Der Jungenschaftsbrief der DJO Schwaben berichtet in seiner Nummer 1/67:
Sylvester auf dem Gipfel des Edelsberges
22 harte JungenschaftIer brechen schwerbepackt in Nesselwang auf, um zum Lager 1, der Dinserschutzhütte, vorzustossen.
Aus Illertissen, Aystetten, Marktoberdorf, Bonn und Vöhringen sind sie gekommen.
Das Wetter macht diesmal mit. Strahlender Sonnenschein, blauer Himmel und fabelhafter Pulverschnee. Es ist keine Anstrengung, bis
zum Sportheim Böck durchzukommen, obwohl der neue Sessellift noch nicht in Betrieb ist. Erst ab jetzt gilt es, eine neue Spur zu treten.
Auch der Einstieg in den Lawinenhang gelingt ohne Schwierigkeiten. Die Hütte liegt in ruhigem Zustand vor uns.
Da naht die erste Enttäuschung.
Die Quelle ist eingefroren! Müssen wir die ganze Woche mit Schnee kochen?
Es ist zu spät, um die Wasserstelle zu untersuchen. Also beginnt das erste Schneeholkommando mit der Arbeit. Dennoch gelingt es
unseren Köchinnen, eine anständige Suppe zu zaubern.
Der Abend beginnt mit den allbekannten Vorstellspielchen und mit der üblichen Litanei an Verboten und Geboten zu Beginn jedes Lagers.
Müde von den Strapazen fallen alle auf das Lager.
Das Wetter meint es weiterhin gut mit uns.
Am Morgen wird das Lager an der Fahne offiziell eröffnet. Danach macht sich der erste Verpflegungstrupp auf ins Tal.
Ortfried, Klaus und Udo versuchen zur selben Zeit, die Quelle auszugraben. Wasser in einem Tümpel unterhalb der Quelle läßt vermuten,
daß sie nicht eingefroren ist. Nach fünf Stunden Arbeit ist der Wasserbottich freigelegt und munter plätschert frisches Quellwasser
hinein.
Am Nachmittag werden die waghalsigsten Abfahrten gebaut und eine Gruppe dringt bis zum Sattel des Edelsberges vor, um eine Abfahrt
über den Nordhang auszukundschaften.
Am Abend kehren die Verpflegungsfahrer erschöpft und schon im Dunkeln heim.
Während des Abendessens stellen sie fest, daß Bezirksmädchenführerin Helga, die auf Besuch kommen wollte, schon längst hier sein
müßte, da sie vor ihnen aufgestiegen war.
Ein aus drei Mann bestehender Suchtrupp wird ausgeschickt. Roland, Armin und Lutsche stoßen bis zum Böck vor und werden dort ans
Telefon gerufen. Die Vermißten hatten sich verirrt und waren, da keine Hilfe in Sicht war, in eine Jagdhütte eingedrungen, in der vor
zwei Wochen Bundestagspräsident Gerstenmaier übernachtet hatte. Glücklicherweise hatte die Hütte Telefon und es konnten Sportheim Böck und
die Bergwacht verständigt werden.
Unserem Suchtrupp wurde gesagt, er solle die Drei morgen abholen.
Der Suchtrupp bricht zum zweiten Mal auf. Der Abstieg in dieses schluchtartige Tal ist gefährlich.
Auf den Spuren der Vermißten entdecken sie zuerst ein Paar Schi, eine Mütze, einen Handschuh, eine Tasche und einiges mehr.
Schließlich erreichen sie die Jagdhütte und nehmen die Vermißten mit sich. Erst gegen Abend wird die Dinserhütte erreicht.
Die anderen hatten sich inzwischen bei Schikurs und sonstigen Pistenrasereien die Zeit vertrieben.
Nach der gestrigen Abendgestaltung: Wir wollten durch Deutschland fahren von Rolf Nitsch stand heute ein großer Spielabend
auf dem Programm.
Die Älteren fahren zum Lifteln nach Nesselwang, während die Jüngeren eine nordische Kombination durchführen. Auf einer
selbstgebauten Schanze werden Weiten bis zu 7 Metern erzielt.
Bonn hält sich hiebei am besten.
Nach dem Mittagessen beginnt das Rennen auf Zeit.
Im Abstand von 2 Minuten abgeschickt, kämpfen die Teilnehmer um die kürzeste Zeit. Es zeigt sich hier das originelle Bild, daß
die ersten drei Plätze nur Fischer belegen: Roland und Armin (Bonn) und Ulli (Illertissen).
Am Abend erklingen grausige Gesänge aus der Hütte und das Wimmern von Gespenstern ist nicht zu überhören.
Wegen des schlechten Wetters befaßten sich alle Probenanwärter mit Späher- und Wächterfragen, während sich die Älteren mit der
Geschichte des böhmisch-mährischen Raumes auseinandersetzten.
Am Abend befaßte man sich mit der Schlacht am Annaberg und dem 1. Weltkrieg.
Den Höhepunkt des Lagers bildete ganz sicher die Gestaltung des Sylvesterabends. Der Lagerzirkus unter Leitung von Manfred Böhm
brachte Lieder, Sketsche und kurze Szenen.
Eine von der Lagerbelegschaft zusammengestellte Kapelle mousehunters sorgte für Abwechlung.
Zum Badewannenkönig 1966 wählten die Teilnehmer Manfred Hoffmann (Illertissen). In geheimer Abstimmung gelang es ihm, eine
Zweidrittel-Mehrheit zu erringen. Unter Mitwirkung einer Trauergemeinde fand die feierliche Annagelung der Schispitze über der Hüttentür
statt.
Die Illertisser Zeitung berichtet:
Eine Stunde vor Mitternacht machten sich die Jugendlichen auf, das Neue Jahr auf dem Gipfel
des "Edelsberges" zu erleben. Ein starker Schneesturm machte den Aufstieg beschwerlich.
Der schon vorbereitete Holzstoß auf dem Gipfel wurde entzündet. Bezirksjungenschaftsführer Ortfried Kotzian dankte im Namen der
Bezirksführung der Deutschen Jugend des Ostens Schwaben allen Mitarbeitern für ihre tatkräftige Unterstützung.
Er rief alle Lagerteilnehmer auf, Ostdeutschland nicht zu vergessen und sich immer die 17 Millionen Deutschen in Mitteldeutschland zu vergegenwärtigen.
Das Aufsteigen der Raketen über Kempten verkündete allen Lagerteilnehmern 1967.
Die Wolkendecke hatte sich etwas gehoben, der Schneesturm war abgeebbt; man erlebte die Farbenpracht über Füssen und Pfronten,
Schloß Neuschwanstein leuchtete herüber. Ein Schauspiel von bewundernswerter Schönheit.
Nach dem Abstieg hielt die Küche eine Überraschung bereit: sie kredenzte eine Feuerzangenbowle.
Am Neujahrstag wurden noch einige Jungenschaftsproben abgenommen.
Auch der Riesenslalom kam zur Durchführung. Am Abend fand dann die Siegerehrung für die Sieger der Einzelwettkämpfe und der
nordisch-alpinen Kombination statt.
Begeistert waren die Lagerteilnehmer auch von den lustigen Geschichten über Hockewanzel.
Der Abstieg begann bei Schneesturm. Die frischgetretenen Spuren waren schon nach wenigen Minuten verweht.
Nur die Erinnerung wird im Herzen weitergetragen werden.
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