Kieler Erklärung

Kiel 1955, Bundesjungendtag DJO
  1. Wir wollen die Erlebnisse aus Krieg und Vertreibung nicht vergessen oder unausgetragen beiseitelegen, sondern daraus geläuterte Erfahrungen und Erkenntnisse zur allgemeinen und persönlichen Lebensgestaltung gewinnen.
  2. Wir haben gesehen, wie Weltanschauungen und Ideologien versagen, wenn der Mensch nicht da ist, der sie fruchtbar macht, der ihnen Maß verleiht und Grenzen setzt. Darum stellen wir den Menschen in den Mittelpunkt unserer Erziehung. Den Menschen als Person, in seiner von Gott empfangenen Würde und Freiheit.
  3. Wir entsagen aus unserer Erfahrung heraus dem Aberglauben an die Macht der bloßen Zahl, an die Zusammenballung der Vielen zu den Menschenblocks der üblichen Menschenkundgebungen. Wir bemühen uns vielmehr um echte Gemeinschaftsformen, die überschaubar sind, die mehr durch die Kraft des Geistes als durch die Macht eines Organisationsapparates zusammengehalten werden.
  4. Wir bejahen den Gedanken des Volkes als der Gemeinschaft, die Berufsstände und Gesinnungsgruppen umschließt. Von der Situation der Gemeinschaft soll das Maß der Freiheit bestimmt und die Bindungen gesetzt werden. Wir wollen aus seiner Art leben, aus seiner Tradition unsere Vorbilder nehmen und aus dem Ertrag ihres Geistes Kraft für die Zukunft schöpfen.
  5. Wir sehen -- mit Herder -- in den Völkern die Bausteine der Menschheit, darum glauben wir an Europa als einer Vereinigung der freien Völker. Europa darf nicht gegen, sondern muss für die Völker entstehen. Dies ist nur dann möglich, wenn die Völker sich nicht mehr in der großen Zahl, sondern in der Qualität im Sinne ihrer geschichtlichen Rolle zu begreifen suchen.
  6. Von diesem Leitbild der Völkerordnung aus sehen wir auch unsere Aufgabe im Osten. Von diesem Leitbild her werden wir dort zum Verzicht bereit sein, wo wir dem ureigensten Anspruch eines anderen Volkes begegnen, um dort um Recht und Verständnis ringen, wo unser geschichtliches und gegenwärtiges Recht nicht bestritten werden kann. Wir wollen keine politische Ordnung, die nicht auch von den letzten unserer Nachbarvölker im Osten und mittleren Osten bejaht und mitgetragen wird!
  7. Diese Gedanken wollen wir nicht nur als theoretische Grundsätze verkünden, sondern auch in realen Bereichen des Lebens durchhalten. Wir wollen in unseren Jugendgruppen eine Atmosphäre schaffen, in der wieder edle und freie Seelen leben können. Wir wollen trotz Technik und Organisationsapparatur - aus unseren Gruppen Personen-Gemeinschaften entwickeln helfen, die aus dem Geiste dieser Grundsätze leben und wirken wollen. Dies ist unser ehrlicher Wille. -- Dies ist das Fundament unserer Arbeit.

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