Hartmut Müßigbrodt
Graudenzer Str. 4
21337 Lüneburg
Tel. 04131-50510


Rechenschaftsbericht
über die
Jungenschaftsarbeit in Niedersachsen 1965-1972


Bei meiner Übernahme des Amtes des Landesjungenschaftsführers gab es noch Bezirksgruppen mit eigenen Bezirksjungenschaftsführern.
Mit ihnen pflegte ich regelmäßige Kontakte und plante und koordinierte mit ihnen Aktivitäten auf Bezirks- und Landesebene. Persönliche Treffen beschränkten sich allerdings auf das jährliche Landesthing und auf Veranstaltungen im Landesheim Malgarten, Bezirk Osnabrück, denn ich besaß noch keinen PKW.

Schwerpunkte der Arbeit waren Lehrgänge zur Nachwuchsschulung von Gruppenführern (Herbst und Winter), Vorbereitung und Durchführung der Musischen Landesspiele alle zwei Jahre, Besuch der Bezirkstreffen (meist Pfingstlager an schwer erreichbaren Orten) hauptsächlich in den Bezirken Hannover, Hildesheim und Braunschweig, kooperative Leitung der Landessommerlager oft in Verbindung mit einem Landesjungenschaftslager.

Die Zusammenarbeit innerhalb der Landesführung anfänglich unter der Leitung von Heinz Patock, danach von meinem Bruder Henning, war immer reibungslos und von gegenseitigem Vertrauen getragen.
Gerade Heinz gab mir am Anfang Sicherheit und Selbstvertrauen in diesem Amt, sein baldiger Tod berührte mich sehr.
Oft ging es auf den Vorstandssitzungen um finanzielle Angelegenheiten und nach manch hitziger Debatte übernahmen wir dann doch geschlossen ein meist nicht unbeträchtliches wirtschaftliches Risiko. Wie oft kehrte ich danach nachts erschöpft an meinen Studienort Braunschweig zurück!

Die Landesgeschäftsführer Günter Springer und später Wilfried Bock haben die verwaltungsmäßige Arbeit prompt und zuverlässig erledigt, auf sie konnte ich mich immer verlassen.
Mein wichtigstes Arbeitsgerät war eine klapprige Schreibmaschine für 99 DM, ein Telefon hatte ich in meiner Studentenbude nicht!

Es gab auch eine gute Zusammenarbeit mit landsmannschaftlichen Gruppen (Ostpreußen, Schlesier und Pommern), die Schlesiertreffen in Hannover haben wir mehrmals von der Jugendseite her mitgestaltet.

So ergab es sich fast von allein, dass ich gegen Ende meiner Amtszeit auf Vorschlag von Barbara Floegel, später verheiratete von Metnitz, Landesgruppenführer der Schlesischen Jugend wurde. Die Arbeit konzentrierte sich allerdings auf den Raum Hannover - Braunschweig und lief oft parallel zu DJO-Maßnahmen.
Unvergessen sind mir davon die sehr kreativen Werklehrgänge mit Gerda Benz aus Herne und die legendären Skifreizeiten auf der Bodenalpe im Paznauntal/Tirol.

Die Jungenschaftsarbeit sollte nach meiner Auffassung für einen bestimmten Lebensabschnitt Jugendlicher betrieben werden, wo ihre psychische und physische Reifung am besten gefördert werden konnte, wo ihre Lebenseinstellung und Erwartungen attraktiv und verstärkend geformt werden konnten.
Ich hatte mich viel mit der Bündischen Jugend vor dem 2. Weltkrieg befasst und wollte deren pädagogisch sinnvolle Ansätze weiterpflegen. An irgendwelche Separierungen war dabei nie gedacht.
Der regelmäßig von mir herausgegebene Jungenschaftsbrief an die Führerschaft diente der Information, dem Meinungsaustausch und der Anregung von Aktivitäten. Dem Zusammenhalt und dem Kennenlernen der Führerschaft dienten mehrmals durchgeführte Führerwanderungen im Herbst, bei denen jeder Teilnehmer eine Organisationsaufgabe selbständig auszuführen hatte.

Anfang der 70-er Jahre brachten die Ostpolitik der Bundesregierung (Brandt - Scheel) und die aufkommenden Protestbewegungen bekanntlich auch viel Unruhe und Diskussionen in unsere Reihen. Wir mussten vielen Angriffen standhalten.
Es wurde schwierig, in Kluft öffentlich aufzutreten, fest gefügte Gruppenarbeit und Führungsstrukturen wurden in Frage gestellt, innerverbandlich begann eine Namensdiskussion, öffentliche Zuschüsse für Bildungsmaßnahmen wurden gekürzt.

Meine Nachfolger im Amt, ich hatte inzwischen geheiratet und stand voll im Berufsleben als Gymnasiallehrer, Georg Klischies, Guschen Schneider und Hans-Peter Germann versuchten mit großem Einsatz, diese Entwicklung aufzuhalten. Sie verstärkten die Kontakte der Gruppen untereinander, denn keine Gruppe sollte das Gefühl haben, alleine dazu stehen. Sie gründeten die Singehorte als musische Arbeitsgemeinschaft, so konnte vielleicht unpolitisch die Öffentlichkeit erreicht werden.
Leider war ihrem Wirken kein dauerhafter Erfolg beschieden und die Jungenschaftsarbeit wurde nach und nach eingestellt.


Lüneburg, den 05 .04. 2012

 



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