Bericht der KIELER NACHRICHTEN
Dienstag, 6. August 1963, Seite 6 SCHLESWIG BLICK INS LAND
Das hat Preetz noch nicht erlebt:
Preetz(de): So etwas gab es in Preetz noch nicht: Etwa 400 Indianer bevölkern mit siebzig Kohten und Jurten bis 12. August die Wiesen des Bauern Jöns auf Freudenholm. Dort findet das Bundeslager der Deutschen Jugend des Ostens statt. Hier schlagen die Herzen der zehn- bis achtzehnjährigen Krieger aus den Stämmen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein schneller.
Alle tragen selbstgebastelte Indianerkleidung, angefangen von Mokassin bis zum federgeschmückten Wams. Buntbemalt und viel Phantasie dekoriert, tummeln sie sich zwischen schwarzen Kohten, Marterpfählen und Stammesgrenzen der schleswig-holsteinischen Apachen, den bayerischen Seminolen und den anderen Stämmen.
Da dröhnen die Trommeln, johlen die Kriegsrufer. Da macht man gegenseitig Gefangene, die an die Marterpfähle gebunden
und mit roten Saft geschminkt werden. Häuptlinge und Krieger üben sich im Bogenschießen, Basteln und in
Tonarbeiten.
Man hält Kriegsrat aus dem Stegreif, ist fröhlich beim gemeinsamen Gesang und pflegt eine große Kameradschaft im
Zeichen des Manitus.
Die hessischen Jungen haben sich besonders viel Mühe um Ausrüstung und Aussehen gemacht.
Ein sechs Meter hoher Totempfahl wurde aus drei einzelnen Baumstämmen kunstvoll hergerichtet, geschnitzt und bemalt.
Alle haben ihre Tracht während der Winterabende selbst gebastelt.
Das Ergebnis ist verblüffend. Karl May hätte an den Indianern seine helle Freude gehabt.
Vor zwei Jahren hatte man in der Rhön beschlossen, das Lager 1963 nach Preetz zu vergeben.
Winnetou, der Häuptling der schleswig-holsteinischen Apachen, suchte das Lager aus. Der Raisdorfer L a m b
zeichnet zusammen mit dem Grauen Bär, dem Bundesjungenschaftsführer G r o ß s c h m i d t aus München, für Organisation
und Planung verantwortlich.
Jeder Krieger hat seinen eigenen Namen. Keiner gleicht dem andern im Aussehen.
Alle haben sich irgendetwas Besonderes ausgedacht. Selbst ein aus Pappmache hergestelltes Kanu -- es muß allerdings
mit einem Sandsack als Kielschwein fahren -- fehlt nicht.
In den Kohten schlafen die Krieger auf Stroh, Luftmatratzen und Schaffellen. Bis zu acht Mann gehören zu einer
Gemeinschaft.
Drei Bundeswehrküchen aus Neumünster und Plön sorgen für das leibliche Wohl.
Am Eröffnungstag zogen die 400 Krieger auf dem Kriegspfad gen Preetz. Im Gänsemarsch ging es später vom Markt wieder
ins Wigwam.
Das Große Pow-Wau am kommenden Sonnabend bringt den Höhepunkt des Treffens, wenn die Friedenspfeifen kreisen. Der
Medizinmann will wissen, daß ein Minister aus Nordrhein-Westfalen seine Utah-Stammesbrüder besuchen wird.
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Zum Abschluß noch ein Blick auf das Original in der Zeitung:
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