5 Heinz Fiebig 86,5

 



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