Prof. Erich Hans:

Böhmerwaldjugend

Festvortrag zur 25 Jahrfeier der Böhmerwaldjugend und zur festlichen Eröffnung des Böhmerwaldtreffens in der Patenstadt der Böhmerwäldler Passau (Sommer 1975)

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Der 29. Juli 1950 neigte sich dem Abend zu. Im Westen war die Sonne glühend untergegangen, weit vom Süden leuchteten noch Alpenspitzen über den Dunst des Donautales her, der Wald am Südhang des Dreisesselberges dunkelte und rauschte im aufkommenden Böhmwind.

Da polterten Schritte auf dem steinigen Weg vom Dreisessel nach Riedelsbach zu. Ober dem Orte, auf einer Wildwiese am Südrand des Bergwaldes verhielten ein paar Wanderer -- jüngere Böhmerwäldler. Sie stellten auf der jetzt Kangler Alm genannten Wildwiese zwei / drei kleine Zelte auf, und als die Nacht eindunkelte, saßen sie um ein Feuer, das sie in einer Nische vor Felsentrümmern angefacht hatten.

Alle diese jungen Männer waren im Kriege gewesen. Alle hatten bewusst die Not der Vertreibung durchlebt. Alle standen sie vor oder im Anfang einer neuen Existenz. Keiner hatte schon den Platz gefunden, der ihm der für sein Leben sichere und bedeutende schien. Und alle kannten sich von daheim her: Im Böhmerwald waren sie in der Jugendbewegung gestanden -- bei den Adler und Falken, beim Staffelstein, beim Wandervogel, bei der Turnerjugend, im Bunde der Landjugend.

Meine Damen und Herren, dies darf und muss gesagt werden: In diesen Jugendbünden war eine Generation aufgewachsen, treu und ehrlich, gesund und opferbereit, arbeitsam und doch voll Fröhlichkeit, gläubig und stark. Sie träumte von freien Völkern in einem freien Europa, von einem Staat, in dem man gemeinsam auch mit anderen Völkern und Volksgruppen friedlich nach Recht und Billigkeit leben konnte, sie kämpften um die Sicherung ihres bedrohten Volkstums und Volksgutes, sie bildeten Gemeinschaften, auf die Verlass war.
Unter dem Anschluss an das Reich wurde vieles zerschlagen -- neue Organisationen wurden eingeführt; der innere Zusammenhalt der heranwachsenden Generation blieb bestehen.

Es war in einer Erdmulde im Raume von Kiew. Dunkel lastete die Nacht und die Blitze des Krieges und sein Grollen vertieften die Düsterkeit jener Stunde. Drei Soldaten saßen in der Mulde beisammen -- zwei ganz junge und ein älterer. Die Jungen waren mit ihrem Lehrer eingerückt und es gelang ihnen, dass sie beisammen blieben. Zog einer der jungen ein schwarzweiß gedrehtes Bändel hervor und sagte -- das hast Du mir am Hochficht in das Knopfloch getan, und das ist mir viel wert. Er trug schon das Eiserne Kreuz. Beide waren Gruppenführer in der Turnerjugend gewesen; beide sind gefallen. Es sind aus der damaligen jungen Generation sehr viele gefallen.

An dieser Vergangenheit und an manchen Kameraden, der nicht mehr lebte, mögen die jungen Männer auf der Wildwiese am Hang des Dreisessels gedacht haben. In der Tat, einer begann zu reden und sagte, was im ersten Heft des Wandersteckens, der Zeitschrift der Böhmerwaldjugend, vom 15. November 1950 aufgezeichnet ist:

Wir hier sind einige von denen, die übrig geblieben sind. Wir denken an alle jene, die einst mit uns an solchen Feuern saßen. Viele blieben im Krieg, ihre Gräber sind in ganz Europa und weit in der Welt verstreut. Manche, die mit uns zusammen jung waren, fielen dem Mordrausch nach dem Krieg zum Opfer und ihre Gräber sind ganz und gar verschollen. Mancher von denen, die noch leben, ist schwer verletzt und kann kaum noch einen Bergweg gehen. Von vielen wissen wir nicht, wo sie blieben, ob sie noch leben, ob sie dahingegangen sind.
Für uns Übriggebliebenen ist es aber so, als sitze um jeden von uns noch ein ganzer Kreis, und es sei die Zahl derer, die um dieses Feuer sitzen, zehnfach und hundertfach größer als unsere Zahl selber . . .

Und sie reden mit, und sie sagen: "Einst rangen wir um unser Deutschsein, wollten nicht vergessen, woher wir kamen, und wollten nicht verraten, was unsere Voreltern aufgebaut. Wir wollten, dass unsere Heimat deutsch bleibe, wir wollten sie schöner und reicher gestalten, wie es unserem Willen als junges Geschlecht zukam . . .

Wir gingen unter; im Gestrüpp von Hass und Lüge und Aberlüge verloren wir fast unseren Namen. Aber wir waren so jung, als wir untergingen, dass an uns keine Schuld sein kann; wir waren so jung, dass unser Glaube rein bleiben musste, auch im düsteren Gestrüpp, auch im letzten Schmerz.
An Euch Lebenden hat die Welt Gottes Gesetz gebrochen. Ihr seid auseinander getan, verjagt und verhandelt. Wer kennt Euch, wer kennt Euer Recht, wer will es kennen?

Ob Ihr es kennt? -- Ihr müsst es kennen! Ihr habt das Recht zu leben, Ihr habt das Recht Euer Leben zu bauen, wie jedeiner in dieser Welt, und merket auch dies: Ihr habt das Recht im angestammten Raume, ein Zweig Eures Volkes, als Meister zu wirken.

Kein Wille, keine Gewalt, kein Menschenwort kann Euch dieses Rechtes berauben. Doch müsst Ihr auch dieses Recht bewahren, dürft es selber nicht vergessen und damit verraten zu Eurem Unglück und zum Unglück ungezählter Menschen heute und morgen. Euch hilft kein Jammer, Euch hilft keine Klage.

Euch hilft nur der Wille, anzupacken, an Euch selber und an dem, was um Euch ist, zu arbeiten und eines, das wird Euch vor allem helfen, Ihr selber zu sein und zu bleiben: Was Ihr gemeinsam habt, das dürft Ihr nicht der Vergessenheit ausliefern; Euch hilft, dass Ihr die Bänder knüpft, die Euch miteinander verbinden. Euch hilft, dass Ihr den Weg zu denen findet, denen ein Gleiches geschah wie Euch selber.

Euch hilft, dass Ihr Euer Volk erkennen lehrt, dass das, was Euch geschah, ihm selber zustieß und Euch hilft nur, dass Ihr die Welt erkennen lehret, das jene Untat der Vertreibung, die Euer Leben vergiftet, ein Stoß in der Welt eigenes Herz war.

Und sehet auch dies: Unsere Gräber sind über alle Lande Europas verstreut. Gräber sind Saatgrund; die Saat war überreich. Berget die Ernte! Wisset: Europa ist Wurzel und Stamm, seine Völker sind Äste und Ihr seid ein Zweig. Jeder Ast ist gleichen Wertes; sorget, dass man dies erkenne! Jeder Zweig braucht seinen Sonnenplatz; fordert, dass er Euch gegeben werde! Erkennt Eure Kraft, arbeitet und vergesst uns nicht, und habet unseren Glauben: Ihr werdet nicht untergehn.“

Dies alles ist in jenem ersten Heft des Wandersteckens vom November 1950 aufgeschrieben -- und es war dies das Grundbekenntnis, mit dem jene jungen Leute daran gingen, die weithin zerstreute Jugend des Böhmerwaldes zusammenzurufen und eine gemeinsame Arbeit zu beginnen. Und wieder ist in dem schon genannten ersten Heft des Wandersteckens zu lesen:

Wenn man etwas Neues anfängt, dann redet man meist darüber, welchen Zweck dieses Neue haben soll. Wir wollen darüber nicht viele Worte verlieren; wir wollen ganz schlicht sagen, dass wir jungen Leute meinen, wir seien eine neue Stufe in unserem Heimatvolk, welche auf dem Unterbau der früheren Stufen ruht. Unsere Stufe will ein wenig bröckelig werden, weil wir nicht beisammen sein können und weil jeder von uns wo anders lebt und arbeitet. Dawider aber wollen wir etwas tun.
Wir meinen aber nicht, dass wir einer dem anderen etwas vorschreiben können, was wir tun sollen, sondern wir wollen einer zum anderen wandern und einander zeigen, was jeder von uns tut und wie er lebt, und wir wollen dabei darauf achten, dass wir das Gemeinsame in uns, unsere Herkunft, unser Wesen und unser gemeinsames Heimatrecht nicht vergessen und vertun. Wir wollen unsere Gedanken austauschen und dabei darauf achten, dass jeder, der mit uns reden will, recht und ordentlich zu Worte kommt.
Der Mittelpunkt unserer Gedanken werden freilich unsere Heimatberge und ihre Menschen sein. Damit fangen wir unsere Wanderung zueinander und heimzu an und nehmen von Glauben an die Zukunft unseren Wanderstecken zur Hand . . .

Es ist nicht viel Geschrei gemacht worden, um die Gründung dieses Jugendverbandes. Er lebte und wirkte jahrelang ohne geschriebene Satzung. Überall entstanden Gruppen. Manche Gruppe hatte sich unabhängig gebildet und meldete sich nun zum Bund.

Am 27. Juli 1951 wurde das erste Lager der Böhmerwaldjugend auf jener Wildwiese, die seither Kangleralm heißt, eröffnet. Es wurde eine Woche innerster Bewegtheit und Tiefe. Damals, in dieser Woche, erlebten die Mädchen und Jungen aus allen Teilen der Bundesrepublik die Seligkeit der Muttersprache, den Klang der Volkslieder im Wort des Böhmerwaldes, sie entdeckten miteinander die Tänze, die daheim bekannt waren, die Tracht wollten sie erneuern, der Gedanken Stifters, der so oft in jener Gegend von Lackenhäuser weilte, wollten sich die jungen Leute annehmen, und Josef Kangler, der die Einrichtung des Lagers geleistet hatte, sagte damals: Wir sollten ein Haus haben.
1953 wurde ein altes Bauernhäuschen angekauft. Auf seinem Grund entstand das Haus der Böhmerwäldler -- Adolf Webinger Haus. Es wurde 1955 eingeweiht und unter zeitweiligen großen Sorgen des Kreises um Adolf Webinger, Rudolf Erhart, Rudolf Schinko, Alois Anderle und all derer Freunde weiter ausgebaut. Viele Böhmerwäldler haben ihr Scherflein für das Haus beigetragen.
An der Stelle vieler mag einer genannt sein: Adolf Paulik. Er schnitzte das Stirnbild im Speisesaal des Hauses und gestaltete damit ein Motiv aus Heilige Saat von Hans Watzlik. Unter dem Bilde des mühevoll pflanzenden Bauern steht Hans Watzliks gutes Wort, das da lautet: Herrgott, ich dank Dir, daß Du mir langsamem Mann die Geduld gibst -- und so soll es nit unter mir verderben, mein Flecklein Deutschland! Dies ist ein Spruch, aus dessen Geiste die Böhmerwaldjugend von Anfang an lebte.

Der Wanderstecken vom August 1954 meldet ein Feierabendspiel der Böhmerwaldjugend, das sie beim Sudetendeutschen Tag in München aufführte. Damit wurde sie bekannt.

In Baden Württemberg setzte sich die Böhmerwaldjugend am 30. Januar 1955 mit einer Adalbert Stifterfeier in Stuttgart durch. Es waren vor allem die Gruppen Esslingen und Aalen, die das Programm trugen.

Nun ist es wohl Zeit, dass einige Namen genannt werden, die mit dem Werden und Wirken der Böhmerwaldjugend eng zusammenhängen: Josef Kangler ist schon genannt, Alois Löffler war einer der ersten Helfer, Rupert Spitzenberger, Landesleiter von Baden Württemberg, Franz Augustin, der hervorragende Sänger, Gustav Schuster, der spätere Bundesführer, Hans Micko, der Landesleiter von Bayern -- es wären noch viele Namen zu nennen. Frau Friedl Vobis, Irmi und Heidi Kastl, Friedrich Braunschmid, Sepp Müller -- die Fülle der Namen ist zu groß, ich muss darauf verzichten noch mehr zu nennen . . .

Aus der Böhmerwaldjugend gingen die Singscharen hervor:

Aus der Esslinger Jugendgruppe kamen zunächst die meisten Mitglieder der Sing- und Spielschar der Böhmerwäldler in Baden Württemberg, zu der auch Mitglieder anderer Gruppen stießen. Sie errang unter der Leitung des unvergesslichen Singleiters Schmidl großes Ansehen und machte sich später und gegenwärtig unter der Leitung von Hans Reitinger und dem Singleiter Günther Hans um die Pflege neu entstandenen Liedgutes verdient.
Die Singschar München -- Leitung Renate Slawik-Sowa -- hat im vergangen Jahr unter Anerkennung ihrer Leistungen den Sudetendeutschen Volkstumspreis erhalten.
Die Singschar Aalen hat an mehreren Europeaden mit großem Erfolg teilgenommen. Unter der Leitung von Manfred Schuster bildet sie einen wesentlichen kulturellen Faktor im Bereich Aalen.

In Heidelberg hat Frau Friedl Vobis eine Singschar aufgebaut, auch eine Kindergruppe, die wiederholt höchste Preise bei Wettstreiten der DJO erwarben.
Die Sing- und Spielschar München haben wiederholt als Sendboten im Ausland gewirkt -- so in Schweden, Kanada, Frankreich und England.
Die Singscharen Kirchheim, Nürtingen, Backnang, Fellbach, Ellwangen gehören zu den Glanzpunkten in der Arbeit des Deutschen Böhmerwaldbundes.
Nicht zu übersehen ist die Spiel- und Tanzgruppe Friedrichshafen, die sich besonders im Bodenseebereich einen Namen gemacht hat.
Freundlich wurden die Schallplatten aufgenommen, die die Gruppe München und die Singschar Baden-Württemberg herausbrachten.
Es muss aber auch betont werden, dass die Jugendarbeit, zu der auch die Betreuung von Kindergruppen gehört, von den führenden Männern der Landesverbände und des Bundesverbandes nachhaltig und verständnisvoll unterstützt werden. Die ehemaligen und gegenwärtigen Angehörigen der Böhmerwaldjugend sprechen mit Dank, wenn sie an Adolf Hasenöhrl, Franz Spitzenberger, Rudolf Galli, Robert Treml und Friedrich Fuchs denken.

Nun müsste noch viel gesagt werden über die Heimabende der Gruppen, über ihre Mitgestaltung an den Veranstaltungen der Heimatgruppen, es müsste berichtet werden, dass die Singscharen manchmal kaum einen Samstag und Sonntag frei haben, weil sie zur Mitwirkung an festlichen Gestaltungen vieler Verbände herangezogen werden, es kann darauf verwiesen werden, dass an vielen Orten Kindergruppen bestehen, die jährlich zu Kindertreffen zusammenkommen; die Gruppen des Landesverbandes Baden Württemberg führen seit vielen Jahren bei ihrem Jahrestreffen einen sportlichen und volkskulturellen Wettstreit durch -- dies alles und auch der Bericht über die Winterwochen in Lackenhäuser mag einmal in einer gründlichen Überschau über die Arbeit der Böhmerwaldjugend seit 25 Jahren zusammengefasst und festgehalten werden.

Gustav Schuster, der Nachfolger des ersten Bundesleiters der Böhmerwaldjugend, hat einmal in einem seiner Lager im Adolf Webinger Haus in seiner nachdrücklichen Art gerufen: Zum Teufel die, die weinen, weil sie Pflichten tragen müssen. Das ist eine Meinung und ein Grundsatz gewesen, die in der Böhmerwaldjugend immer von Gewicht waren. Es taugte nicht herein, wer nicht ernsthaft mitarbeiten wollte, es taugte keiner auf die Dauer, der nicht erkannte, dass es Pflichten zu erfüllen galt gegen sich selber, gegen den anderen, gegen Gruppe, gegen Verband, Heimat und Volk. Aus der Erfüllung dieser Pflichten leiten sich die Rechte ab und beide bedingen einander und tragen einander und heben einander nicht auf.

In Stuttgart hat vor 15 Jahren ein Jugendkongress stattgefunden. Dabei trug ein Angehöriger der Böhmerwaldjugend das Grundsatzreferat vor -- und er schloss es mit den Worten: Mein Recht -- Dein Recht -- unser Friede! Dieses Wort ging damals durch viele Zeitungen, und hervorragende Leute verwiesen darauf, dass dieser Ausspruch von höchstem staatspolitischem Wert sei, dessen Gewicht weit über die Tragfähigkeit für innenpolitische Gedankengänge hinausrage.

Unter diesem Hinweis mag deutlich sein, dass das Wirken der Böhmerwaldjugend nicht nur nach innen gerichtet ist, auf sich selber; dies ist insoweit, als eine Gruppe zunächst an sich zu arbeiten hat, damit sie Gewichte entwickelt, mit denen sie dann auch nach außen wirken kann.
Diese Aufgabe hat die Böhmerwaldjugend gelöst. Sie hat ihren Auftrag, das Volksgut der Böhmerwäldler zu pflegen und zu mehren, fleißig und treu erfüllt, sie tat es von Anfang an, sie tat es unter der Leitung von Gustav Schuster, sie tat und tut es bis in den Tage herein unter der Leitung von Erich Hans dem jüngeren und seinen Mitarbeitern in Baden Württemberg Günther und Ingo Hans, Jürgen Bühler, Jochen Spinzig und Armin Fechter und den Mitarbeitern in Bayern Renate Slawik und anderen.

Die Böhmerwaldjugend hat nie viel Geschrei über ihr Dasein und über ihre Arbeit erhoben. Sie ist immer dem Wort von Adalbert Stifter nachgegangen, in dem es heißt: Das Große geschieht so schlicht wie das Rieseln des Wassers, das Fließen der Luft, das Wachsen des Getreides . . .

Wohl darf vermerkt werden, dass die Passauer Neuesten Nachrichten immer für Berichte über die Lager der Böhmerwaldjugend offen war, sie hat seinerzeit auch den Wanderpreis gewürdigt, den die Böhmerwaldjugend jährlich ausspielt: eine geschnitzte Eichentruhe, die Böhmerwalderde enthält, wie sie sich auch in den Knäufen der Fahnen der Böhmerwaldjugend befindet. Freilich -- eine tschechische Fernsehsendung berichtet, dass die Truhe Sprengstoff enthalte. Ich selber ging als Sprengstoffmischer über den Bildschirm.

Die Böhmerwaldjugend war von Anfang an weit davon entfernt, Hassgefühle zu wecken und zu pflegen, nach Sprengstoff und Kampf zu rufen.
Sie stand von Anfang an zu der Überzeugung, dass Recht und Billigkeit und über ihnen sich wölbend die Liebe es sei, die den menschlichen Menschen machen und die die Grundbedingungen für eine befriedete Welt darstellen. Rache und Hass zerstören, vertieren den Menschen; allein die Ehrfurcht vor dem Geschöpf Mensch, die Ehrfurcht vor seinen Gemeinschaften und Einheiten, die Anerkennung der Lebensrechte aller Völker, das Stehen zum eigenen Recht, zur eigenen Gemeinschaft, zum eigenen Volk und die aufrichtige Achtung der anderen, das sind Grundsätze, unter die die Böhmerwaldjugend ihre Wirksamkeit stellte -- und ganz zuletzt mag ein Wort gesagt sein, das in der Ausgabe des Wandersteckens vom 15. Juli 1953 steht:

„Das wollen wir:

Atmen dürfen im eigenen Haus,
schaffen dürfen am eigenen Herd,
lachen dürfen aus freudigem Herzen,
beten dürfen aus gläubiger Seele,
formen dürfen aus eigener Kraft
und wachsen dürfen nach Gottes Gesetz und eigenem Wesen!“

So mag die Böhmerwaldjugend an diesem Tag ihres 25-jährigen Bestehens trotz aller ihrer Mängel, trotz ihres bescheidenen Rahmens, trotz ihrer verhältnismäßig geringen Zahl ins Bild gesetzt sein. Sie sieht sich mit Recht als einen jener kleinen Teile, als eine jener stillen Kräfte, von denen Adalbert Stifter sagt, dass sie im Ende die Ursache des Großen seien, die es auf unscheinbare Weise vorbereiteten und herbeitrügen, bis dann jenes Neue, Gewaltige vor den Augen der Menschen stehe, und sie im Grunde nicht mehr zu begreifen vermögen, woher und wie es gekommen sei.

Das Große, das die Böhmerwaldjugend mitbewirken möchte? Das hat sie von der ersten ihrer Stunden an ausgesagt:
Ein freies Europa freier Völker in befriedeten Räumen. Ein vereinigtes, freies deutsches Volk, frei in seinen Teilen und Räumen, das gute Recht auf das eigene Dach und das angestammte Dorf -- es sind die Selbstverständlichkeiten einer geordneten Menschenwelt.

So ist es sicher richtig, wenn man einen solchen Jugendverband an einem solchen seiner Tage mit Ehrfurcht und guter Achtung betrachtet und wenn man ihm wünscht, er möge weiter unter einem Wort wirksam sein, das oft bei den Morgenfeiern der Sommer- und Winterlager gesagt worden ist.
Es ist ein Wort Adalbert Stifters:

Des Menschen größtes Glück ist seine Tat,
des Menschen größte Freude ist der Mensch,
des Menschen schönste Betrachtung ist die Natur,
des Menschen ewige Hoffnung ist Gott!



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