Jugendkreise

Ein Zusammenschluss der Heimatvertriebenen in unterschiedlichen Gruppierungen war erst nach Aufhebung des Koalitionsverbotes der Besatzungsmächte 1949 möglich. Unter den sudetendeutschen Heimatvertriebenen, die sich zu landsmannschaftlichen Gruppen zusammenschlossen, gab es junge Menschen, meist von der bündischen Jugendbewegung geprägt, die sich als Jugendreferenten zur Verfügung stellten.
Sie unterbreiteten für sudetendeutsche Mädchen und Jungen neben den Treffen der Erwachsenen ein eigenes Angebot zur Freizeitgestaltung. Für sie wurden Weihnachtsfeiern organisiert, vereinzelte Sonnwendfeiern und monatliche Heimabende, in denen Pflege des Brauchtums aus der alten Heimat, wie Singen, Tanzen, Laienspiel im Vordergrund standen.

Aus dieser losen Zusammengehörigkeit entstanden sehr bald gemischte Gruppen mit einer festen organisatorischen Struktur, die sich in der folgenden Zeit von der personellen und finanziellen Abhängigkeit der Landsmannschaft lösten und damit den Verband der Sudetendeutschen Jugend (SdJ) gründeten. )1

Für den gesamten Jugendverband einigte man sich sehr bald auf eine verbindliche Altersstufengliederung innerhalb des Gruppenaufbaus. Diese Einteilung sollte gewährleisten, dass sich die Arbeit in den Gruppen am Entwicklungsstand und an den damit verbundenen Interessen der Kinder und Jugendlichen orientierte.

Für die 16-jährigen und älteren Mädchen und Jungen gab es die Möglichkeit, sobald sie aus ihren früheren Gruppengeschehen entwachsen waren, in sogenannte Jugendkreise überzuwechseln, in eine Gruppenform wie sie in der SdJ schon bei ihrer Gründung existierte.

Anknüpfend an die bündische Tradition der Vorkriegsjahre trafen sich in den Jugendkreisen Mädchen und Jungen zu regelmäßigen Gruppenstunden, in denen einerseits durch musische Arbeit und in der Beschäftigung mit dem Kulturgut der deutschen Ostgebiete den Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung geboten wurde, andererseits bekam der Einzelne in der Gruppe durch Übernahme von Verantwortung die Möglichkeit seine individuellen Fähigkeiten auszuprobieren und eine echte Jugendgemeinschaft zu erleben. )2

Gemeinsame Wanderungen und Fahrten, überhaupt der Kontakt zu anderen Gruppen spielte eine große Rolle. Man traf sich zu Winter- und Sommerlagern, nahm an allgemeinen Fortbildungslehrgängen teil und organisierte gemeinsame Auftritte der einzelnen Gruppen mit Gesangs- und Tanzvorführungen.
Das Training und die Vorbereitung zur Teilnahme an den verschiedenen Wettkämpfen bei Sudetendeutschen Tagen und an den vom Bund ausgeschriebenen musischen Spielen war für viele Jugendkreise ein wichtiger Höhepunkt ihrer Arbeit und bedeutete für viele unvergessliche Gemeinschaftserlebnisse.

Unser Jugendverband vertrat von Anfang an in seinen Zielen neben der allgemeinen Jugendpflege auch die Förderung einer politischen und kulturellen Erziehung sowie eine internationale Jugendarbeit. In enger Zusammenarbeit mit der deutschen und europäischen Jugend war es ein wichtiges Anliegen, das Kultur- und Geistesgut des deutschen Ostens im Rahmen der deutschen und europäischen Kulturaufgabe zu erhalten und zu fördern. )3

Diesen Aufgaben sahen sich vor allem Jugendkreise verpflichtet.
So entstanden politische Diskussionskreise, andere Neigungsgruppen beschäftigten sich vorrangig mit Chorgesang oder hatten sich der Volkstanzpflege verschrieben. Es gab aber auch so genannte Werkgruppen, die ihre Hauptaufgabe darin sahen, ein Jugendheim aufzubauen und auszugestalten.

Landsmannschaften und verschiedene politische Heimatvertriebenenverbände hofften auf eine geregelte Überführung der Jugendkreise in die jeweilige Erwachsenenorganisation, was aber bei weitem nicht in dem Maße erfolgte wie gewünscht.
 


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Quelle zu:
)1   Jürgen J. Becker: Wir wollen Brücke sein! Berlin 2002, S. 72 ff.
)2   Siehe oben, S 100 ff.
)3   Siehe oben, S. 88 ff.