Guntram Kuse:

Mein Anfang in der DJO-Jungenschaft

Meine Eltern ( und alle Verwandten mütterlicherseits ) waren Alt-Wandervögel, 1913 am Hohen Meißner-Treffen dabei und von dieser Zeit sehr stark geprägt.
Das hat natürlich auf mich abgefärbt.

Die DJO, wie ich sie Anfang der 50-er Jahre in Mülheim a. d. Ruhr erlebte, war daher für meine Vorstellungen zu sehr auf Jugend-Betreuung ausgerichtet:
Ein älteres Ehepaar, ehemalige adlige Gutsbesitzer, übte mit uns Laienspiele und anspruchslose Volkstänze ein, die dann bei landsmannschaftlichen Veranstaltungen vorgeführt wurden.
Das war alles schön und gut, aber doch nicht das, was ich mir so vorstellte.

Ich war damals viel allein und auf weiten Touren mit dem Fahrrad unterwegs. Dabei traf ich in den Jugendherbergen auf Bündische, vor allem die Nerother Wandervögel mit ihrem faszinierenden Liedgut, die meinen Vorstellungen mehr entsprachen.
Als ich dann einem anderen DJO-ler von meiner Unzufriedenheit erzählte und Absprunggedanken äußerte, riet er mir, erst mal abzuwarten, denn da sei auch bei der DJO etwas Bündisches im Entstehen. Wahrscheinlich hat er mich auch auf den ersten Jungenschaftslehrgang in Dortmund, ich denke 1955, aufmerksam gemacht.

Ich bin dann hingefahren und habe auftragsgemäß versucht, eine eigene Gruppe aufzubauen.
Dazu habe ich mir Arbeitskollegen vom Bau gekeilt, ich war damals ein 19-jähriger Maurerlehrling, was recht unkompliziert gelang. Ich fuhr dann zu Führerlehrgängen, meistens bei Lois Spach im DJO-Heim Oerlinghausen, und war von der neuen Truppe recht angetan.

Bald wurde ich zum Bezirksjungenschaftsführer gewählt oder bestellt.

Unser Landesjungenschaftsführer Lois Spach war als Heimleiter von Oerlinghausen und späterer Herbergsvater der Wewelsburg natürlich ans Haus gebunden und konnte daher das Amt des Landesjungenschaftsführers nur begrenzt ausüben. Daher erfand er für mich das Amt des Kanzlers, der für die ambulante Arbeit auf Landesebene zuständig war.

Deine zweite Frage, ob und ggf. wie die Jungenschaft mein späteres Leben beeinflusst hat, ist gar nicht so einfach zu beantworten.
Natürlich wirkt es sich später aus, wenn man gelernt hat, andere Menschen zu führen, wobei insbesondere die Art der Führung eine wichtige Rolle spielt ( Führen durch Vorbild, Überzeugung usw. ).

Vor allem aber haben mich die Führertreffen am Heiligenhof geprägt, um den herum Ossi Böse einige Persönlichkeiten gruppiert hatte, die auf mich einen nachhaltigen Eindruck gemacht haben.
Die dortigen Vorträge und Diskussionen, mit Hans Christ beispielsweise, eilten den politischen Vorstellungen unserer damaligen Altvorderen in den Vertriebenenverbänden um Jahrzehnte voraus.
Für mich, der ich aus einem preußischen Elternhause stamme, war die historische Sichtweise der Habsburger neu und anfänglich verwirrend, aber in meiner späteren beruflichen Arbeit habe ich davon noch lange gezehrt.

Ich habe bei meiner Dir übermittelten Namensliste nicht zufällig einige spätere Berufe aufgeführt. Du wirst feststellen, dass es da etliche Sozialarbeiter, Heimerzieher usw. gibt. Das hatten in NRW der damalige Landesgruppenführe Hans Baroke, später Kreisjugendpfleger in Rotenburg a. d. Fulda, und der Bundesgruppenwart der Westpreußen, Hans-Jürgen Schuch, vorgemacht. Die Jungenschaftler zogen dann nach. ( vgl.: Guntram Kuse: "Brief an Klaus Großschmidt" )

Ich selbst wollte ursprünglich Architekt oder Berufsschullehrer werden, der Umstieg auf Jugendpfleger ist sicher vornehmlich durch die Tätigkeit in der Jungenschaft bewirkt worden.

Zwei Namen sind mir noch eingefallen: Die Brüder Albrecht und Werner Grimm aus Minden, einer ist wohl Lehrer geworden.



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