Das Bundeslager der Jungenschaft 1963

Kleine Tagebuchnotizen:

Nicht ganz zwanzig Kilometer von Kiel, der Landeshauptstadt von Schleswig / Holstein, liegt das Städtchen Preetz. Es wird auch das Tor zur holsteinischen Schweiz genannt. Eine Reihe kleiner Seen umgibt den ungefähr 12.000 Einwohner zählenden Ort. Einer davon, der Lanker See, der sich auf der Ostseite der Stadt entlang der Straße nach Eutin hinzieht, war dieses Jahr zehn Tage lang, genau vom 02. – 12. August, Austragungsort des Bundesjungenschaftslagers 1963.

Fast vierhundert Jungen aus den Bundesländern Baden / Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein / Westfalen und Schleswig / Holstein hatten sich zusammengefunden und erlebten ein zünftiges Jungenlager, das unter dem Thema Indianer stand.

In den folgenden kleinen Tagebuchblättern soll von den vielen kleinen und großen Erlebnissen berichtet werden, die diese Jungenschaftler gemeinsam hatten:


Freitag, den 02. August:

Anreisetag -- Seit zwei Tagen ist das Vorkommando dabei, Kohtenstangen und Brennholz herbeizuschaffen, und die verschiedenen notwendigen Lagerbauten zu errichten. Der Platz ist nahezu ideal. Ein großes Stück Koppel hat uns der Bauer Jöns vom Gutshof Freudenholm überlassen. Auf der einen Seite begrenzt durch einen dichten Laubwald fällt sie nach unten zum See ab. Rechts und links verhindert ein Elektrozaun vierbeinigen Besuch.

Vereinzelte Kohten sieht man schon da und dort aufragen, hier werden bald die Lagerhöfe entstehen. Die Scharen aus der Umgebung sind schon am Vortag eingetroffen, auch Hans Leitermann aus Frankfurt ist mit seinem VW - Bus eingelaufen. Es ist erstaunlich, was das kleine Auto alles ausspuckt: einen sechs Meter langen, jetzt natürlich noch aus drei Teilen bestehenden Totempfahl, ein stilechtes Zweimann - Kanu, zwei weitere Boote, Ausrüstungsgegenstände und Besatzung.

Um 10.00 Uhr Vormittag rollen zwei Küchenwagen der Bundeswehr an; mit sechs Mann Bedienungsmannschaft werden sie für das leibliche Wohl der Lagerteilnehmer sorgen.

Inzwischen ist am Bahnhof Preetz der Ausstand ausgerufen worden. 120 Mann aus Hessen und Bayern kommen auf einen Schub mit dem Zug an. Die Bahnbeamten sind längst überrollt, der Vorsteher steht halb Kopf und der Bahnhofsvorplatz gleicht einem Schlachtfeld. Kohtenplanen, müde Jungenschaftler, Rucksäcke und Affen, Hordenpötte, Indianerausrüstungen, Wimpelspeere und Esspakete alles in friedlicher Eintracht. Darüber ein kaum übertönbares Stimmengewirr. Die Preetzer staunen das erste Mal, als sich der Zug durch die Straßen der Innenstadt wälzt.

Langsam bekommt der Lagerplatz sein Gesicht. Immer mehr Gruppen treffen ein. Die Stammesdörfer entstehen, der Totempfahl im Hessenlager wird unter viel Palaver aufgestellt und die Jagdgründe der einzelnen Stämme abgesteckt.

Am Abend ist großes gemeinsames Singen. Dazwischen wird die Lagerordnung bekannt gegeben und die Häuptlinge der einzelnen Stämme vorgestellt. Ab sofort gibt es keine Schleswig / Holsteiner und Nordrhein / Westfalen mehr, sondern nur Apachen und Utahs, keine Hessen und Niedersachsen, sondern Hunkpapas und Oglalla und keine Bayern und Baden / Württemberger, sondern Omahas und Seminolen. Fünf Dörfer gibt es, denn die Omahas und Seminolen haben ihre Wigwams zu einem Lagerhof zusammengestellt. Klangvoll sind die Namen der Häuptlinge, die der oberste Häuptling Grauer Bär, der letzte des Stammes der Tonkawa, den versammelten Kriegern vorstellen kann. So führt natürlich die Apachen Winnetou zusammen mit Tigerherz, die Utahs der rollende Donner und der reißende Wolf; die Oglalla der Häuptling Taika mit seinem Medizinmann Haar ums Kinn. Die Hunkpapas hören auf Itschakaneschi und natürlich auf Itschonka den berühmten Medizinmann. Ihnen stehen der Omahahäuptling Tschunktoketscha und der Häuptling der Seminolen Osceola um nichts nach.


Samstag, den 03. August:

Um 10.00 Uhr ist feierliche Eröffnung des Lagers. Als Ehrengäste haben sich eingefunden: vom Landesjugendring Schl. / Hol. der zweite Vorsitzende, Landes- und Kreisjugendpfleger und natürlich die Landesführung der DJO Schl. / Hol.. Nachdem der Bundesjungenschaftsführer das Lager eröffnet hat, kreist unter den Ehrengästen und den obersten Häuptlingen die Friedenspfeife. Das ist der Auftakt des Indianerlagers. Ab sofort sieht man nur noch buntgeschmückte Krieger.

Am Nachmittag bewegt sich das ganze Lager im langen Zug auf Preetz zu. In den nächsten Tagen wird man dann in den Zeitungen lesen können . . . Das hat Preetz noch nicht erlebt . . . : Die Straßen sind verstopft, der Verkehr behindert, die Polizei schimpft, die Leute lachen und staunen und wo man hinsieht -- Indianer, Indianer, Indianer!

Jedes Lagerdorf hat sein abgestecktes Territorium. Ein fremder Krieger darf die Jagdgründe eines anderen Stammes nur betreten, wenn das Kriegsbeil zwischen diesen beiden Lagern ruht. Aber das Kriegsbeil ruht nicht. Es ist ausgegraben gegen alle.

Ein fürwitziger Omaha - Krieger dringt heimlich ins Lager der Hunkpapas ein und stiehlt ein Ehrenzeichen (Wimpel). Mit großer Streitmacht holen die Bestohlenen zum Vergeltungsschlag aus. Es kommt zu den ersten offenen Kampfhandlungen. Schließlich verlegt man sich aufs Verhandeln. Die Häuptlinge treffen sich mit reichem Gefolge an ihren Ländergrenzen. Man einigt sich, dass der voreilige Omaha - Krieger für den 12. Teil eines Sonnenlaufes an den Marterpfahl der Hunkpapa gebunden wird.


Sonntag, den 04. August:

Seit Tagen schon herrscht eine brütende Hitze. Selbst die Nacht bringt keine Abkühlung, so werfen sich die Krieger nach den Gottesdiensten nur mit einem Lendenschurz bekleidet stammweise in die Fluten des Lanker Sees.

Am Nachmittag macht ein heißer Wind die Hitze der sengenden Sonne ein wenig erträglicher. Jetzt werden die Arbeitsgruppen eingeteilt. Jede Rothaut im Lager hat an einer dieser Arbeitsgruppen teilzunehmen. Bald hebt in den einzelnen Lagerhöfen oder drunten am See ein reges Treiben an. Itschonka übt mit den Medizinmännern und anderen bewegungsgewandten Kriegern um den Totempfahl der Hunkpapas Indianertänze ein. Unter der großen Eiche am Lagerrand singt und musiziert mit Gitarren, Trommeln und selbstgebastelten Instrumenten der Graue Bär mit stimmgewaltigen roten Männern. Osceola hat drunten am See den größten Zulauf bei seiner Sportgruppe. Ebenfalls unten am See haben sich die Messerwerfer einen Pfahl aufgestellt, auch die Speer- und Bogenschützen üben dort. Die Werkgruppe hat mehrere Abteilungen. Die einen flechten Körbe aus Bast und Schilfrohr, andere wieder arbeiten an großen Papiermasken für den großen Tanz der Medizinmänner, eine andere Gruppe hat aus dem Seegrund Ton heraufgeholt und formt daraus allerlei indianische Gerätschaften. Dort wird gemalt und hier geschnitzt. Die ganz jungen Krieger aber werden von zwei erfahrenen Kundschaftern im Handwerk der Waldläuferei unterwiesen.

Am gegenüberliegenden Ufer haben Pfadfinder ihr Lager. Zwei Kundschafter lassen das Kanu zu Wasser und paddeln hinüber, um sie für das abendliche Palaver einzuladen.

Plötzlich haben die Omahas und die Seminolen den Felix gefangen. Während die Verhandlungen der alten Häuptlinge um seine Freigabe Stunden in Anspruch nehmen, wird er von den jungen Kriegern streng bewacht und gemartert. Zehn Blasrohrschützen wechseln sich ab, ihm ihre Geschosse auf seinen ungeschützten Körper zu brennen. Seine Füße stehen in einem Eimer eiskalten Wassers, Brennnesseln werden an seine nackten Waden gerieben und natürlich ist er über und über mit Blut (rote Farbe) verschmiert. Zum Schluss wird ihm mit einer stumpfen Rasierklinge ein großes Kreuz in seinen Haarpelz rasiert.

Bei den anschließenden Siegesfeierlichkeiten darf er mit den beteiligten Häuptlingen die Friedenspfeife rauchen, weil er die Marter so standhaft durchgehalten hat. Mit einem friedlichen Zweikampf der beiden obersten Häuptlinge und der Medizinmänner der Omahas und der Hunkpapas klingt dieser Abend aus.


Montag, den 05. August:

Die ersten Zeitungen mit Berichten über unser Lager erscheinen. Man ist -- mit einem Wort begeistert.

Im Ort sind auf einmal die Schaufenster der Buchläden voll Indianerbücher und wenn sich die jungen Leute der Stadt auf den Marktplatz oder zum Abendspaziergang treffen, begrüßen sie sich mit schrillem Indianergeheul.

Die Häuptlinge aller Stämme kommen zusammen. Ihr oberster Häuptling spricht zu ihnen: Er, der Graue Bär, ist der letzte überlebende Häuptling seines Stammes. Er weiß allein, wo der große Schatz vergraben liegt. Einer der Stämme, deren Häuptlinge jetzt beisammensitzen, soll ihn bekommen. Doch es soll der tapferste, stärkste und listenreichste unter allen sein. Aus einer Karte, gemalt auf weißes Ziegenleder, ist der Ort zu ersehen, wo der Schatz vergraben liegt. Doch diese Karte ist in fünf Teile zerschnitten. Der jüngste Kurier des Lagers wählt je ein Kartenstück und überreicht es den Häuptlingen.

Im friedlichen Wettstreit werden sich die Stämme die Kartenteile abjagen. Der Sieger muss den Schatz heben und unbemerkt ins Lager bringen, denn vorher kann er immer noch geraubt und abgejagt werden. So spricht der Graue Bär.

Während am Nachmittag die Arbeitsgruppen wechseln (jeder rote Mann soll nach Möglichkeit an recht vielen teilnehmen), treten in den Abendstunden die Häuptlinge zusammen, um Ort und Zeit und vor allem die Bedingungen für den jeweiligen Wettkampf auszuhandeln.

Die Apachen und die Oglallas sind bald einig. Fünf Bogenschützen, fünf Speerwerfer und fünf Messerwerfer haben sich gegenseitig ihre Zielsicherheit zu beweisen und ein Handballspiel soll die Entscheidung bringen. Nach hartem Kampf ist die Entscheidung für die Apachen gefallen.
Omahas/Seminolen und die Hunkpapas jedoch können sich bis in die Dunkelheit hinein nicht auf die Bedingungen einigen, so dass der Kampf auf den nächsten Tag verschoben werden muss. Die Utahs gehen das erste Mal kampflos in die nächste Runde.


Dienstag, den 06. August:

Das Fernsehen hat sich angesagt. Die Sonne brennt nach wie vor unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel. Da auf dem ganzen Platz kein Schatten ist und die schwarzen Kohten einem Brutkasten ähnlich sind, bleibt uns nur der See als willkommene Abkühlung.

Wir sind in unseren Arbeitsgruppen beschäftigt, als gegen Mittag die Fernsehleute aufkreuzen, im Gefolge eine Reihe offizieller Besucher aus Landtag und Ministerium.

Kaum ist der erste Rummel vorbei, taucht noch einer auf, kommandiert und hetzt uns herum, fotografiert, palavert. Wir haben ihm den Namen Schnelles Auge gegeben. Er ist Bildreporter bei einer großen Kieler Tageszeitung. Während eines großen Tellers Erbsensuppe, den er in unserem Lager genießt, erklärt er sich bereit, eine Botschaft an den weißen Häuptling (Oberbürgermeister) von Kiel zu überbringen.
In der Botschaft, kunstvoll auf graues Leder gemalt, grüßen die Rothäute den obersten Häuptling von Kiel und fragen an, ob er nicht einen Besuch der vereinigten Stämme in der großen Stadt Kiel ermöglichen könnte.

Um 19 Uhr berichtet das Fernsehen über unser Lager. Bei uns aber sind die Entscheidungskämpfe um die Schatzkarte zwischen den Utahs und den Apachen und den Omahas und den Hunkpapas im vollen Gange. Sie sind so spannend und mit solch starkem Kriegsgeheul begleitet, dass vor 22 Uhr die Leute bis ans anderen Seeufer nicht schlafen können. Auch gegen die Utahs bleiben die Apachen Sieger. Die andere Begegnung wird nach zähem Ringen für die Omahas / Seminolen entschieden. Hier sind es vor allem die unübertrefflichen Blasrohrschützen der Seminolen, die den Sieg über die Hunkpapas sichern.

Zwar herrscht Nachtruhe. Die Wachen sind aufgezogen. Nach außen hin ist alles still. Aber in einzelnen Lagerhöfen ist man noch heimlich am Werk. Da beugen sich in einer Jurte die weisesten Krieger über die schon errungenen Kartenstücke und rätseln und beratschlagen. Dort schleichen die listigen Kundschafter der unterlegenen Stämme, um etwas zu erlauschen oder gar eine Möglichkeit zu erspähen, die Karte heimlich zu stehlen.


Mittwoch, den 07. August:

Schnelles Auge von den Kieler Nachrichten ist wieder im Lager. Er hat eine Botschaft von einem Unterhändler der Stadt (Stadtjugendpfleger). Die obersten Häuptlinge, so lautet sie, mögen sich zum großen Palaver in den steinernen Wigwams einfinden.

Der graue Bär und Winnetou fahren los, als sie zurückkehren, bringen sie die Kunde mit, dass in drei Tagen am Bahnhofskai in Kiel der Vergnügungsdampfer Heikendorf auf die 400 Indianer aus Freudenholm wartet, um sie in einer Rundfahrt um die Förde nach Laboe zu bringen.

In der Zwischenzeit ist großes Unheil über die roten Männer hereingebrochen. Das schwüle Wetter der letzten Tage hatte zur Folge, dass sich schon zu Mittag schwarze Wolken auftürmten. Am Spätnachmittag kommt es zu einem fürchterlichen Unwetter, bei dem der Himmel seine sämtlichen Schleusen geöffnet zu haben schien. Bald stehen trotz Abzugsgraben die Kohten des halben Lagers knöcheltief unter Wasser. An allen Ecken wird trotz des strömenden Regens Wasser geschöpft, Kohten versetzt und Schlafdecken und Gepäck in Sicherheit gebracht.
Jetzt macht es allen noch Spaß. Am meisten wohl unseren zwei Kameraleuten, die das ganze Lager über dabei sind und einen Film drehen. Jetzt springen sie zwischen den rastlos schuftenden Rothäuten herum und lassen die Kameras schnurren.
Als der Regen aufhört, sind über 80 Rothäute zwar weiß gewaschen, aber auch obdachlos; ihre Schlafsachen vollständig nass. So werden sie zum Bauern in der Scheune einquartiert.

Das feuchte und kühle Wetter legt sich natürlich auf die Stimmung, vor allem ist es ungewiss, wird es weiter regnen oder war das überstandene Gewitter nur eine kurze Abkühlung?


Donnerstag, den 08. August:

Der Himmel ist grau und verhangen als um 8.00 Uhr zwei Omnibusse der Bundeswehr die Führerschaft zu einer Hochseefahrt abholen. Der kühle Wind von Westen verspricht eine für manche bewegte und abwechslungsreiche Seefahrt. Es wird aber nicht halb so schlimm. Kaum einer braucht seinen Hals über die Reling zu hängen und der Linseneintopf, zu Mittag an Bord serviert, mundet allen.

Im Lager tragen die Apachen und die Omahas / Seminolen den durch das Unwetter unterbrochenen Kampf um die restlichen Schatzkarten aus. Nach dem Tauziehen und dem Steinstoß steht es unentschieden und beim Schnellkriechen der jüngsten Krieger gewinnen die Omahas / Seminolen knapp. Sie sind also die Besitzer der gesamten Schatzkarte; denn die restlichen Teile werden ihnen jetzt von den Apachen in feierlicher Form überreicht. Nun können sie auf die Suche gehen.

Bei wechselhaftem Wetter macht das gesamte restliche Lager am Nachmittag unter Führung der wenigen im Lager zurückgebliebenen Häuptlinge eine Wanderung um den Lanker See.

Als wir auf den Marsch durch Preetz kommen, ist nach unserem Abzug im ganzen Ort keine Zeitung mehr aufzutreiben, denn heute sind die Bilder über unser Lager darin erschienen.

Das schlechte Wetter, die nassen Klamotten lassen keine richtige Stimmung im Lager aufkommen. Auch ist alles überschattet von der Schatzsuche. Immer wieder stechen Boote in den See, heimlich verfolgt von feindlichen Kanus. Dann schleichen wieder welche mit Spaten und Beilen aus dem Lager, die wieder eine Kette von Verfolgern nach sich ziehen.
Die Nacht ist unruhig.


Freitag, den 09. August:

Das Wetter ist nach wie vor wechselhaft. Die Sonne lässt sich kaum mehr blicken. Es ist für diese Jahreszeit und nach der Hitze zu Anfang der Woche empfindlich kalt geworden. Zwar reizt das warme Wasser des Sees fast alle zu einem Morgenbad, aber die richtige Stimmung will nicht mehr wiederkommen.

Die Arbeitsgruppen finden langsam ihren Abschluss. Viele Werkstücke sind dem Unwetter zum Opfer gefallen; natürlich haben auch die Indianergewänder bedeutend gelitten. Und darüber hinaus zerstört die Schatzsuche eine einheitliche Lagertätigkeit.

Nach dem Mittagessen werden noch einmal alle Indianergewänder hergerichtet und alles bewegt sich in Richtung Preetz.
Vorher gibt es noch einen kurzen Kampf und die Omahas haben nach vielen Mühen zusammen mit den Seminolen den Schatz geborgen. Obwohl ihnen die Hunkpapas dicht auf den Fersen waren und ihnen beinahe noch zuvor gekommen sind.

In Preetz schlägt die Turmuhr die dritte Nachmittagsstunde, da stürmen aus allen Seitenstraßen rund um den Marktplatz Indianerhorden hervor, vertreiben die Taxifahrer, halten den Verkehr auf und führen wilde Kriegstänze auf -- mitten auf dem Marktplatz.
Als die Polizei einschreitet und die wilden Haufen langsam auf einen Schulhof getrieben hatte, war das Verkehrschaos schon perfekt. Die meisten Leute sind wie am Anfang der Woche begeistert. Die Indianer gehören sowieso schon mit zu ihrem Ort.

Winnetou ist in der Zwischenzeit in voller Kriegsbemalung in den Bahnhof eingedrungen und hat einen Sonderzug für unsere Kielfahrt bestellt.
Die Abendgestaltung fällt, wie könnte es anders sein, natürlich ins Wasser. Es regnet wieder einmal und treibt alle in die Kohten.


Samstag, den 10. August:

Kalt und windig ist es, als wir uns auf den Weg zum Bahnhof machen. Und natürlich fängt es heftig an zu regnen. Wir sind zum Teil fast bis auf die Haut nass, als wir in Preetz den Bahnhof stürmen. Dieser scheint zu platzen, der Bahnsteig ist schwarz von den vielen Menschen.
Als der Zug einläuft, entern rund 350 Indianer die sechs für uns reservierten Waggons. Der Rest des Lagers ist durch Krankheit und Wachmannschaft ausgefallen.

In Kiel gibt es noch einmal eine kleine Sensation, als wir im Gänsemarsch aus der großen Bahnhofshalle marschieren und ein wildes Kriegsgeheul anstimmen. Die Schlange ist so lang, dass die ersten schon unten am Kai ins Schiff einsteigen, während die letzten oben die Sperre verlassen.

Auf der Fahrt die Förde hinauf regnet es, unter Deck dampfen und trocknen langsam die nassen Indianerklamotten. In Laboe lädt uns der Dampfer ab; wir besuchen das Marineehrenmal.

Langsam gewöhnen sich auch die Leute daran, dass ihnen immer wieder ein stilechter Indianer über den Weg läuft.

Die Heimfahrt ist wenigstens trocken und als wir in Kiel ankommen, scheint sogar ein wenig die Sonne.
Mittagessen gibt es diesmal erst um drei Uhr nachmittags.

Bald müssen wir wieder in die Zelte flüchten ---- es regnet! Das große POW WOW wird auf den morgigen Tag verschoben.


Sonntag, den 11. August:

Alles hat schon so eine gewisse Abschiedsstimmung, selbst der Sommer scheint schon vorbei zu sein. Nach den Gottesdiensten tagt in der Jurte der Omahas / Seminolen das Bundesthing. Als es zu Mittag auseinander geht, hat die Jungenschaft einen neuen Bundesjungenschaftsführer.

Da es wieder und wieder regnet fällt das POW WOW aus.
Sehr zum Leidwesen der Besucher aus dem Ort, die es sich trotz des Regens nicht hatten nehmen lassen, unser Lager zu besuchen.

Die Indianerkleider werden verpackt und als der Himmel am Abend einmal kurz aufreißt, schließen wir alle wieder in ziviler Jungenschaftskleidung das Lager ab.
Die Fahnen, die zehn Tage über unserem Lager wehten, werden eingeholt -- der Abschied ist da!


Montag, den 12. August:

Die Bundeswehr gibt zum letzten Mal das Frühstück aus und braust bald danach ab. Im Lager sind die Kohten eingerissen, der Totempfahl der Hessen zerlegt und verpackt und die Affen und Rucksäcke verschnürt. Zu Mittag hat der letzte Indianer den Platz verlassen.

So endet das zweite Bundesjungenschaftslager im großen Stil. Wenn es auch gegen Ende der Woche im Regen ertrank, so war es doch im Vergleich zum ersten Lager 1961 in der Rhön, von der Teilnahme her und durch die Gestaltung ein Fortschritt.

Obwohl das Thema Indianer die Gestaltung entscheidend dominiert hat, darf nicht vergessen werden, wie wertvoll das Erlebnis der großen Gemeinschaft war. Das Kennenlernen der Kameraden anderer Bundesländer gibt oft Ansporn für die eigene Tätigkeit.

Hoffen wir, dass wir das in drei Jahren beim nächsten Bundeslager auch sagen können.

 



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