Galt nur für die „Geordnete und humane Vertreibung“ ab 1946
Der Vertreibungsbefehl

Die zum Abschub (odsun) bestimmten Deutschen erhielten meist am Vortag vom okresni spravni kornise folgende Aufforderung in tschechischer und deutscher Sprache:

Sie haben am   . . .   um   . . .   in der Sammelstelle   . . .   zu erscheinen.
Mitzunehmen: 2 Decken, 4 Garnituren Leibwäsche, 2 gute Arbeitsanzüge, 2 Paar Arbeitsschuhe, 1 warmer Mantel, Eßschüssel, Tasse, Eßbesteck, 2 Handtücher und Seife, Nähzeug, Lebensmittelkarten und sämtliche Personaldokumente, Lebensmittel, insgesamt 30 kg.

Von der zurückgelassenen Habe ist eine dreifache Aufstellung zu machen.
Eine Aufstellung wird einem Angehörigen des tschechischen Volkes, der im Hause oder in der Nachbarschaft wohnt, übergeben. Derjenige übernimmt die Verantwortung über sämtliches Hab und Gut. Wohnadresse des tschechischen Angehörigen ist zu melden.
Die zurückgelassene Habe bleibt so in Ihrer Wohnung, bis eine Entscheidung vom MNV erfolgt.
Die beiden anderen Aufstellungen haben Sie mitzubringen.
Sämtlichen Schmuck, Geld sowie Einlagebücher haben Sie mit einer gesonderten Aufstellung abzugeben.

Wohnungs- und Hausschlüssel sind mit Namen und Adresse auf einem Schildchen aus Pappendeckel in einem Kuvert mitzubringen.

Es wird mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen, daß Sie von Ihrer Habe nichts verkaufen, verschenken, noch verleihen dürfen.
Nichtbefolgung des Aufrufes wird strengstens bestraft.

Soweit der Text der meist einheitlichen Vertreibungsbefehle.
Das pro Kopf zulässige Gepäcksgewicht wurde auf Grund von Einsprüchen der US-Militärregierung zweimal erhöht, erst auf 50, dann auf 70 bis 75 kg. Es ist auch überliefert, daß Handwerker Werkzeug mitnehmen durften, das nicht gewogen wurde.

In fast allen Fällen wurden die Vertreibungsbefehle vor Betreten der Waggons eingezogen, so daß Originale bei uns selten sind.
War dies Absicht?
Erhalten hat sich auch folgende Sonderform einer Aufforderung, sich zum Abschub einzufinden:

Bestätigung:
Die Behörde der Verwaltungskommission in Nemanice erhebt keinerlei Einwände gegen Übersiedlung von Frau Theresia Paa und Annemarie Paa, aus Nemanice Nr. 44, nach Deutschland mit Gepäck von 50 kg pro Person.
Nemanice, den 26. Feber 1946.
Verwaltungskommissar (Stempel, Unterschrift).

Bei Nemanice handelt es sich um das rein deutsch gewesene Dorf Wassersuppen, grenznah bei Waldmünchen gelegen. Die Textstelle erhebt keinerlei Einwände gegen eine Übersiedlung stellt eine Verhöhnung der Betroffenen dar.

 



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