Um ein modernes Selbstverständnis der Sudetendeutschen Jugend rangen am Heiligenhof bei Bad Kissingen
die Delegierten des Bundesgruppentages, der am 27. / 28. September 1969 tagte.
Dabei stellte dieses höchste Gremium der jungen sudetendeutschen Generation als Kernpunkt der
Überlegungen heraus, daß nach 20-jähriger Jugendarbeit ein neuer, der Zeit angepaßter Arbeitssstil gefunden
werden müsse, ohne dabei die Leitgedanken und Aufgabenstellung sudetendeutscher Volksgruppenarbeit zu
verändern.
Als prominente Gäste referierten der Vorsitzende des Bundesvorstandes der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Dr. Franz Böhm sowie der Bundesvorsitzende der Deutschen Jugend des Ostens, Heinz Patok.
Die bisherige Bundesgruppenführung, die zum Teil noch aus Mitgliedern der Gründungsgeneration bestand, gab unter Vorsitz von Erich Kukuk einen Abriß über die Tätigkeit in den vergangenen 20 Jahren und stellte die erzielten Erfolge heraus. Erich Kukuk verlieh der Hoffnung Ausdruck, daß der Verband unter der Leitung Jüngerer ebenso erfolgreich sein werde.
Die Delegierten wählten die neue Bundesgruppenführung, die sich wie folgt zusammensetzt:
Bundesgruppenführer: Dieter Hüttner, München Stellvertreter: Rüdiger Goldmann, Düsseldorf
Horst Rössler, WaldkraiburgBeisitzer: Herwig Heisler, Laub
Hans Jürgen Rettinger, München
Wolfgang Pfeifer, Stuttgart
Peter Hucker, Eschborn
Wilfried Schiffl, Gernlinden
Marie-Luise Leretz, IllertissenSchatzmeister: Heinz Hoffmann, München Bundesmädelführerin: Rauthgunde Spinka, Nürnberg
Der Vorsitzende des Bundesvorstandes der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Dr. Franz Böhm, legte
in seinem Referat dar, daß sich die Sudetendeutsche Jugend immer als Nachwuchsorganisation der
Sudetendeutschen Volksgruppe verstanden habe.
Die Jugendarbeit dürfe auch in Zukunft nicht Selbstzweck sein, sondern müsse dafür Sorge tragen, daß
junge Sudetendeutsche die Arbeit der Sudetendeutschen Landsmannschaft übernehmen, erneuern und weiterführen
können.
Daneben müsse eine gemeinsame Arbeit auf politischem und kulturellem Gebiet angestrebt werden, um der
Durchsetzung des Heimat- und Selbstbestimmungsrechtes der Sudetendeutschen im europäischen Rahmen
näherzukommen.
Der neugewählte Bundesgruppenführer führte aus, daß die junge Generation der Sudetendeutschen aufgrund ihrer Herkunft und ihres Wissens am besten geeignet sei eine Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen herbeizuführen. Frieden in Böhmen (im Herzen Europas) sei eine notwendige Grundlage für die Schaffung eines Europa der Völker und Volksgruppen.
Der Bundesvorsitzende der DJO, Heinz Patock, befaßte sich in seinem Referat mit Problemen der
Jugendpolitik. Er forderte die Delegierten auf, nicht nur das Sudetenproblem in den Mittelpunkt der
politischen Bildungsarbeit zu stellen, sondern auch daran zu denken, daß es Aufgabe des Gesamtbundes sei,
auf eine Einigung Deutschlands und Europas hin zuwirken.
Man müsse die politische Erziehungs- und Bildungsarbeit auf alle Fragen der Ostpolitik ausweiten und
damit das politische Interesse wecken. Das Geistes- und Kulturgut des Mittel- und Osteuropäischen Raumes
dürfe nicht steril weitergepflegt werden, sondern müsse eine Neubelebung durch die schöpferischen Kräfte des
Bundes erfahren.
In seinem Schlußwort wies Dieter Hüttner darauf hin, daß dieses Wochenende durch zwei Ereignisse in der
Welt Bedeutung gewinne.
Die Bundestagswahl werfe erneut die Frage auf, ob die neue Bundesregierung im Falle des
Sudetenproblemes zur Tagesordnung übergehen werde oder ob sie ihre Obhutspflicht gegenüber allen
Vertriebenen erfülle.
Die Ereignisse in der Tschechoslowakei im Herbst 1968, die endgültige Ablösung der Reformer und die
erneute Kursverhärtung des Regimes sei eine Tragödie, deren Ausmaß auch die Belange der sudetendeutschen
Volksgruppe berühre. Ob Freiheit und der natürliche Selbstbehauptungswille der Völker hinter dem Eisernen
Vorhang errungen werden und erhalten bleiben, hänge letztlich davon ab, daß Ziel und Aufgabenstellung der
sudetendeutschen Volksgruppe in der Bundesrepublik zur Kenntnis genommen und auf der Grundlage des
Selbstbestimmungsrechts die künftige Ostpolitik gestalten werde.
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