Die SdJ in Berichten

Bald nach Kriegsende, noch während des Gruppenbildungsverbots der Amerikaner, bildeten sich die ersten Kinder- und Jugendgruppen der Heimatvertriebenen.
Aus dem Bewusstsein der Ausgrenzung, des Andersseins suchten sie Zusammenschlüsse.
Junge Männer und Frauen machten es sich zur Aufgabe, die heimatlose Jugend von den Straßen und aus den Baracken der Lager zu sinnvoller Freizeitgestaltung zu holen.

Die Motive waren dennoch unterschiedlich.
Zum einen wurden die Jugendlichen aus gemeinsamen Heimatgebieten zu Singen, Musizieren, Tänzen und Brauchtumspflege ihrer angestammten Heimat gerufen.
Andere sammelten alle heimatvertriebenen Jugendlichen unabhängig ihres Herkunftsgebietes zu gemeinsamem Spiel, Fahrt, musischer Arbeit.
Maßgebend war das Bemühen um Linderung der sozialen und wirtschaftlichen Not und der Bewältigung des schweren Alltagslebens.

Walli Richter erzählt: ... wir in Bayreuth hatten einen „Hilfs- und Kulturverein“. 1947 bin ich in diesen Hilfs- und Kulturverein in die Kindergruppe gekommen, ich war damals 12 Jahre, und das, was der Namen sagte, war eigentlich auch Programm: zu helfen und die Kultur zu pflegen.
In dieser Jugendgruppe war ich die jüngste. In diesen ersten Gruppen haben wir uns hauptsächlich mit Singen und Volkstanz beschäftigt. Meine Gruppenleiter kamen aus Mährisch Schönberg und waren aus der „Henselschen Singbewegung. “

Ingrid Kienzel berichtet: Erstaunlich stark waren die Gruppen und Kreise in dieser Zeit; keine Seltenheit waren Gruppen von 80 - 100 Mitgliedern an einzelnen Orten, vor allem in kleinen und mittleren Städten.
Die Arbeit war sehr schwer, da die Jugendgruppen der hiesigen Jugendverbände keine Heimräume zur Verfügung stellen wollten ... . So mussten Heimabende zum größten Teil in Gaststätten durchgeführt werden.

Am 21. 08. 1949 trafen sich in Forchheim zum ersten Male sudetendeutsche Gruppenleiter und gründeten die Sudetendeutsche Junglandsmannschaft (SJL).

Am 04. März 1950 versammelten sich die Verantwortlichen der SJL in Ingolstadt.
Wolfgang Egerter berichtet: ... Der Verband nannte sich von da an „Sudetendeutsche Jugend (SdJ)“.
Das war mehr als eine Namensänderung. Die darin zum Ausdruck kommende Distanz zur (1949 gegründeten Sudetendeutschen) Landsmannschaft war gewollt. Es war keine politische Distanzierung, sondern die Überzeugung, dass ein Jugendverband mehr sein muß, als die Untergliederung einer Erwachsenenorganisation und deren Reservoir für Nachwuchs.

Bei diesem Treffen wurde Erich Kukuk mit der Vorbereitung eines Sommerlagers 1950 an der tschechischen Grenze in Gaisthal/Stadlern beauftragt. Dieses Lager erlangte zentrale Bedeutung für die weitere Entwicklung der Sudetendeutschen Jugend, in dem sich auch am 20. - 27. 08. 1950 zum ersten Male alle SdJ - Führer trafen.
Dort wurden in Anlehnung an die Sudetendeutsche Turnerjugend (vor 1938) Inhalt und Form des Gaisthaler Zeltlagers festgelegt.

Von 1949-1950 war Anton Wuschek der Vorsitzende, ihm folgte Walther Kukula, und 1951 übernahm Oskar Böse bis 1964 die Führung des Verbandes.

Neben der Tradition der Sudetendeutschen Jungturnerschaft vor 1938 war das Zusammenleben im Rahmen der Bündischen Jugend, des Wandervogels und der Walther Henselschen Singbewegung maßgebend für die Gestaltung des neuen Jugendverbandes.
Die Gruppenbindung, das heißt, die Gemeinschaft innerhalb eines Kreises von Kameraden, hatte eine große Bedeutung. Nicht das gelegentliche Auftauchen in der Gruppenstunde war gefragt, sondern die Übernahme von Verantwortung, die Möglichkeit der Mitgestaltung und die Festigung menschlicher Verbindungen untereinander war die wünschenswerte Form der Gruppenarbeit.

Die Formel vom 12. - 13. 10. 1913, gegeben auf dem Hohen Meißner von den Bünden der Jugendbewegung:

Die Freideutsche Jugend will ihr Leben nach eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, in innerer Wahrhaftigkeit gestalten.
Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein.

hat Bedeutung auch für die junge SdJ.

Am 06. 04. 1951 wurde auf der Burg des Wandervogels, auf Burg Ludwigstein, die DJO gegründet.
Am 17. Juni 1955 gelobt die DJO am Ludwigstein:

Wir werden nie davon ablassen, gegen den vor zehn Jahren begangenen Bruch der Völkerrechte mit allen verfügbaren friedlichen Mitteln anzukämpfen. Wir werden nicht davon ablassen, die gesamte deutsche Jugend und die Jugend aller freiheitlichen Völker als Mitstreiter unseres Rechtskampfes zu gewinnen.
Unseren Rechtskampf stützen wir auf die Charta der Menschenrechte. Wir führen ihn im Geiste der Charta der Heimatvertriebenen.

Der Text dieser Urkunde ist in einer Metallkapsel in den Mahnstein der DJO eingelassen, der heute im DJO - Rhönheim Rodholz unterhalb der Wasserkuppe steht.

Die SdJ trat während des Sudetendeutschen Tages 1952 in Stuttgart offiziell der Deutschen Jugend des Ostens(DJO) bei.
Ingrid Kinzel berichtet über den Einfluß der SdJ im Gesamtverband der DJO:
Einen wesentlichen Impuls für die Arbeit des Bundes stellt der Beitritt der „Sudetendeutschen Jugend SdJ“ zur DJO dar.
Die Sudetendeutschen hatten sich ihrer besonderen Lage als Grenzlanddeutsche, die bis 1938 außerhalb des Deutschen Reiches leben mussten, bewusst gleich nach dem Krieg wieder zusammengefunden und aus den Erfahrungen des früheren Volkstumskampfes heraus einen gut durchorganisierten Verband geschaffen.
So wies die SdJ auch ein wesentlich einheitlicheres Bild auf, als die übrigen Gruppierungen innerhalb der DJO, und ihr Beitritt konnte für beide Teile nur von Nutzen sein.



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