Herrn Neven du Mont ins Stammbuch

Fahrtenkluft oder Lederkoller ?

Herr Neven du Mont hat mit durchdringendem Blick in den Wimpeln und der grauen Fahrtenkluft, in den Landsknechtstrommeln und Fanfaren der Deutschen Jugend des Ostens Symbole militanter und faschistisch-revanchistischer Gefühle erkannt, welche seine und die Friedensliebe anderer Nonkonformisten bedrohen.
Es wage niemand, das zu bezweifeln. Die Friedensliebe haben die Nonkonformisten in Erbpacht genommen. Sie wird nur noch durch die Friedensliebe Ulbrichts übertroffen. Ihn lehnen sie ab. Doch sie teilen mit ihm die Aktivität, mit der Ulbricht gegen den Militarismus und den angeblichen Revanchismus in der Bundesrepublik kämpft.

Von den hohen Fernsehtürmen sehen sie hochmütig, wie Feudalherren von ihren Zwingburgen, auf die elenden Konformisten -- also auf alle, die das Provisorium Bundesrepublik bejahen -- hinab.
Sie wissen ihre Türme zu verteidigen. Nicht zuletzt wegen der beachtlichen Renditen, welche die Beherrschung dieser Massenkommunikationsmittel abwirft. Von dieser, nach Metern gerechnet, unbeschreibbar hohen Warte entscheiden sie, wer ein Freund des Friedens ist und wer nicht.

Empfanden es diese Leute etwa als peinlich, daß sie bei ihren bisherigen Attacken gegen die Verbände der Vertriebenen der kommunistischen Propaganda aus Mitteldeutschland viel Arbeit abgenommen haben? Keineswegs.
Über so komplizierte und zarte Regungen staatsbewußten Denkens ist ein echter Nonkonformist erhaben.

Ein wirklicher und ehrlicher Gegner der Hitlerschen Diktatur, ein Feind jedes billigen Nationalismus, der SPD-Bundestagsabgeordnete Wenzel Jaksch war es, der Herrn du Mont nüchtern als erster antwortete:
"W e n n   wir   d e n   B u n d   d e r   D J O   n i c h t   h ä t t e n ,   so   m ü ß t e   er   e r f u n d e n   w e r d e n ! " --   stellte Jaksch einfach und deutlich fest.

Nun gibt es zwischen den Vertretern so verschiedener Auffassungen verständlicherweise beträchtliche Unterschiede.
Jaksch gehört zu denjenigen Persönlichkeiten unseres öffentlichen Lebens, welche die Arbeit der DJO wirklich kennen. Herr du Mont wird für sich diese Sachkenntnis sicher nicht in Anspruch nehmen.
Jaksch teilt auch die Sorgen ungezählter Frauen und Männer, die sich für unsere Jugend verantwortlich fühlen, die Sorgen der Jugendrichter und Eltern, der Pädagogen und Soziologen.
Sie alle haben keine Zeit, sich mit blasierten Bemerkungen über einen Jugendbund aufzuhalten, der mit äußerster Anstrengung bemüht ist, eine Erziehung zu verwirklichen, die jeder wahre Freund der Jugend anerkennt. Diese Menschen müssen ihre ganze Kraft und Energie dafür einsetzen, daß nicht eine andere uniformierte und mit Schlagringen und Messern bewaffnete Jugendbewegung weiter um sich greift.
Ich meine die Bewegung der Jugendbanden mit ihrer organisierten Anarchie und ihrem halbstarken Nonkonformismus.

Wie konnte es auch die DJO wagen, mit so anrüchigen Symbolen, wie es Wimpel und Landsknechtstrommeln sind, mit diesen archaischen Überresten aus der Zeit der bündischen Jugendbewegung, sich den Blicken eines Nonkonformisten auszusetzen! Warum nahmen sich diese jungen Menschen nicht ein Beispiel an den Antiatom Jüngern, die auf ihrem Propagandamarsch durch England in der einen Hand neckisch ein Kofferradio trugen, während die andere einen Regenschirm hielt und die Anti-Atommaid stützen mußte?

Welch ein Zeichen antidemokratischer Gesinnung, wenn die DJO kurze Hosen und nicht Blue Jeans zu tragen wagt, Fahrtenhemden und nicht das schwarze Lederkoller jedes zünftigen nonkontormistischen Halbstarken!
Welch eine Bedrohung unserer Konserven-Zivilisation, wenn diese Bündischen herausfordernd -- wie in jenen Zeiten, als die Jugendbewegung gegen die Stickluft spießbürgerlicher Konvention aufstand -- ihre eigenen Lieder und nicht Schlager singen, wenn sie es ablehnen, sich aus Musikkonserven berieseln zu lassen.
Welche Unverschämtheit, nicht den Vorschlägen des Kritikers zu folgen, die leichte Kleidung und das leichte Leben der Camping-Lager zu suchen, sondern sich zu sondern, die Einsamkeit zu wählen, das Lager fernab von der Massenhysterie motorisierter Reisewut.

Warum nennen sie auch den gewählten Besten ihrer Gruppen nicht Boß, sondern Führer?
Wie, sie unterstehen sich noch, Kameradschaft, ja Freundschaft zu pflegen? Sie erkühnen sich, das unverbindliche, oberflächliche Kumpelverhältnis abzulehnen, sie erdreisten sich, angesichts der realpolitischen Lage, das Land, in dem sich ungezählte Generationen ihrer Väter und Vorväter deutsch und zu gut deutsch zu Tode geschuftet haben, ihr eigenes zu nennen?!
Sie wagen es, daran zu erinnern, daß die Juden die Kraft und den Mut besaßen, zweitausend Jahre lang ihre Kinder zu lehren, niemals das Land ihrer Väter zu vergessen -- denn einmal muß auch uns Recht werden?!
Sie machen kein Hehl daraus, daß sie die Koexistenzparolen Ulbrichts und seine Konföderationsvorschläge durchschaut haben?!
-- Das ist zu viel.
Und so erhebt Herr Neven du Mont vom hohen Fernsehturm aus seine Stimme und mahnt alle Eltern, dieser Anmaßung Einhalt zu gebieten.

Mag jeder Karnevals verein, mögen Rote Falken und Pfadfinder Fanfaren blasen und Landsknechtstrommeln tragen -- sie erfüllt offenbar nur die Freude am Spektakelmachen oder die anarchische Lust am Hinten-herum-Kontakt-Suchen mit der gleichfalls Trommeln und Fanfaren führenden kommunistischen Jugend.
Oder sie sind international firmiert.

Es ist wahrhaftig ein Ärgernis, daß es noch junge Deutsche gibt, welche die Überzeugung vertreten, kein Volk der Erde könne sich aus seiner Geschichte davonstehlen wie aus einem Kegelklub; Jugendbünde, die durch ihre Handlungen und ihre Schriften beweisen, wie sehr sie die entsetzlichen Untaten, die im deutschen Namen dem slawischen Nachbarn zugefügt wurden, verurteilen, die aber auch immer wieder das deutsche Volk daran erinnern, wie sehr es bemüht sein müßte, das Verhältnis zu den slawischen Nachbarn neu zu bedenken und zu prüfen.
Herr Neven du Mont wird sich sicher nicht in seinem Nonkonformismus beirren lassen.
Zwar kann er den Eltern mit seinen Angriffen gegen die Arbeit der bündischen Gruppen in der DJO keine Antwort geben, wie man der zunehmenden Kriminalität der Jugendbanden Einhalt bieten könnte. Er vermag auch keinen neuen Weg der Jugenderziehung aufzuzeigen.
Er hilft nicht, er übt flache Kritik, doch er erfreut zuverlässig alle bis an die Zähne bewaffneten Friedensfreunde jenseits des Stacheldrahtes, der Deutschland zerstückelt, wenn er so zielbewußt gegen den Revanchismus, gegen Trommeln und Fanfaren der DJO kämpft.

Der Dank der Beherrscher des östlichen Teiles unseres Vaterlandes ist ihm gewiß.

Frederik



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