Hans Knapek:

Geschichtlicher Rückblick auf 60 Jahre Sudetendeutsche Jugend

Rede zum Festakt „60 Jahre Sudetendeutsche Jugend“ am 16. Januar 2010 im Sudetendeutschen Haus in München

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Was gibt diesem Jugendverband nach 60 Jahren die Kraft und den Kompass für seine Arbeit?

Lassen Sie mich versuchen, dieser Frage in der nächsten halben Stunde nachzugehen und den Werdegang eines Jugendverbandes aufzuzeigen, dem man in seinen Anfangsjahren nie und nimmer 60 Jahre Existenz zugebilligt hatte. Ganz im Gegenteil. Dieter Max, einer der Mitbegründer des Verbandes hat es immer wieder erzählt, dass der Bayerische Jugendring die Aufnahme der SdJ, die damals noch vor der Gründung des Dachverbandes DJO diskutiert wurde, mit dem Argument zurückgewiesen hatte, dass dieser Flüchtlingsverband sich in 5 Jahren überlebt haben werde. Es ist anders gekommen.


Die SdJ hat nunmehr bereits ungefähr 20 Jugendgenerationen gesehen, hat zigtausende von Kindern und Jugendlichen in ihren Bann geschlagen und den meisten von ihnen viel für ihr späteres Leben mitgegeben. Die Sudetendeutsche Jugend hat durch ihre 60 jährige Arbeit unendlich viel erreicht:

Die Sudetendeutsche Jugend hat in diesen Jahren wahre Friedensarbeit geleistet; das hat uns der langjährige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber zu unserem 50- jährigem Jubiläum in seiner Grußbotschaft bescheinigt. Und dennoch muss gesagt werden, dass es besser gewesen wäre, wenn es diesen wunderbaren Jugendverband über dessen Geburtstag wir uns heute freuen, doch am besten gar nicht gegeben hätte.


Denn am Anfang stand die Katastrophe, die oft zitierte Stunde Null, nach einem verbrecherischen, vom eigenen Volk zu verantwortenden Krieg, mit einer bis dahin unvorstellbaren Anzahl von Opfern, einem Zivilisationsbruch durch organisierten Massenmord und - in der Folge - der gewaltsamen Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus ihren seit Jahrhunderten angestammten Heimatgebieten.

Unter ihnen auch drei Millionen Sudetendeutsche. In der ersten Phase der wilden Vertreibung aus ihren Häusern geholt und über die Grenze gejagt; später, bis weit in das Jahr 1946 hinein, in einer eiskalt geplanten und straff organisierten Aktion, in Auffanglagern gesammelt und in Güterzügen abtransportiert. Der damalige Staatspräsident Edvard Benesch vermeldete am 28. 10 1946 kaltschnäuzig und stolz, dass die Tschechoslowakei nunmehr nahezu frei von Deutschen sei.

In den Güterzügen befanden sich vor allem Frauen, Kinder, Jugendliche und ältere Männer. Diese Kinder und Jugendlichen, ergänzt um die Jahrgänge, die als blutjunge Soldaten oder Flakhelfer noch in den Krieg geschickt wurden, bildeten damals die sudetendeutsche Jugend; sudetendeutsch hier noch kleingeschrieben.


Für all diejenigen, die dieses Schicksal damals nicht selbst erlitten haben, ist es bei aller Kenntnis der Geschichte und auch den Schilderungen der Eltern und Großeltern schwer vorstellbar, welch tiefer Einschnitt diese gewaltsame Vertreibung in das ganz persönliche Leben aller Betroffenen hatte. Vor dem Nichts stehen sind ebenso wie die die Stunde Null schon Standardformulierungen geworden, derer man sich eben bedient, wenn man über diese Zeit spricht. Aber zerrissene Familien, der komplette Verlust von allem was einem lieb und teuer war, das manchmal jahrelange Leben in Flüchtlingslagern, die unterbrochene oder nicht mehr mögliche Ausbildung und -- sehr häufig -- das tagtägliche Erleben, dass man als Flüchtling eben nicht dazugehört, wie es vor kurzem Andreas Kossert in seinem bemerkenswerten Buch Kalte Heimat dokumentiert hat, all das brachte Leid, Schmerz und eine tiefe Verunsicherung mit sich, die nicht selten traumatische Ausmaße annahm.

Es begann das große Suchen, wie es eine Gruppe von SdJ-lern der ersten Stunde um Horst Theml, Ossi Böse und Walli Richter in dem Entwurf für eine SdJ Geschichte formuliert hat: das große Suchen: nach Angehörigen, nach Arbeit aber auch nach Nestwärme, Geborgenheit und nach Leuten zu denen man gehört.

Diese fanden sich nach den ersten Wirren aber auch rasch zusammen. Insbesondere in Süddeutschland, in der damaligen amerikanischen Besatzungszone, in die mit ca. 1,7 Mio ungefähr die Hälfte der Sudetendeutschen vertrieben wurde, sammelten sich die Heimatvertriebenen in ersten örtlichen Gruppen und nach Aufhebung des Vereinigungsverbotes durch die Besatzungsmächte erfolgte 1948/49 eine nahezu flächendeckende Gruppenbildung von späteren Ortsgruppen der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Mit dabei häufig eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen.

Von einer Organisation, einem Jugendverband, eben der Sudetendeutschen Jugend -- großgeschrieben -- noch keine Spur. Meilensteine der Gründung der SdJ waren:


In Forchheim beschlossen damalige Jugendbeauftragte der Sudetendeutschen Landsmannschaft die Gründung einer Sudetendeutschen Junglandsmannschaft und Anton Wuschek, wurde zum Landesjugendreferenten für Bayern bestimmt.

In Ingolstadt, rückte man von dem Begriff Sudetendeutsche Junglandsmannschaft allerdings bereits wieder ab und nannte sich fortan Sudetendeutsche Jugend. Dies war mehr als eine bloße Namensänderung. Damit war der klare Wille verbunden einen jugendpflegerisch eigenständigen Jugendbund zu gründen, der mehr sein sollte als die Untergliederung einer Erwachsenenorganisation.

Dieser frühe und entscheidende Richtungswechsel ist zu einem großen Teil zurückzuführen auf die persönlichen Prägungen der dort versammelten Jugendführer in den verschiedenen Jugendbünden der Vorkriegszeit und die große Rolle, die diese Jugendorganisationen im Sudetenland der Zwischenkriegszeit spielten.

Die organisierte deutsche Jugend in den böhmischen Ländern, von den Anfängen des 20. Jahrhunderts bis zur zwangsweisen Eingliederung in die Hitlerjugend im Februar 1939, war vor allem bündische Jugend. Sie war damit ein nicht unwesentlicher Teil der Deutschen Jugendbewegung, jener Aufbruchbewegung junger Menschen im gesamten deutschen Sprachraum, die um die Jahrhundertwende begannen neue Ideale und neue Formen des Zusammenlebens für ihre Gemeinschaften zu entwickeln:

Begegnung mit der Natur, Suche nach dem Ursprünglichen und der inneren Wahrhaftigkeit, Selbstbestimmung des Einzelnen, das Zusammenleben in der kleinen Gemeinschaft und das unbedingte Vertrauen zueinander waren wichtige Leitlinien und Werte dieser Gemeinschaften.

Die wichtigsten davon waren:


Die Jugendbeauftragten die sich in Ingolstadt im März 1950 trafen, waren zu einem großen Teil Mitglieder oder auch bereits Jugendführer dieser Bünde, waren von diesen und - auch das darf und soll nicht verschwiegen werden - auch von den sechs Jahren der Hitlerjugend geprägt und erkannten nun die Aufgabe einen neuen Jugendbund zu schaffen. Dieses Mal einen Jugendbund jenseits von ideologischen, parteipolitischen oder konfessionellen Überzeugungen, sondern einen der die gemeinsame Herkunft, das gemeinsame Schicksal und die sich daraus ergebende gemeinsame Aufgabe in den Mittelpunkt rückt; einen Jugendbund für die Volksgruppe in der Vertreibung.

Ossi Böse und Wolfgang Egerter haben es immer wieder deutlich gemacht, dass es damals ein heftiges Ringen gab um die Werte auf die man den neuen Bund aufbauen sollte, welche es zu erhalten galt und welche zu bekämpfen. Letztenendes war es eine klare Entscheidung für die jugendbewegten Werte der Selbstverantwortung des Einzelnen, der Verantwortung der kleinen Gruppe, auch der Volksgruppe, für das Ganze, das Volk, den Staat, und gegen das gleichgeschaltete Kolonnendenken, so ein Ausdruck Böses, der eben erst durchlebten Diktatur.

Die entscheidenden Diskussionen hierüber wurden in Gaisthal geführt, einem kleinen Dorf im Oberpfälzer Wald, in dem die entstehende SdJ im August 1950 ein erstes Zeltlager abhielt. In der letzten Woche treffen sich die Jugendführer und diskutieren den einzuschlagenden Weg unter sich, aber auch mit dem ersten Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft, dem ehemaligen Landeshauptmann Deutsch-Böhmens, Dr. Rudolf Lodgman von Auen, dem bayerischen Staatssekretär für Flüchtlingsfragen und nachmaligen Bundesminister für Vertriebene und Flüchtlinge, Theodor Oberländer, dem ehemaligen Präsidenten der Kreditanstalt der Deutschen in der CSR, Anton Kiesewetter sowie entscheidenden Männern der ersten Stunde der SL, wie Herbert Schmidt oder Sepp Großschmidt.

Nach Gaisthal steht fest, dass diese Sudetendeutsche Jugend kein rückwärtsgewandter Erinnerungsverein sein wird, der in erster Linie mit dem schweren Schicksal hadert, sondern ein Erziehungsverband der seinen Mitgliedern Orientierung und Halt geben will für ein selbstverantwortetes Leben und der an der großen sittlichen Idee der deutschen Heimatvertriebenen mitwirken will, die der aus Pilsen stammende Soziologe Eugen Lemberg in seiner wegweisenden Schrift Die Ausweisung als Schicksal und Auftrag formuliert hat: Toleranz und Achtung vor der Nationalität des Einzelnen und vor Völkern und Volksgruppen zu entwickeln, um zukünftige Vertreibungen, Misshandlungen und Tötungen von Menschen wegen ihrer Sprache, Volkszugehörigkeit und Kultur unmöglich zu machen.

In Gaisthal wurde der politische Kompass der Sudetendeutschen Jugend eingenordet:


Quasi als Bestätigung und Bekräftigung ihres sich in dieser Woche erarbeiteten heimatpolitischen Auftrages erhielt die junge SdJ am Ende des Lagers während einer Feierstunde an der böhmischen Grenze im nahen Stadlern von Dr. Lodgman von Auen ihre ersten Fahnen übereicht. Die Lagerfahne dieses ersten Zeltlagers in Gaisthal führt noch heute als Traditionsfahne der SdJ den Einzug der Jugend- und Trachtengruppen auf den Sudetendeutschen Tagen an.


Der Anfang war gemacht. Nun galt es die überall in Westdeutschland und Österreich entstehenden Gruppen zu sammeln. Regionale Schwerpunkte waren Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, aber auch Nordrhein-Westfalen und nicht zuletzt, in späteren Jahren auch als Sammelbecken zahlreicher ursprünglich in die sowjetische Besatzungszone vertriebener und dann wiederum geflüchteter Sudetendeutscher, die Landesgruppe in West-Berlin. Geführt wurde die SdJ seit dem Sudetendeutschen Tag 1952 in Ansbach von der Hauptjugendführung mit Ossi Böse an der Spitze, Isolde Birkholz als Mädelführerin, Erich Kukuk, Gretl Hajek, Rolf Nitsch und Wolfgang Egerter.

Es war ein vielgliederiger Verband mit verschiedensten Arbeitsformen und Ausrichtungen und es war ein großer Verband. Die Mitgliedshoheit lag zwar immer bei dem 1951 gegründeten Dachverband der Deutschen Jugend des Ostens, aber es ist sicherlich nicht zu hoch gegriffen, wenn wir von weit über 50.000 Mitgliedern sprechen.

Die Sudetendeutsche Jugend im engeren Sinne war in ihrer Arbeitsform bündisch geprägt und hatte viele Elemente der sudetendeutschen Jungturnerschaft übernommen.

Die Keimzelle war die örtliche Jugendgruppe, meist nach Altersstufen gegliedert und häufig nach Geschlechtern getrennt. Es gab Jungenschafts- und Mädelgruppen mit jeweils eigenen Grundsätzen und einem Probensystem das den Mitgliedern nach Wissen und praktischem Können verschiedene Ränge verlieh. Das Wissen und Können konnte man sich in den Gruppenstunden, auf den Fahrten und Lehrgängen und in Sommer- und Winterlagern erwerben. Wissen um die Herkunftsgebiete der Vertriebenen, um deutsche Geschichte und Kultur und praktisches Können um Fahrt und Lager standen dabei im Vordergrund. Bei den Jugendkreisen, gemischten Gruppen ab ca. 16 Jahren, war es das Singen und Tanzen das die Gruppenarbeit prägte. Auch hier spornte der Wettbewerb zu besseren Leistungen an. Zu den Sudetendeutschen Tagen fanden jeweils musisch-kulturelle Wettbewerbe statt, bei denen man sich, wie bei den Landes- und Bundesspielen der DJO, mit anderen Gruppen messen konnte. Ein Wissensnachweis mit Fragen zu den deutschen Vertreibungsgebieten gehörte auch hier dazu. So wurde die Leitidee des Erziehungsverbandes ganz praktisch umgesetzt.

Der Aufbau dieser Sdj im engeren Sinne erfolgte ganz entscheidend über die bayerischen Bezirksgruppen und in den anderen Bundesländern über die Landesgruppen. Hier wurde vielfach die eigentliche Pionierarbeit geleistet durch das Vorantreiben von Gruppengründungen, der Jugendleiterausbildung und den diese Bezirke und Landesgruppen ihren Zusammenhalt gebenden Sommer- und Winterlagern.


Neben dieser SdJ im engeren Sinne entstanden Anfang der 50 Jahre zwei weitere wichtige Standbeine der Sudetendeutschen Jugend: Zum einen die Jugendorganisationen der Heimatlandschaften, insbesondere die Egerlandjugend und die Böhmerwaldjugend, sowie die auf spezielle Heimatgebiete ausgerichteten Spielscharen.

Die Egerlandjugend hat sich zusammen mit der Egerländer Gmoi entwickelt, der Stammesorganisation der Egerländer, die sich nach dem Krieg schnell zusammengefunden hat um vor allem das reiche Brauchtum und den Zusammenhalt dieses alten und kraftvollen Volksstammes zu pflegen. 1957 hatte die Egerlandjugend bereits über 70 Jugendgruppen. Der Egerlandjugend ist bis heute vorbildlich gelungen, das Interesse am Brauchtum der Egerländer, an Volkslied, Volkstanz, Tracht und sogar der Mundart wachzuhalten. Die Bundestreffen der EJ mit ihren Wettbewerben spielen dabei eine besondere Rolle. Darüberhinaus gelingt es den Egerländern noch besser als den anderen Sudetendeutschen die Mitglieder des Jugendverbandes in die Erwachsenenorganisation zu überführen. Viele Jugendführer der EJ führen heute die Egerländer Gmoi, die übrigens in diesem Jahr bereits seit 103 Jahren besteht.

Seff Heil, Albert Reich, Günther Müller oder Dieter Markgraf sind nur einige herausragende Beispiele für diesen gelungenen Übergang.

Eine sehr ähnliche Entwicklung ist bei dem zweiten sudetendeutschen Volksstamm zu beobachten, der bereits in der Heimat ein starkes eigenes Bewusstsein hatte: Den Böhmerwäldern. 1950 von einem Kreis um Erich Hans am Fuße des Dreisesselberges -- also im tiefsten Böhmerwald, wenn auch auf bayerischer Seite, ins Leben gerufen, gab es im Gefolge des Deutschen Böhmerwaldbundes bald um die 40 aktive Gruppen insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Oberösterreich. Auch die Böhmerwälder pflegen bis heute eindrucksvoll das kulturelle Erbe ihrer Vorfahren und sind damit nicht selten hervorragende Botschafter der sudetendeutschen Volksgruppe auf ihren großen Bundestreffen aber auch bei vielen Fahrten ins Ausland oder der Europeade, einer Art europäischer Kulturolympiade an denen SdJ und DJO Gruppen seit ihren Anfängen regelmäßig teilnehmen.


Ebenfalls sehr früh bildeten sich auf bestimmte Heimatgebiete ausgerichtete Sing- und Spielscharen. Die meisten dieser Gruppen erfassen ihre Mitglieder überregional. Sie treffen sich mehrmals im Jahr an einem zentralen Ort zu Singwochen und Veranstaltungen. Diese Sing- und Spielscharen sahen sich bei ihrer Gründung als die Fortsetzung der Finkensteiner Singbewegung Walther Hensels und sehen in der Erhaltung und Weiterentwicklung des Liedgutes, des Tanzes, der Instrumentalmusik, der Dichtung und des Brauchtums ihrer jeweiligen Heimatlandschaft die vordringliche Aufgabe ihrer Kulturarbeit.

Herausragende und bis heute aktive Sing-und Spielscharen sind der Iglauer Singkreis, die Schönhengster Sing- und Spielschar und die Südmährische Sing- und Spielschar. Hinzu kommen örtlich gebundenere Spielscharen wie der Musische Arbeitskreis Heidelberg, der Heidelberger Sing- und Tanzkreis, die Darmstädter Adalbert Stifter Spielschar oder die Spielscharen der Böhmerwald- und Egerlandjugend.


Es war also ein großer Verband entstanden und es ist schon wegen dieser Größe und Vielfalt nicht möglich all das aufzulisten, was in den ersten beiden Jahrzehnten angestoßen und erreicht wurde. Wenn ich nun einige Meilensteine herausgreife, dann in dem klaren Bewusstsein dass ich auch anderes berichtenswerte weglasse. Es ist keine böse Absicht.

Bemerkenswert aus dieser Zeit erscheint mir insbesondere:

  1. die Schaffung eigener Begegnungsstätten als Kristallisationspunkte unserer Arbeit.
  2. das Knüpfen erster Kontakte ins Ausland und das Gewinnen von Verbündeten für unsere Anliegen.
  3. die Begründung einer eigenen Hochschularbeit.
  4. und die Anfänge unserer Zusammenarbeit mit tschechischen Partnern.


Begegnung braucht Behausung. Für die Bildungsarbeit, für die Jugendfreizeiten und Zeltlager braucht man Orte der Begegnung und ein Dach über dem Kopf. Neben den unzähligen Jugendherbergen und Berghütten die SdJ Gruppen als Unterkunft dienten, legendär sind die ersten Winterlager auf dem Purtschellerhaus bei Berchtesgaden oder der Unteren Wilhelmine im Allgäu, werden einige Einrichtungen zu Kristallisationspunkten sudetendeutscher Jugendarbeit und sind es größtenteils bis heute.

Der bereits erwähnte Zeltlagerplatz in Gaisthal, der wegen seiner geschilderten Bedeutung auch oft die Wiege der SdJ genannt wird, wird mit festen Gebäuden ausgebaut und ist in den 50er und 60er Jahren nicht nur der Heimatzeltplatz des Bezirks Niederbayern/Oberpfalz sondern auch Austragungsort der SdJ Bundeslager mit Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet. Erik und Christine Waengler sorgen durch ihre 16 jährige Tätigkeit als Lagerleiter für die Kontinuität der Arbeit. Heute ist der Lagerplatz, auf einem neuen Gelände wiedererrichtet, das Zentrum für die deutsch – tschechische Jugendbegegnung.

Der entscheidende Kristallisationspunkt wird jedoch der Heiligenhof bei Bad Kissingen. 1952 mit Mitteln des norwegischen Flüchtlingswerkes gekauft, wird er zum ersten kollektiven Eigentum der Volksgruppe in der Vertreibung. Initiiert vom Gründer des Sudetendeutschen Sozialwerkes, Herbert Schmidt, wird der Heiligenhof zu einer Sudetendeutschen Heimstätte Europäischer Jugend ausgebaut. Der Heiligenhof ist zunächst unter der Leitung von Ossi und Pepi Böse und später unter Erich und Traudl Kukuk die Schaltzentrale der aufstrebenden SdJ und wird die Bildungs- und Begegnungsstätte der Sudetendeutschen Volksgruppe. Dies ist der Heiligenhof noch heute; erneuert, erweitert und um die Akademie Mitteleuropa ergänzt, ist er ein Haus der Begegnung und eine Zukunftswerkstatt für die Fragen Mitteleuropas, auch für die noch unerledigte sudetendeutsche.

Eine zweite Heimstätte schuf Herbert Schmidt mit der Burg Hohenberg an der Eger, einer alten Stauferburg unmittelbar an der Grenze zum Egerland. 1956 vom Freistaat Bayern gepachtet, wurde sie wegen ihrer Lage zu unserer Landeswarte und Ort unzähliger Lehrgänge, Tagungen, Kinderfreizeiten und -- im romantischen Burggraben -- vieler Zeltlager, vor allem der Bezirksgruppe Oberfranken.

Weitere bedeutende Einrichtungen die in diesen Jahren geschaffen wurden sind das Haus Sudetenland in Waldkraiburg, das zuerst von Otto Thuma geleitet wurde und später viele Jahre von Horst und Sigrun Rössler, beide SdJ Führungskräfte in den 60er Jahren,

das Adolf Webinger Haus der Böhmerwälder in Lackenhäuser oder auch das Haus Schauinsland im Hochschwarzwald für die Baden-Württemberger und das DJO Heim in Rodholz in der Rhön.


Zur Auslandsarbeit:

Es war allen Verantwortlichen klar, dass die deutschen Vertriebenen auch im Ausland über das Unrecht der Vertreibung aufklären und um Verständnis und Unterstützung für ihre Anliegen werben müssen. Die sudetendeutschen Sing- und Spielscharen waren die ersten Gruppen die Länder Westeuropas, Amerikas und auch Afrikas bereisten. Sie knüpften Kontakte zu anderen vertriebenen Volksgruppen, wie den Ladogakareliern in Finnland, zu deutschen Minderheiten wie den Nordschleswigern in Dänemark oder bereisten bewusst Länder die im 2. Weltkrieg unter der deutschen Besatzung besonders zu leiden hatten wie etwa Norwegen oder Frankreich. Die Gruppen wurden dadurch zu Singenden Botschaftern ihrer Heimat, wie die Südmährische Sing- und Spielschar einmal von einer norwegischen Zeitung betitelt wurde. Mit ihrer Musik und ihren Tänzen schafften sie es oftmals das Eis zu brechen und über viele aufgerissene Gräben hinweg Partnerschaften zu begründen und Freundschaften aufzubauen. Dies war der Beginn zahlreicher Volkstumsfahrten sudetendeutscher Jugendgruppen in aller Herren Länder.

Eine weiterer Meilenstein war die Gründung der Jugendkommission der FUEV, der Föderativen Union Europäischer Volksgruppen, eines Zusammenschlusses nahezu aller nationalen Minderheiten im damaligen westlichen Europa. Ossi Böse und Erich Kukuk schafften es, die Jugendvertreter aller Gruppierungen an einen Tisch auf dem Heiligenhof zu bringen und standen der Jugendkommission sogar selbst einige Jahre vor. Durch die FUEV gelang es dem Ziel ein europäisches Volksgruppenrecht zu schaffen, eine internationale Plattform zu geben.

Diesem Denken entsprang später auch die Gründung des Arbeitskreises für Volksgruppen- und Minderheitenfragen auf dem Heiligenhof, der bis heute von Prof. Rudolf Grulich und Dr. Ortfried Kotzian, einem der vielfältigsten SdJ Aktivisten und heutigen Direktor des Hauses des Deutschen Ostens in München, geleitet wird.


1952 begannen einige führende Köpfe der SdJ unter der Federführung von Wolfgang Egerter, der bis zu seinem Tod vor eineinhalb Jahren noch so viele Funktionen in der Volksgruppe einnehmen sollte, die studentische Arbeit aufzubauen. Ausgehend von einer ersten Hochschulgruppe des Arbeitskreises Sudetendeutscher Studenten ASST in München, gab es bald Gruppen an den Universitäten Frankfurt, Würzburg, Darmstadt und Berlin. Es gelang dem ASST und dem sich später daraus entwickelnden ASJA -- dem Arbeitskreis Sudetendeutscher Jungakademiker, vor allem unter der Leitung von Jörg Kudlich und Dr. Günter Reichert, eine beachtliche Schar von Studenten und Akademikern um sich zu sammeln und die sudetendeutsche Frage mit Vertretern der unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen, Künstlern und Politikern zu diskutieren.

Ein Werk dessen Grundlagen Mitglieder des ASST maßgeblich miterarbeitet haben und das in einem Heimatpolitischen Arbeitskreis der SdJ seinen Ursprung hat, sind die mittlerweile zum unangefochtenen Standardwerk gewordenen Dokumente zur Sudetenfrage von Dr. Fritz Peter Habel. 1960 erstmals als Materialiensammlung der SdJ veröffentlicht, hat es Fritz Peter Habel zu einer einzigartigen Dokumentensammlung und einem 2 kg Buch weiterentwickelt.


Welche Rolle spielte in diesen ersten beiden Jahrzehnten das tschechische Volk und die tschechische Jugend? Es begann zuversichtlich, mit dem Wiesbadener Abkommen, das zwischen den Sudetendeutschen unter der Führung Lodgman von Auens und dem Tschechischen Nationalausschuß in London unter Führung des Armeegenerals Lev Prchala im August 1950 geschlossen wurde und mit ersten Zusammentreffen mit jungen Exil Tschechen und Slowaken 1952 auf dem Heiligenhof. Die zunehmende Verfestigung der West-Ost Fronten im kalten Krieg und wohl auch die nationale und die Vertreibung letztendlich zumindest billigende Haltung maßgeblicher Teile des tschechischen Exils, lassen in diesen Jahren nur wenig direkte Kontakte aufkommen.

So blieb es bei politischen Erklärungen, die die Position der Sudetendeutschen Jugend immer wieder deutlich machten, den Verzicht auf Rache und Vergeltung, den Rechtsanspruch auf die Heimat, die Forderung der deutschen Wiedervereinigung und in den Aufsehen erregenden Botschaften an die tschechische Jugend zu den Sudetendeutschen Tagen 1960 und 1966 der Appell gemeinsam darauf hinzuarbeiten, als sudetendeutsche und tschechische Jugend einst in einem freien Europa eine Neue Völkerordnung der Achtung, der Toleranz und der Partnerschaft zu schaffen und darüber das gemeinsame Gespräch zu suchen.


Was die SdJ damals jedoch dennoch begann, war kleine menschliche Zeichen zu setzen zu den Jugendlichen im östlichen, abgeriegelten Europa. 1953 nach dem blutigen Ende des Volksaufstandes in Berlin und anderen Städten Mitteldeutschlands, begannen vor allem die sudetendeutschen Mädel unter Gretl Hajek und Walli Richter die Aktion Gruß über die Grenzen. Es begann mit der Spende eines Tagesverdienstes für Ostberliner Kinder und Jugendliche und wuchs in den folgenden Jahren zu einer großen Patenschaftsaktion mit über 5000 Patenschaften für Jugendliche vor allem in der Tschechoslowakei, in Rumänien und in Russland.


Mitte der 60er Jahre übernahm mehr und mehr die Generation die Verantwortung, die die Vertreibung nicht mehr selbst bewusst erlebt hat oder bereits hier geboren wurde. Das Umfeld in dem sudetendeutsche Jugendarbeit zu leisten war änderte sich. Die unmittelbare Integration war erfolgt, die nach wie vor zahlreichen Jungen und Mädel in der SdJ wurden immer selbstverständlicher Bayern, Hessen, Schwaben, Österreicher oder Berliner und es rückten Fragen in den Vordergrund die es damals wie heute zu beantworten gilt: Was ist sudetendeutsche Identität? Welche Zukunft hat die sudetendeutsche Volksgruppe nach ihrer Vertreibung in das eigene Volk? Die Antworten die wir damals fanden waren geprägt von der Leitidee die insbesondere Dr. Walter Becher, der damalige Sprecher der SL vertrat: die der multiplen Identität. Ja es ist möglich gleichzeitig Oberbayer oder Rheinländer und Sudetendeutscher zu sein. Die Volksgruppe muss dazu aber weiterhin erlebbar bleiben und wahre Bindekräfte entfalten, wie es wiederum Eugen Lemberg formulierte. Und die stärkste Bindekraft ist die gemeinsame Aufgabe. Die Sudetendeutsche Jugend der späten 60er, der 70er und auch noch der 80er Jahre wollte geistige Heimat vermitteln, ein Begriff der damals ebenso entstand wie der der Bekenntnisgeneration die der Erlebnisgeneration folgt.

Dieter Hüttner, lange Jahre bayerischer DJO Landes- und Bundesvorsitzender beschreibt in einem Artikel zu 50 Jahre SdJ wie sehr ihn damals der Schwung und der Wille zur Neugestaltung sudetendeutscher Jugendarbeit beeindruckt hat. Ein Zukunftskongress in Regensburg formulierte damals Thesen für die junge Generation der Sudetendeutschen.

Doch diese gemeinsame Aufgabe von der Lemberg spricht unter den neuen Gegebenheiten zu definieren, war nicht so einfach und hat innerhalb der landsmannschaftlichen Jugendverbände zu manchen Auseinandersetzungen geführt.

Die gesellschaftliche Entwicklung und insbesondere die harten Auseinandersetzungen um die Ostverträge der sozial-liberalen Koalition in Bonn hatten zu einer Entsolidarisierung der bundesdeutschen Bevölkerung mit den Vertriebenen und ihrer Verbände geführt. Innerhalb der Jugendringe gab es teilweise eine regelrechte Kampagne gegen unseren gemeinsamen Dachverband Deutsche Jugend des Ostens, die in zwei Ausschlussanträgen aus dem Bundesjugendring gipfelte, die jeweils nur mit hauchdünner Mehrheit scheiterten. In der darauf einsetzenden Richtungsdebatte innerhalb der DJO, die bis in die späten 60er Jahre sehr stark durch die Sudetendeutsche Jugend und ihre Führungspersonen geprägt war, kam es zu Entscheidungen, in deren Folge sich die, vor allem in Bayern noch lange Jahre existierende nahezue Deckungsgleichheit von DJO und SdJ, auflöste. Die DJO, 1974 in DJO -- Deutsche Jugend in Europa umbenannt, erklärte ihren Austritt aus dem Bund der Vertriebenen, betrachtete sich also nicht mehr als dessen Jugendorganisation und entwickelte sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte zu einer Dachorganisation von Jugendverbänden mit Migrationshintergrund, in der heute die Sudetendeutsche Jugend ebenso Mitglied ist wie Shqiponja, der Jugendverband junger Albaner oder Komciwan, ein Jugendverband junger Kurden. Die DJO hat sich damit mit großer Konsequenz und in durchaus anerkennender Weise des Auftrags angenommen, Parallelen der Schicksale verschiedenster ethnischer Gruppen aufzuzeigen, wirksame Hilfe für Eingliederung und Integration zu leisten und vor allem durch eine intensive Jugendkulturarbeit die Toleranz und das Verständnis für die zahlreichen Ethnien Europas zu fördern.


Für die SdJ war es, auch als weiterhin starker Mitgliedsverband der DJO wichtig, die Jugendorganisation einer Volksgruppe zu bleiben und sie bekannte sich, damals unter ihrem Bundesgruppenführer Erik Waengler, daher weiterhin zu ihrer Rolle als Jugendverband der Sudetendeutschen Landsmannschaft und als die Vertretung der jungen Generation der Sudetendeutschen Volksgruppe.


Sie war in den 70-er und 80-er Jahren sehr stark von ihrer musisch-kulturellen Arbeit geprägt. Dabei wurden bewährte Formen fortgeführt, beispielsweise die großartige Arbeit der Sing- und Spielscharen. So wird niemand der dabei war, jemals die großartigen Volkstumsabende in der Wiener Stadthalle zu den Sudetendeutschen Tagen 1977 und 1983 vergessen. Aber auch neue Formen wie die Jugendkulturtage in Bayern brachen sich Bahn.


Die politische Arbeit war, das ist zumindest mein Eindruck, in diesen beiden Jahrzehnten mehr deutschlandpolitisch bestimmt als auf unser tschechisches Nachbarvolk gerichtet. Die Überwindung der Spaltung Deutschlands war seit Anbeginn nicht nur formelles Satzungsziel der SdJ, sondern wirkliches Herzensanliegen und spielte in unserer Bildungsarbeit eine zentrale Rolle. Politische Aktionen die dies unterstreichen, waren beispielsweise eine große Flugblattaktion zum 25. Jahrestag des Aufstandes vom 17. Juni unter dem Motto: 17. Juni -- ein freier Tag für ein freies Deutschland, die Unterstützung für den Ostberliner NVA Wehrdienstverweigerer Nico Hübner und 1981 zum 20. Jahrestag des Mauerbaus in Berlin, eine große Plakat und Flugblattaktion mit einer spektakulären Abrissgenehmigung für die Berliner Mauer.


Die deutsche Wiedervereinigung acht Jahre später kam auch für jeden SdJ-ler vollkommen überraschend. Aber, das kann ich von mir sagen und glaube hier für viele sprechen zu können, ich habe selten ein derartiges Gefühl von Genugtuung und Zufriedenheit empfunden wie in der Zeit als sich die deutsche Wiedervereinigung vollzog. Es war die Bestätigung von politischer Überzeugung und empfundener Lohn für die vielen Stunden politischer Bildungsarbeit auf Lagern und Lehrgängen. Und, auch das kann ich nicht verhehlen, auch eine große Portion Genugtuung gegenüber all denjenigen, die uns in all den Jahren zuvor als politische Träumer und Spinner oder auch als rückwärtsgewandte Nationalisten verhöhnt hatten.


Das Interesse an den Vorgängen in der Tschechoslowakei war in diesem zweiten Drittel der 60 Jahre keineswegs erloschen. Mit großer Sympathie und Anteilnahme verfolgten die SdJ die Freiheitstendenzen während des Prager Frühlings und thematisierte die gewaltsame Niederschlagung durch die Sowjets. Jan Pallach wurde zu einer Symbolfigur und bestimmte die Feierstunden an Sudetendeutschen Tagen. Großen Widerhall fanden die Publikationen von tschechischen Exil- oder Untergrundautoren zur Vertreibung, wie die Thesen von Danubius und Bohemus oder Die verlorene Geschichte von Frantisek Jedermann. Nach seiner Ausreise aus der CSSR diskutierten wir lebhaft mit Danubius- Prof. Jan Mlynarik im Haus Sudetenland in Waldkraiburg.


Deutlichstes Dokument ein Zeichen für einen notwendigen Aufbruch in den deutsch-tschechischen Beziehungen zu setzen, war unser Vorschlag an Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Strauß, ein deutsch – tschechisch – slowakisches Jugendwerk zu gründen. Während der Hauptkundgebung des Sudetendeutschen Tages 1986 in München übergab der damalige Bundesgruppenführer Klaus Geisler unser Memorandum an die beiden Politiker und es wurde zu einer weiteren großen Freude, zu erleben, dass dieser Vorschlag mit der Einrichtung der Koordinierungsstellen für den deutsch – tschechischen Jugendaustausch 10 Jahre später auch verwirklicht wurde.


Klaus Geisler konnte die Umsetzung unserer Idee gerade noch miterleben. Er starb im August 1997, im Alter von 40 Jahren viel zu früh. Ich möchte die Erinnerung an ihn nutzen um an dieser Stelle allen verstorbenen Kameradinnen und Kameraden zu gedenken, die sich in den vergangenen 60 Jahren um die Sudetendeutsche Jugend verdient gemacht haben, insbesondere jenen, die einen Großteil ihres gesamten Lebens dem Aufbau unserer Gemeinschaft und der Idee unserer Volksgruppe gewidmet haben.

1989 und 1990 waren nicht nur deutsche Wendejahre, es waren europäische Wendejahre, die auch dem tschechischen und slowakischen Volk die Befreiung von sowjetischer Zwangsherrschaft und kommunistischer Ideologie brachten. Ein Moment auf den die gesamte Sudetendeutsche Volksgruppe und die SdJ seit Anbeginn hingearbeitet hatten. Es wurde heute bereits betont, dass sich die Sudetendeutsche Jugend von niemanden übertreffen ließ, sofort Kontakte zur tschechischen Jugend aufzunehmen und mit dem zu beginnen, was sie in so vielen Verlautbarungen gefordert und angekündigt hatte: Begegnung, direkte Gespräche und dem Aufbau einer deutsch – tschechischen Partnerschaft der jungen Generation.


Es ist für alle früheren SdJ Generationen beeindruckend zu sehen, mit welchem Elan und Einfallsreichtum sich die SdJ der 90-er Jahre und des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrhunderts der Aufgabe der deutsch – tschechischen Begegnungsarbeit gewidmet hat und weiter widmet. Die Aktionen und Initiativen aufzulisten ist unmöglich. Peter Pawlik, der SdJ Bundesvorsitzende von 1990 bis 1999, hat bereits vor 10 Jahren von über 150 Begegnungsmaßnahmen gesprochen. Einige wegweisende müssen dennoch genannt werden:


Zwei besonders markante und symbolträchtige Erlebnisse, die einem, selbst wenn man nicht persönlich dabei war, eine Gänsehaut bekommen lassen, waren.


In den letzten 20 Jahren hat sich die Sudetendeutsche Jugend innerhalb der Jugendringe- und verbände große Anerkennung als der Fachverband für deutsch - tschechische Jugendarbeit erarbeitet. An allen offiziellen Deutsch - Tschechischen Jugendtreffen ist die SdJ beteiligt und entsendet seit Anbeginn Vertreter in das Deutsch - Tschechische Jugendforum.

Vieles ist also wahr geworden von unseren Forderungen und Vorstellungen und wir können uns zum 60. Geburtstag unseres Jugendverbandes allesamt gratulieren. Ja wir haben Friedensarbeit geleistet, um dieses Wort von Edmund Stoiber nochmals aufzugreifen. Und dennoch wissen wir alle hier im Saal, dass unsere Mission noch nicht erfüllt ist.

Gerade all diejenigen die den deutsch - tschechischen Dialog seit 1989 vorangetrieben haben, wissen um den tatsächlichen Stand dieses Austausches und dass es noch eines langen Atems bedarf, um neben all den vielen vertrauensbildenden Maßnahmen auch die kritischen aber entscheidenden Punkte zu thematisieren die zwischen Sudetendeutschen und Tschechen offen besprochen und, wo immer möglich, geregelt werden müssen.

Sudetendeutsche Geschichte ist nach wie vor unerledigte Geschichte und solange sie unerledigt bleibt wird sie einer wahrhaften Aussöhnung und Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen entgegenstehen.


Was bleibt also zu tun für die kommenden Jahre?

An eben dieser wahren deutsch - tschechischen Aussöhnung weiter zu arbeiten und dadurch mitzuhelfen, dass sich diese beiden Völker im geographischen Herzen Europas nach zwei Jahrhunderten zunehmender Abgrenzung und den unheilvollen Zeiten des Nationalismus wirklich wieder begegnen und zu einer echten Völkerfreundschaft finden.

Auch ein anderer großer selbstgestellter Auftrag ist noch weit von seiner Umsetzung entfernt, das Schicksal der Vertreibung als Aufgabe zu betrachten um für ein weltweites Verbot von Vertreibungen, Bevölkerungstransfers oder ethnischen Säuberungen zu kämpfen und dabei insbesondere für ein Europäisches Volksgruppen- und Minderheitenrecht einzutreten.

Diese Aufgaben bilden weiterhin die sittliche Idee die Lemberg 1949 formuliert hat und die neben der gemeinsamen Herkunft und der kulturellen Identität die wahren Bindekräfte für die Sudetendeutsche Volksgruppe darstellen.


Mein Wunsch zum heutigen 60. Geburtstag ist, dass die Sudetendeutsche Jugend auch künftig diese Bindekräfte in der jeweiligen Jugendgeneration zur Entfaltung bringt, damit diese sudetendeutsche Volksgruppe auch weiterhin eine starke Gemeinschaft bildet, der man gerne angehört und die ihre für Europa und den Frieden in der Welt wichtige Aufgabe erfüllen kann.


Dazu meine besten Wünsche und Glück Auf!


Vielen Dank!



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