Ein verspäteter Gruß zum 75. Geburtstag von Gretl Hajek

In dem Mädelbrief der Landesmädelführung Bayern 1/1958 stellte sich Gretl Hajek als DJO-Landesmädelführerin von Bayern in einem kurzen Steckbrief vor:

1923 wurde ich im Sudetenland geboren. Bis zum Kriegsende war ich -- mit Unterbrechung für Arbeits- und Kriegshilfsdienst -- als Kindergärtnerin tätig.
Nach 1945 folgte der übliche Weg: Arbeit auf einem tschechischen Maierhof, Ausweisung in die Sowjetzone und Umsiedlung nach Bayern.
Seit 1949 bin ich nun wieder in der Jugendarbeit und seit 1952 hauptamtlich auf dem Heiligenhof tätig.


Gretl Hajek

Gretl Hajek war von 1952, vom Anfang des Heiligenhofes an, bis 1969 in unserem Hause tätig, besser gesagt, hat hier gewirkt, das ist richtiger, denn sie hat auch auf alle Menschen, ob groß oder klein, gewirkt! Gretl war, nein, sie ist ein Stück Heiligenhof.

Gretls Wirken von 1952 -- 1969 könnte man, vor allem in den ersten Jahren, auch als Pionierzeit, als Kampf ums Überleben des Heiligenhofes bezeichnen. Damals gab es keine abgegrenzten Zuständigkeiten, jeder war für alles zuständig und es hieß, dort anzupacken, wo gerade Not am Mann oder der Frau war.

Gerade waren wir noch beim Räumen und Dielenschrubben, schon lief sie ins Büro, band sich eine andere Schürze um, nahm sich die Ziehharmonika und bald stand sie mit strahlendem Lächeln vor der Tür, begrüßte die aus den Bussen strömenden Kinder mit Musik, so, als hätte sie den ganzen Tag nichts anderes gemacht.

Wir hatten damals massenhaft Kinder und Jugendliche im und ums Haus (Zeltlager), alle wurden vom Haus aus versorgt und betreut, Tante Gretl hat das schon gepackt.

Im Frühjahr wurden z.B. Kartoffeln gelegt -- im Herbst geerntet -- wir waren sozusagen Selbstversorger, denn die Kassen waren immer leer. Schnell mußten wir mal vom Getreidefeld eilend auf die Kirschbäume, um für die eben angekommenen Schulklassen einen preiswerten Nachtisch zu pflücken, denn für eine andere Leckerei war kein Geld da. Es gäbe hunderte solcher Beispiele zu berichten.

Da waren auch die Lehrlinge und Praktikantinnen, die ein halbes oder ganzes Jahr nicht nur kochen, backen, bügeln oder putzen gelernt haben, sondern eben auch die richtige Lebenseinstellung, den Mut, die Dinge anzupacken und sich nicht drumherumzumogeln. Trotz der vielen Arbeit auf allen Gebieten, saß sie ja auch noch bei den anfallenden Büroarbeiten neben Erich Kukuk im Büro und es gab viel Schreibarbeit, besonders seit 1960 die Seminararbeit in den Vordergrund rückte.

Immer ging eine Ruhe und Fröhlichkeit von ihr aus, daß man auch die schwierigsten Hürden mit Freude nahm.

Sie hat ohne Aufdringlichkeit die schönen Dinge des Lebens für uns junge Mädchen und Frauen sichtbar und zum Erfühlen nahe gebracht. Durch ihre Lieder -- sie hat einen schier unerschöpflichen Schatz davon -- durch Gedichte, Geschichten, bei Fest- u. Feierstunden, ob am Kamin oder einfach bei Wanderungen‚ an einem Wegrand, sogar bei gelegentlichen Festen, die wir uns nach schweren Arbeitstagen gönnten.
Sie hing sich die Gitarre oder Ziehharmonika um, setzte ihr bekanntes verschmitztes Lächeln auf und los gings.

Gretl machte die Tageseinstimmungen bei den jeweiligen Seminaren, bei den Kindern und den Heimvolkshochschullehrgängen Singen, Volkstanz und alles was man unter musischer Erziehung zu verstehen hat, z. B. auch Werklehrgänge. Sehr beliebt waren auch die Teeabende, ob für die Kursteilnehmer oder für unsere Lehrlinge und Praktikantinnen.

Für die SL in Bad Kissingen gestaltete sie die Muttertags- u. Adventsfeiern, geschmackvoll und ohne die manchmal zu erlebende Süßlichkeit.

Es gäbe noch viel zu berichten. Jedenfalls haben alle, die dafür aufgeschlossen waren, viel aus Gesprächen und gemeinsamen Zeiten von Gretl profitiert, man findet kaum noch solche Menschen.

Von 1957 bis 1969 hatte ich das Glück, mit ihr zusammenarbeiten zu können, ihr eine Kameradin und auch Freundin zu sein -- bis heute! Sie ging 1969 zu ihrer Familie nach München und fand einen neuen entsprechenden Wirkungskreis an der dortigen Sozialpädagogischen Hochschule.

Gretl Hajek hat hier und überall eine goldene Spur hinterlassen, ich danke ihr sehr, es dankt ihr der Heiligenhof. Ihr aber viel Freude und vor allem Gesundheit für die nächsten Jahre.



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