Erinnerungen an Fahrt und Lager / An der Grenze

Fahrten und Lager waren gerade für die Jungmädel- und Mädelgruppen und Jungenschaften sehr wichtig.
Fast an jedem Wochenende wanderten oder radelten wir in die Umgebung. Der Wimpel und der Kochtopf gehörten neben dem Tornister oder Rucksack dazu.

Stolz erzählen die alten Frauen, die damals in meiner Jungmädelgruppe waren, wenn wir uns treffen, noch heute davon.
Und ich bin ebenso stolz darauf, daß nie ein Unfall passierte, obwohl wir fast immer 15 oder 20 Kinder mit auf Fahrt genommen haben.

Für uns Ältere gehörte in jedem Jahr eine Fahrt an die Grenze zum Jahresprogramm.
Obwohl wir ja nur ganz wenig verdienten sparten wir den Lagerbeitrag zusammen, um im Grenzlandlager Waldmünchen, Gaisthal oder Stadlern dabei zu sein. Alles Sparen hätte freilich nicht gereicht, wenn uns der Vorstand der SL nicht geholfen hätte. Zuschüsse von Jugendringen oder anderen staatlichen Stellen bekamen wir damals nicht.

Abenteuerlich war die Lagerausrüstung, abenteuerlich unsere persönliche Ausstattung. Erich Kukuk, der in jener Zeit Jugendpfleger in Schönsee war, konnte Großzelte besorgen. In den Elefantenställen fühlten wir uns am Strohlager sehr wohl.

Ungläubig denke ich daran, daß wir alle nur eine oder höchstens zwei dünne Wolldecken mitbrachten und einen Trainingsanzug. Trotzdem wurde meines Wissens keiner ernstlich krank.

Im Küchenzelt kochten wir Mädchen selbst. Alle wuschen sich im kleinen Bacherl, das jedesmal angestaut wurde, wenn es lange nicht geregnet hatte. Den Donnerbalken und seine Umgebung rein zu halten, war Aufgabe der Jungen. Sie bestellen auch die nächtliche Wache, die unser Lager sicherte.

In jenen Lagern sangen wir oft das alte Landsknechtlied Wilde Gesellen, vom Sturmwind durchweht am Lagerfeuer. Und am Morgen und am Abend standen wir um unsere Fahne und grüßten die Heimat.


  ... vom Meer bis zum Alpenschnee

Zum Sommerlager an der Grenze kamen schon Anfang der fünfziger Jahre die Winterlager in Bayern. Und zum Grenzlandlager Gaisthal kamen Sommerlager in allen Ländern Westdeutschlands. 80 Sommerlager und 20 Winterlager der SdJ registrierten wir in jenen Jahren, wie ich meinen Aufzeichnungen entnehme.

In den Dünen der Nordseeinsel Amrum standen fast 10 Jahre lang im Sommer unsere Zelte. In diesem Grenzlager an Deutschlands Nordgrenze trafen wir uns mit Freunden der Grenzlandjugend aus Nord- und Südschleswig, mit Südtirolern, Elsässern, Kärntnern.

Unzählige Gruppen fanden ein Feriendomizil in Südtirol, wo wir am Montiggler See, hinterm Gampenpass oder unterm Rosengarten Ferienlager aufbauten, aus denen die Lagerteilnehmer auch immer tageweise im Ernteeinsatz bei Bergbauern halfen. Ich behaupte, daß die Lager der Sudetendeutschen Jugend und der Deutschen Jugend des Ostens sehr wesentlich zum Beginn des Tourismus in Südtirol beitrugen.


  Jenseits des Tales ...

Wir konnten überall hinfahren in Westeuropa und weiter. Nur eines konnten wir nicht: Fahrten über den Eisernen Vorhang in unsere Heimat oder zu Verwandten in Mitteldeutschland konnten wir damals nicht machen. Vielleicht bewahrten wir darum die Verbindung und Erinnerungen um so hartnäckiger.

Voll Heimweh standen wir damals am Grenzbalken und schauten hinüber zu den Dörfer (die es noch gab), Wäldern und Bergen in unserer Heimat.



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