6. Juni 1954
Bayern ist stolz auf den Fleiß, die Ausdauer und die Ergebnisse sudetendeutscher Arbeit, Bayern
ist glücklich über den kulturellen Reichtum, der durch Sie in unser Land gekommen ist.
Eingedenk der geschichtlichen Verbundenheit, eingedenk auch der Tatsache, daß mehr als die Hälfte
der Heimatvertriebenen in Bayern Sudetendeutsche sind, habe ich mich bereit erklärt, der an mich
ergangenen Bitte zu entsprechen, namens der Bayerischen Staatsregierung die Schirmherrschaft über die
große Gemeinschaft der sudetendeutschen Volksgruppe zu übernehmen. Ich bitte Sie, darin das Zeichen der
bayerischen Verbundenheit, bayerischer Aufrichtigkeit und bayerischen Dankes zu sehen. Das bayerische
Volk weiß sich mit Ihnen einig in dem heißen Wunsch um Erhaltung des Friedens und um Lösung aller
weltpolitischen Probleme.
. . . . . . .
Bayern dankt in dieser Stunde allen, die in der neuen Heimat zu deren wirtschaftlichem Wiederaufbau mitgearbeitet haben. Eine Patenschaft stellt ein besonderes Verhältnis zwischen dem, der sie übernimmt und dem, über den sie übernommen wird, her. Dieses Verhältnis hat in Vergangenheit und Gegenwart zwischen Bayern und den Sudetendeutschen bereits bestanden. Indem es heute sichtbaren Ausdruck erhält, bekundet die Bayerische Staatsregierung und das bayerische Volk, daß es an der endgültigen Lösung des Problems der Heimatvertriebenen mit ganzem Herzen arbeiten will. Möge diese Stunde ein großer Augenblick sudetendeutscher Verantwortung und europäischer Gesinnung sein!
Am 6. Juni 1954 verkündete der bayerische Ministerpräsident Hans Ehard (CSU, Ministerpräsident 1946-1954 und
1960-1962) auf dem 5. Sudetendeutschen Tag die Übernahme der Schirrmherrschaft über die Sudetendeutschen durch den
Freistaat Bayern.
Die damals nur ausgesprochene Schirrmherrschaft wurde am 7. November 1962 förmlich verbrieft.
(Bayerisches Hauptstaatsarchiv, SdA: Patenschaftsurkunden 1).
Schirmherrschaftsurkunde des Freistaates Bayern vom 07. November 1962
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