Der Jungenschaftsbrief Oberbayern berichtet in seiner Nummer 4/66
RUKUKUKU - BLUT IST IM SCHUH.
Ein Bericht vom Bundesjungenschaftslager 1966
Fünf Jungen und ein Ziel. Totenstille im Bahnhof. Verschlafen betrachtet der Bundesbahnbeamte an der Sperre die Fahrkarten.
Muffige Luft schlägt uns im Zug entgegen.
Ein leise gesummtes Lied läßt eine behagliche Atmosphäre einziehen. Der erste Hunger macht sich bemerkbar. Voller Ungeduld wird
das Anfahren des Zuges erwartet.
Endlich setzen sich die Räder in Bewegung und wir rollen dem großen Abenteuer entgegen.
Am frühen Nachmittag noch erreichen wir Bettmannsäge. Nach kurzem Imbiß geht‘s zum Lagerplatz.
Wir sind die Ersten. Mit Hallo werden dann die weiteren Ankommenden begrüßt.
Die Sensation des Tages, das Endspiel um die Fußballmeisterschaft bestimmt den Ablauf des Tages. Nach dem Schlußpfiff beginnt das
große Palaver.
Bindestrich teilt Gruppen ein, erklärt, was man darf und nicht darf und hört erst auf mit Reden, als ihn der Himmel dazu zwingt.
Am Sonntag in aller Frühe geht es los. Ich komme in einen Spähtrupp.
Es gilt ein Interview über die Wirtschaft in Bayerischen Wald zu erstellen. Also auf nach Frauenau.
Man merkt, daß alle noch frisch sind, so kann uns Sumpf und Regen nicht verdrießen und wir verfolgen, nachdem wir den
Bürgermeister und den Pfarrer ausgequetscht haben, zwei Marschgruppen der Württemberger. Dies soll belohnt werden.
Wir sehen bereits am ersten Tag, drei feindliche Gruppen.
Nach Erledigung eines Spähtrupps, nach Klingenbrunn habe ich mir die Ruhe verdient und gelange gegen 21 Uhr zum Lagerplatz
unserer Marschgruppe.
Montagmorgen, erschrecktes Aufwachen, die Beine schmerzen und wir setzen uns nur humpelnd in Gang. Nach kurzer Rast mit Frühstück
in Spiegelau machen sich Sepp, Erich und ich auf zur Rachel-Dienst-Hütte.
Es ist ein Kampf gegen Hitze, brennende Füße und falsch eingezeichnete Wege. Endlich taucht die Hütte auf. Nach wenigen Minuten
ist die Botschaft gefunden und entschlüsselt. Der Inhalt ist betrüblicher.
Denn wir dürfen fast denselben Weg zurücklaufen.
Im Tal treffen wir eine niedergeschlagene Mannschaft an. Sie sind eingekesselt und wagen sich nicht fortzubewegen.
Sepp holt noch Nachricht in Waldhäuser und dann geht es auch schon ins Nachtlager.
Diesmal bleibe ich im Lager. Da es im Gestrüpp bald finster wird, liegen wir bald unter den Planen und schlafen dem neuen Tag
entgegen.
Hans und ich brechen eher auf. Die Jugendherberge von Waldhäuser ist unser Ziel. Wir verbinden das Angenehme mit dem Nützlichen
und nehmen dort ein kräftiges Frühstück zu uns. Dann kommt das Wichtigste.
Wir fragen die Herbergsmutter über den goldenen Steig aus. Dieses Interview bringt am Ende auch 40 Punkte ein.
Wir treffen auf den Marschtrupp, der gerade beim Frühstücken ist und ziehen in Richtung Mauth.
Erich und ich laufen voraus und bestellen in der JH das Essen für unsere Marschgruppe. Nach einem ausgiebigen Eintopf geht es
weiter.
Da wir aber von anderen Gruppen gesehen werden, wird es ein hartes Rennen.
In einem dichten Gestrüpp finden wir Unterschlupf und Schutz vor dem Feind. Nach Einbruch der Dunkelheit schleichen wir
in ein nahegelegenes Forsthaus und schlafen im weichen Heu sofort ein.
Der neue Tag ist die Krönung des Geländespiels.
Sepp holt in der Frühe die Nachricht in Anathalmühle und gibt uns den Text mit dem Funkgerät sofort durch. Bis er bei uns
eintrifft, ist der Text bereits entschlüsselt und es kann beginnen.
Sepp, Bindestrich, Eberhart und ich brechen auf zur Schatzsuche.
Der Kompaß und die Karte sind unser Handwerkszeug. Zuerst geht es durch Sumpf und Bäche. Der Himmel gibt das Übrige dazu.
Keinen trockenen Faden haben wir mehr am Leib.
Die Forst- und Straßenarbeiter werden im Vorbeigehen überredet, den nachfolgenden Preißen den falschen Weg zu zeigen.
So befinden wir uns bald in Schatznähe. Doch! Zu spät! Wir sehen schon zwei Kollegen aus Niedersachsen.
So sinnen wir auf eine Kriegslist.
Der Förster holt für uns den Schatz aus dem Versteck und überreicht uns dieses hohe Wertstück. Freudestrahlend ziehen
wir von dannen. Strömender Regen, brennende Blasen und weicher Boden, doch ein Schatz im Rucksack.
Eigentlich wollten wir singen, Bindestrich schlägt aber vor, daß wir heulen. So ziehen wir heulend in Richtung Frauenberg.
Endlich ist der Waldweg zu Ende. Frauenberg! Nun ist es bald geschafft. Das Mittagessen besteht aus Traubenzucker. Und weiter.
Diese Ewigkeitsstraße trägt ihren Namen nicht zu Unrecht.
Vor jeder Kurve spähen wir, ob wir Feinde sehen. Aber nur Fußleichen begegnen uns.
Da bemerke ich, daß das Rote auf meinen Schuhen kein nasses Laub sondern Blut ist. Bindestrich meint: „Dies ist der beste
Beweis, daß deine Schuhe undicht sind." Trotzdem geht es im Eiltempo zum Lagerplatz.
100 Meter vor dem Webinger Haus ersinnen wir eine Kriegslist.
Bindestrich nimmt meinen Rucksack und ich hänge mich bei Sepp und Eberhart ein. Jeder Angreifer sieht dann erst den
Schwerverletzten und vergißt den Schatz. Doch als wir um 14:45 Uhr ins Ziel einmarschieren, sind keine Feinde da.
Die wenigen Anwesenden schauen uns mit großen Augen an.
Singend stürzen wir in die Jurte, legen unsere Planen aus und dann wird erst mal ausgeruht.
Anmerkung der Redaktion:
Im folgenden Abschnitt zitiert der Jungenschaftsbrief den wichtigsten Teil des
Berichtes der zweiten oberbayerischen Gruppe:
. . . andere Gruppe. Beim Bauern in Mauth übernachtet und singen am Kontrollpunkt Anathalmühle.
Arnulf schaut uns enttäuscht an: „Ihr kommt jetzt erst?" Entschlüsselt - auf der Karte gefunden und los.
Herbert begleitet mich.
Mit keuchendem Schritt jagen wir die Luftlinie bergauf und bergab. Völlig ausgepumpt kommen wir bei Nebel die große Steigung
herauf.
Den letzten Kilometer jage ich allein ohne Gepäck. Es gießt in Strömen. Das hohe Gras klatscht mich bis zur Hüfte naß.
Plötzlich stehe ich vor einer Felsgruppe. Das Foto!
Mit zitternden Fingern huscht mein Blick vom Foto zum Felsen. Verdammte Ähnlichkeit! Eine Höhle.
Ich schieße hinein! Er ist noch da. 12.00 Uhr ist es.
Vor Erregung reiße ich den Sack an mich uni jage den Berg hinunter, quer durch das Gestrüpp. Erst nachdem mir die Luft ausgeht,
bleibe ich stehen und suche zu Herbert zurück.
Erschöpft und überglücklich fallen wir uns in die Arme und nach einem weiteren langen Marsch, hängen wir die 100 Punkte zu dem
ersten Sack . . . (einem anderen Bericht entnommen.)
Der Sieg ist unser.
Dies steht fest, als auch Ingo einem Schatz angeschleppt bringt. Der Jubel ist groß und da wir nicht mehr zu schlagen sind,
lassen wir die Baden/Württemberger ungehindert einziehen.
Die nächsten Tage werden die Blasen gepflegt und das verlorene Gewicht wieder angefressen.
Die Interviews werden fertig ausgearbeitet. Erbost sind wir darüber, daß die anderen die Interviews nicht gleich am Donnerstag
bis 18.00 Uhr abgegeben haben müssen, sondern noch Zeit bis Freitagmittag erhalten.
Doch unser Sieg ist nicht einzuholen.
Ein Spaziergang zum Dreiländereck und am Dreisessel die Feierstunde mit der vorhergegangenen Siegerehrung sind ein harmonischer
Abschluß des Lagers.
Am Sonntag bekomme ich noch von Klaus Habermann die Rangschnur als Wächter verliehen. Damit ist dieses Lager für mich ein
ganzer Erfolg.
An anderer Stelle seiner Nummer 4/66 informiert der Jungenschaftsbrief:
Ergänzend zum Bericht noch ein paar Zahlen: Bayern war das stärkste Land. Gute zwei Drittel davon waren Oberbayern!
Beim großen Geländespiel wurden folgende Punktzahlen erreicht:
Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen | 180 (120) Pkt. |
Rheinland/Pfalz/Schleswig-Holstein/Hessen | 205 |
Baden-Württemberg | 210 |
Bayern | 510 |
Die drei bayerischen Gruppen erreichten: | |
I/2 : Josua mit Oberbayern | 240 |
I/1 : Tschani mit Oberbayern | 160 |
I/3 : Wastl mit Niederbayern | 110 |
Fußballspiel Bayern - Baden/Württemberg endete | 10 : 1 |
Schülerauswahl Bayern – Rest der Welt | 2 : 1 |
Außerdem gab‘s 70 Liter Blasentee und 208 Blasen an den Füßen.
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Zum Abschluß noch ein Blick auf den Original-Text im Jungenschaftsbrief:
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